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KMU und die Digitalisierung der Produktion

Prognosemodelle steigern Prozessperformance und -sicherheit
Zeit zu handeln: Wie KMU von einer digitalen Produktion profitieren

Die Digitalisierung der Produktion gewinnt wegen des steigenden Kostendrucks und Fachkräftemangels an Bedeutung. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) müssen diese zügig angehen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Plattformen des Industrial Internet of Things (IIoT) können sie nicht nur dabei unterstützen, ihre Prozesse zu digitalisieren, sondern die gewonnenen Daten auch für intelligente Prognosemodelle zu nutzen.

» Thomas Wölk, Leiter Business Development bei Thyssenkrupp Materials Processing Europe

Ob Pandemie, Versorgungsengpässe oder Inflation – die letzten Jahre waren von Stapelkrisen geprägt. Produzierende Unternehmen sehen sich dadurch mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfrontiert: angefangen vom hohen Wettbewerbsdruck und steigenden Kosten über den allgegenwärtigen Fachkräftemangel bis hin zu regulatorischen Anforderungen. Gerade für KMU mit begrenzten Kapazitäten kann es schwierig sein, sich an diese volatilen Marktbedingungen anzupassen, nicht zuletzt in Hinblick auf den technologischen Wandel. Obwohl die Automatisierung von Anlagen und Produktionslinien bereits seit den 80er Jahren in den Betrieben Einzug hält, mangelt es häufig noch an der Vernetzung von Maschinen und ERP-Systemen. Oft existieren in den heutigen Maschinenparks Insellösungen ohne Kommunikationsschnittstellen, was zu fehleranfälligen und ineffizienten Prozessen führt. Deshalb ist es notwendig, Systeme und Prozesse durchgängig zu digitalisieren und die Anlagenperformance zu optimieren. Auch wenn diese Investitionen nicht unerheblich sind, ergeben sich für KMU langfristige Vorteile im Wettbewerbsumfeld. Gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten zählt vorausschauendes Handeln mehr denn je.

Wie KMU dem Wandel richtig begegnen

Um im aktuellen Marktumfeld bestehen zu können, ist es für KMU unerlässlich, die Verfügbarkeit, Leistung und Produktqualität ihrer Maschinenparks kontinuierlich zu optimieren. Die Schlüsselkennzahl in diesem Zusammenhang ist die Gesamtanlageneffektivität – sie gibt Auskunft über die tatsächliche Produktivität der Anlagen und unterstützt dabei, Engpässe sowie Ineffizienzen zu identifizieren. Intelligente Lösungen, die jeden Produktionsschritt überwachen, helfen dabei, die Gesamtanlageneffektivität zu optimieren. Zum Beispiel mit Sensoren, die Schwingungen erfassen und daraus verwertbare Daten generieren. Bringt man diese in Verbindung mit anderen Daten (wie Aufzeichnungen von Störfällen), lassen sich bestenfalls Muster erkennen. Auf dieser Basis können Algorithmen der Künstlichen Intelligenz (KI) angelernt werden, die Schwingungen zu analysieren und Wartungsbedarfe frühzeitig aufzuzeigen. So weit die Idealvorstellung – doch wie gehen kleine und mittlere Unternehmen den Weg dorthin am besten an?

Zunächst empfiehlt es sich, sich ein Idealbild zu zeichnen: Wie sähe der eigene Betrieb in einem vollständigen IIoT-Umfeld aus? Doch bevor Unternehmen dann ins Blaue hinein digitalisieren, benötigen sie eine maßgeschneiderte Digitalisierungsstrategie. Neben der IT sollten auch Mitarbeitende aus der Arbeitsvorbereitung, Produktion, Logistik oder dem Vertrieb einbezogen werden, um Potenziale zu identifizieren. Denn wer bestimmte Aufgaben regelmäßig ausführt, kennt die Schwachstellen und Erfolgsfaktoren. Durch die Einbindung der Mitarbeitenden stellen Unternehmen zudem sicher, dass digitale Lösungen nutzerfreundlich sind. Dennoch ist die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen externen Partner ratsam. Seine externe Sicht hilft dabei, Betriebsblindheit entgegenzuwirken und blinde Flecken aufzudecken. Idealerweise kann der Partner dazu Themen der IT und Produktionsprozessoptimierung vereinen, um Schnittstellen zu reduzieren. So können gemeinsam die zentralen Bereiche zur Effizienzsteigerung innerhalb der Produktion erfasst werden. Ein klassisches Beispiel hierfür sind Rüst- und Ausfallzeiten, die Produktionskapazitäten ungenutzt lassen.

Sind die strategischen Weichen gestellt, gilt es, eine IT-Architektur zu entwickeln, in der die digitalen Komponenten möglichst einfach und flexibel kommuniziert werden können – auch mit Blick auf große Datenmengen. Zudem muss sie hohe Sicherheitsstandards haben, um gegen Risiken wie Cyberangriffe gewappnet zu sein. Neben technischen Maßnahmen gehört dazu auch ein regelmäßig überprüftes Informationssicherheits-Managementsystem (ISMS).

