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Mit überschaubarem Aufwand viel erreicht

Druckluft: Invest in Energieeinsparung amortisiert sich rasch
Mit überschaubarem Aufwand viel erreicht

Durch unspektakuläre Maßnahmen konnte ein Anwender die druckluftbezogenen Energiekosten jährlich um rund ein Drittel senken. Ausgetauscht wurde ein Kompressor mit Festdrehzahl gegen einen drehzahlgeregelten Boge-Verdichter. Zudem fasst eine airtelligence-Steuerung zwei Druckluftstationen steuerungstechnisch zusammen.

Wer das Werk Obergräfenhain der Monier GmbH besucht, fährt zunächst an den Ausgangswerkstoffen vorbei, die im Werk verarbeitet werden, und dann an den Endprodukten. Die Straße führt am Tonlager vorbei. Neben dem Werkstor befindet sich eine riesige Lagerfläche für palettierte Dachziegel in verschiedensten Formen und Farben. Das Werk gehört zum Produktionsverbund der Monier-Gruppe, die in Deutschland Dachziegel und -steine der Marke Braas herstellt.

Im Zentrum des Werks stehen drei Brennöfen, von denen der größte 180 m lang ist. Ihnen vorgelagert sind fünf hochmoderne und weitestgehend automatisierte Linien, auf denen die Ziegel geformt werden und ihre Farbgebung erhalten. Die Arbeitsschritte erfolgen mit automatisierter Handhabungstechnik. Entsprechend groß ist die Anzahl der Pneumatikzylinder und -greifer, die Druckluft in großen Mengen verbrauchen. Auch der Ofenbetrieb selbst benötigt erhebliche Mengen an Druckluft.
Für die Erzeugung der Druckluft sind aufgrund der Werksgröße zwei Stationen zuständig, die ursprünglich nur durch eine „Havarieleitung“ für den Notbetrieb verbunden waren. In der größeren Station sind drei Boge-Schraubenverdichter mit je 55 kW Motorleistung installiert, in der kleineren arbeiten zwei 55 kW-Verdichter von Boge. Im Normalbetrieb läuft einer der beiden Kompressoren, während sich der andere im Standby-Betrieb befindet.
Wird der Druckluftbedarf in einem der beiden Werksteile jedoch überproportional groß – was hin und wieder vorkam – oder wenn ein Verdichter gewartet wurde, dann musste die jeweils andere Station „aushelfen“, wodurch es manchmal zu Problemen kam. Die Zuschaltung oder Verbindung der Leitungen und der Anlauf der Kompressoren über die Stern-Dreieck-Schaltung dauerte so lange, dass die Produktionsanlagen zwischenzeitlich nicht mit genügend Druckluft versorgt wurden und in Störbetrieb gingen – ein Ärgernis bei kontinuierlicher Produktion.
Noch während die Betriebsleitung mit ihrem Druckluftpartner Langer & Pfeil nach Lösungen dafür suchte, bot der regionale Stromversorger eine umfassende Effizienzanalyse der Druckluftstation an. Betriebsleiter Dipl.-Ing. Steffen Neuber: „Man hat uns vorgeschlagen, den Stromverbrauch der Drucklufterzeugung zu erfassen und die Optimierungspotenziale zu ermitteln.“ Diese Untersuchung – die auch Boge unter der Bezeichnung AIReport anbietet – verlief gründlich über einen Zeitraum von 14 Tagen und kam zu klaren Ergebnissen: Zum einen wurden Leckagen im Druckluftnetz gefunden, die die Verantwortlichen schnell beseitigen ließen. Steffen Neuber: „Das war Kleinarbeit, denn die Leckageursachen waren schlecht erkennbar. Zum Beispiel waren sie auf poröse Schläuche an beweglichen Handhabungseinheiten zurückzuführen.“
Festgestellt wurde zudem, dass die Leerlaufzeiten reduziert werden konnten. Dies umzusetzen war deutlich aufwendiger als die Leckagebeseitigung. Hier musste zunächst ein Konzept entwickelt werden. Langer & Pfeil entwickelte folgendes Szenario: Die Havarieleitung wird geöffnet und die beiden Stationen werden steuerungstechnisch verknüpft. Pro Station wird jeweils ein Drucktransmitter installiert, der frühzeitig signalisiert, dass zusätzliche Druckluft benötigt wird.
