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„Bio“ – die neue Art Kunststoff

Entwicklung
„Bio“ – die neue Art Kunststoff

„Bio“ – die neue Art Kunststoff
Wer hätt‘s gedacht – die PC-Maus basiert auf nachwachsenden Rohstoffen. Sie wurde aus einer PLLA-Rezeptur am IfBB gefertigt. Bild: Nele Kroll, PC-Maus Nager IT.
Marktentwicklung | Bio, grün, nachhaltig – ein Marketingargument für Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen, das zunehmend Produkthersteller einsetzen. Schließlich wollen immer mehr Verbraucher nachhaltige Produkte, und petrochemische Ressourcen sind endlich. Einwände gegen diesen Ansatz lassen sich leicht entkräften.

Nuse Lack-Ersöz IfBB – Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe an der Hochschule Hannover

Derzeit werden 300 Mio. t Kunststoff im Jahr weltweit produziert. Davon sind knapp 2 Mio. t neuartige Biokunststoffe. Die Prognosen für 2018 gehen von knapp 7 Mio. t für diese Biokunststoffe aus – ein Markt, der durchaus lohnend ist. Und doch schrecken viele Unternehmen vor dem „Negativimage“ zurück: Es sei nicht ethisch vertretbar, Flächen für den Anbau von nachwachsenden Rohstoffen zu nutzen, anstatt dort Lebensmittel anzubauen. Diese Diskussionen sind jedoch sehr emotional getrieben und völlig überzogen.
Das zeigt eine Gegenüberstellung der landwirtschaftlichen Anbauflächen, die zur weltweiten Herstellung von Biokunststoffen dienen, mit jenen, die den Lebensmittelmengen zugrunde liegen, die allein in Deutschland jährlich verschwendet werden. So lagen 2014 die globalen Produktionskapazitäten für die Rohstoffe von Biokunststoffen bei 670 000 ha. Im gleichen Zeitraum venichteten die Deutschen 6,6 Mio. t Lebensmittel, für die 2,4 Mio. ha Anbaufläche benötigt wurde.
Würden wir also bewusster konsumieren und weniger wegschmeißen, stünden uns allein in Deutschland exakt die Flächen zur Verfügung, die wir theoretisch 2018 als globale Anbaukapazitäten für Biokunststoffe benötigen.
Nachhaltiges Handeln wird im energetischen Bereich bereits praktiziert und über Rahmenbedingungen wie das EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) reguliert. Wie wirkungsvoll und effizient wäre es aber, unter dem Schlagwort „Kaskadennutzung“, die energetische und die stoffliche Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen zu verknüpfen? Ein optimierter Rohstoffeinsatz könnte bedeuten, zunächst Biokunststoffe aus Biogas oder Bioethanol herzustellen und im zweiten Schritt CO2-neutral energetisch zu verwerten – ein weiterer Beitrag zum Klimaschutz.
Auch die uns verbleibenden Ressourcen sind ein Thema: Biobasierte, nachwachsende Ausgangsmaterialien schonen die endliche Ressource Erdöl. Der Einsatz hiesiger nachwachsender Materialien verringert außerdem die Abhängigkeit von Rohstoffimporten aus mitunter politisch instabilen Regionen.
Weiterhin haben die modernen Biokunststoffe teils interessante neuartige Eigenschaftsprofile. So bieten sich PLA-Folien aufgrund ihrer Wasserdampfdurchlässigkeit hervorragend als Verpackungsmaterial für Lebensmittel an – ein Vorteil, den herkömmliche Kunststoffe nicht mit sich bringen.
Förderprojekt erarbeitet optimale Prozessbedingungen
Zur technischen Voraussetzung: Ein besonderes Manko beim Verarbeiten von Biokunststoffen sind die derzeit häufig noch fehlenden Informationen über konkrete Materialeigenschaften und prozessrelevante Aspekte von Biowerkstoffen. Hierin liegt einer der Hauptgründe, weshalb Unternehmen diese Materialien nur zögerlich einsetzen. Häufig kommt es durch die unzureichenden Materialinformationen noch zu technischen Schwierigkeiten beim Verarbeiten, sodass die Verarbeiter den weiteren Einsatz scheuen.
Genau an diesem Punkt setzt das Förderprojekt des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) an: „Verarbeitung von biobasierten Kunststoffen und Errichtung eines Kompetenznetzwerkes im Rahmen des Biopolymernetzwerkes bei der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.“ Die FNR ist der Projektträger des BMEL. Im Fokus des Projekts steht die werkstoffliche Verarbeitung von marktgängigen, aber auch von neuen biobasierten Polymeren. Betrachtet werden verschiedenste Prozesse wie Spritzgießen, Extrudieren, Extrusionsblasen, Faserherstellung, Schweißen, Strahlenvernetzung, Folienherstellung etc.
Die Projektpartner greifen dabei gezielt die Fragestellungen kleiner und mittelständischer Kunststoffverarbeiter auf und erarbeiten gemeinsam Lösungen. Diese Ergebnisse fließen in einer umfassenden Datenbank zusammen, die am Ende des Projektes den Praktikern den „Schlüssel“ für den Einsatz von biobasierten Kunststoffen liefern soll.
Selbstverständlich bedarf eine Materialumstellung immer einer werkstoffspezifischen Prozessanpassung, aber grundsätzlich behaupten sich die Materialeigenschaften respektabel gegenüber petrobasierten Kunststoffen. •
Projektinfos, Ansprechpartner: www.verarbeitungsprojekt.ifbb-hannover.de
Auf der Fakuma stellt sich das Vorhaben am FNR-Stand vor, Halle 7A, Stand 7508. Geplant sich auch Vortragsblöcke am Vor- und Nachmittag. Projektpartner auf Institutsseite: IAP, IfBB, SKZ, SLK.
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