Anschließend kann die Implementierung digitaler Lösungen beginnen. Insbesondere für KMU empfehlen sich modulare Lösungen, die sich mit geringen Investitionen schrittweise in den laufenden Betrieb integrieren lassen. Diesen Ansatz hat auch Thyssenkrupp Materials Processing Europe gewählt: Bereits 2015 begann der Serviceanbieter für individuelle Werkstoffanarbeitung und Supply Chain Management mit der Digitalisierung seiner Produktion. Ein wesentliches Element war dabei die IIoT-Plattform „toii“, die vom Schwesterunternehmen Thyssenkrupp Materials IoT entwickelt wurde. Mit den Funktionalitäten eines Manufacturing Execution Systems vernetzt die Lösung Maschinen unterschiedlicher Generationen und Hersteller miteinander und integriert diese in die bestehende IT-Infrastruktur. Die gewonnene Datentransparenz in Echtzeit ermöglicht es Unternehmen, ihre Produktion effizienter zu gestalten und schrittweise zu automatisieren – für unmittelbare Einsparungen bei Material, Zeit und Energie. Gemeinsam mit Thyssenkrupp Materials Processing Europe wurden die Anforderungen aus der Praxis analysiert und die IIoT-Plattform gestaltet.

Sind die Maschinen und IT-Systeme vernetzt, können sie miteinander kommunizieren. Auf diese Weise lassen sich bereits mit geringen Investitionen in Module Einsparpotenziale bei Personalstunden und Material realisieren. Und je weiter die Datenerfassung und Vernetzung des Anlagenparks voranschreitet, desto größer werden die Einsparpotenziale. Diese ergeben sich aus automatisierten Abläufen, aber auch aus fundierteren Entscheidungen im Shopfloor Management.

Mehr als nur Maschinen

Die Vorteile von Digital Manufacturing enden jedoch nicht mit dem Maschinenpark. Auch in puncto Energieeffizienz können Unternehmen davon profitieren – zum Beispiel mit einem digitalen Energiemonitoring über Standorte hinweg. Denn lediglich wer seinen Energieverbrauch kennt, kann ihn auch reduzieren. Das ist nur ein Beispiel, das zeigt: Damit ist die Digitalisierung der Produktion auch ein Schlüssel zur Dekarbonisierung. Bislang wird der Energieverbrauch in vielen Betrieben allerdings oft noch händisch erfasst. So werden personelle Ressourcen unnötig gebunden, Verbräuche lassen sich nicht auf einzelne Posten herunterbrechen und das Verfahren ist fehleranfällig. Abhilfe schaffen Monitoring Tools, die sich problemlos in ERP- oder Produktionsleitsysteme integrieren lassen. So erhalten Betreiber einen Echtzeit-Überblick über ihre Verbrauchsdaten – ein Grundstein für die Implementierung eines zertifizierten Energiemanagementsystems nach ISO 50001, das viele Kunden inzwischen im Supplier Code of Conduct fordern. Auf dieser Basis lassen sich weitere Maßnahmen ableiten, die Unternehmen in Zeiten steigender Nachhaltigkeitsanforderungen voranbringen.

Doch darf bei aller Digitalisierung und Effizienzsteigerung eines nicht aus den Augen verloren werden: der Faktor Mensch. Mitarbeitende müssen Schritt für Schritt in alle Veränderungen eingeführt werden, um die Akzeptanz der Neuerungen, aber auch das technische Verständnis sicherzustellen. Nur so kann vermittelt werden, dass Automatisierung kein Feind der eigenen Tätigkeit ist, sondern eine Unterstützung für noch bessere Leistungen.

KI als Kompass für eine zukunftsfähige Produktion

Die Aufstellung einer Digitalisierungsstrategie ist jedoch nur der Anfang. Sie ist die Basis dafür, um mithilfe von künstlicher Intelligenz noch weitere Potenziale zu heben. KI lässt sich unter anderem in der Produktionsplanung nutzen, indem sie ermittelt, welche Ressourcen zu welchem Zeitpunkt am effizientesten eingesetzt werden können. Durch die Korrelation von Planungs- und Produktionsdaten lassen sich genauere Lieferzeitprognosen erstellen oder der Materialeinsatz optimieren. All das macht Unternehmen nicht nur agiler, sondern auch widerstandsfähiger, was sich durch höhere Flexibilität und Performance bei Kunden bemerkbar macht und ein entscheidendes Differenzierungsmerkmal gegenüber Wettbewerbern sein kann. Fest steht: Die Verbindung von Mensch und Digitalisierung schafft Synergien, die KMU in eine zukunftsfähige Richtung lenken. Um bei diesem Wandel nicht nur mithalten, sondern ihn anführen zu können, ist jetzt die Zeit zu handeln.

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