Auf diese Weise wird der Zeitversatz bei der Druckluftversorgung, der zuvor zu Maschinenstillstand führen konnte, beseitigt. Geschäftsführer Holger Langer: „Zusätzlich haben wir vorgeschlagen, einen der vorhandenen Kompressoren durch eine drehzahlgeregelte Maschine zu ersetzen, die die Spitzenlast abdeckt. So vermeiden wir häufiges Anlaufen der anderen Kompressoren und senken die Anlaufströme. Außerdem erzeugt die Station dann stets nur exakt so viel Druckluft, wie wirklich gebraucht wird.“
Genau so wurde die Modernisierungs- und Energiesparmaßnahme umgesetzt. Als frequenzgeregelten Kompressor verwendete man einen Schraubenverdichter vom Typ Boge SF 100/2. Als Steuerung kommt die airtelligence von Boge zum Einsatz, die die zentrale Regelung und Überwachung von bis zu 16 Kompressoren ermöglicht. Sie gewährleistet, dass die jeweils wirtschaftlichste Anlagenkombination abhängig vom aktuellen Bedarf die benötigte Druckluft erzeugt – und auch über mehrere Stationen verteilt. In Obergräfenhain mussten dazu nur 100 m Steuerkabel verlegt und auf diese Weise die Anlagen vernetzt werden. Holger Langer: „Wir haben gute Erfahrungen mit der airtelligence gemacht. Auch die Servicetechniker waren begeistert von dem System.”
Nachdem Langer & Pfeil die beiden Netze zusammengeführt, den frequenzgeregelten Verdichter installiert und die Steuerung in Betrieb genommen hatte, stellte sich die Frage: Was wird man sparen? Und wie schnell wird sich die Investition von rund 40 000 Euro amortisiert haben? Steffen Neuber kennt die druckluftspezifischen Energiekosten „Stromverbrauch in Euro pro Kubikmeter Druckluft” ganz genau, bis auf fünf Stellen hinter dem Komma. Daher ist das Ergebnis wirklich errechnet und nicht geschätzt: „Wir benötigen rund 8,4 Millionen Kubikmeter Druckluft pro Jahr und können diese Menge nun mit rund 400 000 kWh weniger Energieeinsatz erzeugen. Das bedeutet konkret: Im ersten Jahr nach der Umsetzung der Maßnahmen haben wir rund 34 000 Euro an Energiekosten gespart. Die Investitition von rund 40 000 Euro amortisiert sich also bereits nach siebzehn Monaten!” Und sie wirkt nachhaltig, denn mit höheren Energiekosten steigen auch die Einspareffekte. Durch die drastisch reduzierten Leerlaufzeiten erzeugt das Werk nun rund ein Drittel Druckluft weniger.
Holger Langer: „Ganz häufig sind genau die Maßnahmen, die Monier konsequent umgesetzt hat, wichtige Stellschrauben für die Senkung der Druckluftkosten: Regelung der Kompressoren durch eine übergeordnete Steuerung, Anpassung des Netzdrucks, Einsatz von drehzahlgeregelten Spitzenlastmaschinen und Beseitigung von Leckagen.”
Die Verantwortlichen haben mit überschaubarem Investitionsaufwand viel erreicht und dabei den Energieverbrauch wie auch die Versorgungssicherheit verbessert.
Gerald Scheffels Fachjournalist in Wuppertal Harald Kranz Boge Kompressoren, Bielefeld

Kosteneffizienz
Das Werk von Monier in Obergräfen benötigt pro Jahr rund 8,4 Mio. m³ Druckluft. Nach der umgesetzten Energiesparmaßnahme lässt sich diese Menge mit rund 400 000 kWh weniger Energieeinsatz erreichen. Im ersten Jahr wurden rund 34 000 Euro gespart. Die Investition von 40 000 Euro amortisiert sich bereits nach 17 Monaten.
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