Die Internationale Energieagentur (IEA) sieht in der Energieeffizienz den größten Hebel zur CO2-Reduktion. Wer das Verhältnis von Produktivität und Energieverbrauch verbessern will, muss allerdings auch wissen, wie und an welcher Stelle wie viel Energie benötigt wird.
Untersuchungen der RWTH Aachen zeigen: Mehr als zwei Drittel des Energieverbrauchs einer Werkzeugmaschine wird von Nebenaggregaten und der Hauptspindel verursacht. Am wirtschaftlichsten lassen sich Energieeffizienzmaßnahmen bei Neubeschaffungen, Retrofits oder anderen Projekten realisieren, wenn diese von Anfang an mitgedacht werden.
Wettbewerbsvorteil durch Sparsamkeit
„Energieeffizienz wird künftig eines der wichtigsten Verkaufsargumente sein“, ist Sven Kreusel, Bereichsleiter Vertrieb bei Datron, überzeugt. Der Mühltaler Maschinenbauer richtete bereits früh einen Fokus auf den Energieverbrauch. Inzwischen kommen etwa die Hochfrequenz-Spindeln des Unternehmens bei einer Präzision im Mikrometerbereich und Drehzahlen bis 60.000 min-1 mit einer Leistung von maximal 8 kW aus. Das entspreche etwa einem Drittel des Energiebedarfs von Spindeln konventioneller Bauart. Außerdem eliminierten die Entwickler Energiefresser in der Peripherie. Dazu ersetzten sie etwa Hydraulikaggregate durch Vakuumtechnik oder herkömmliche Kühlschmierstoff-Anlagen durch eine effiziente Minimalmengenkühlschmierung.
Wirkung oft unterschätzt
Noch sei es notwendig, das Interesse der Anwender gezielt auf die Energieeffizienz zu lenken, sagt Kreusel, denn die Potenziale würden oft unterschätzt. „Wenn wir zeigen können, dass man je nach Anwendung pro Jahr zwischen 15.000 und 22.000 Euro an Energiekosten sparen kann, ist die Überraschung oft groß.“
Maßnahmen zur Energieeffizienz sind wirtschaftlich
Auch Dr. Philipp Schraml, Geschäftsführer des in Bensheim bei Darmstadt ansässigen Beratungsunternehmens ETA-Solutions betont: „Alle von uns vorgeschlagenen Energieeffizienzmaßnahmen sind wirtschaftlich.“ Das liege nicht nur an den möglichen Kosteneinsparungen, sondern auch an den angebotenen Fördermaßnahmen, in denen sich die politische Relevanz des Themas widerspiegelt. Im Prinzip sei für jede Maßnahme und jedes Budget etwas dabei, sagt Schraml. Selbst die Beratung ist förderfähig: „Wir arbeiten praktisch kostenneutral.“
Förderung zu wenig genutzt
Umso erstaunlicher mag es da erscheinen, dass nach Erkenntnissen des Instituts für Energieeffizienz in der Produktion (EEP) der Universität Stuttgart bislang nur jedes vierte antragberechtigte Unternehmen die in Frage kommenden Fördermittel in Anspruch nimmt. Die Ursachen vermuten Wirtschaftsexperten sowohl in der mangelnden Transparenz der Förderangebote als auch in der Erwartung eines komplizierten Antragsszenarios. Schraml sieht noch ein anderes Problem: „Wir stellen fest, dass es in vielen, vor allem kleineren Unternehmen schlicht an der spezifischen Kompetenz und am Fachpersonal fehlt, um sinnvolle Energieeffizienzmaßnahmen zu erkennen und anzugehen.“ Nur selten werden vor- und nachgelagerte Prozesse analysiert, es gäbe keine Vernetzung unterschiedlicher Gewerke und es werde zu wenig beraten. Erschwerend komme hinzu, dass auch die Erfassung von Energiedaten zunächst Kosten verursacht.
Für ETA-Solutions sei es daher immer der erste Schritt, Transparenz und ein Verständnis für den Systemzusammenhang herzustellen. Erst dann werden – gemeinsam mit dem Unternehmen – Vorschläge für Maßnahmen erarbeitet. In einem dritten Schritt geht es darum, Energie, die in die Produktion geht, mehrfach zu nutzen, sei es für Heizung und Wärme oder für eine effiziente Gebäude- und Anlagenkühlung.
Denkanstöße geben
Transparenz herzustellen und Denkanstöße zu geben, ist auch das Ziel praxisnaher Forschungsprojekte. ETA-Solutions ist eine Ausgründung des Instituts für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW) der TU Darmstadt. Hier entstand 2016 die interdisziplinäre Forschungsgruppe ETA (Energietechnologien und Anwendungen in der Produktion) mit dem Forschungslabor ETA-Fabrik. In Zusammenarbeit mit namhaften Unternehmen wie Trumpf und Bosch-Rexroth wurden im Rahmen dieses Projekts konkrete Energieeffizienzmaßnahmen in ihren Auswirkungen analysiert und dokumentiert. In so genannten Maßnahmensteckbriefen wurden Einsparungen von 25 bis 85 % nachgewiesen. Die Steckbriefe sind unter https://eta-transfer.de online zugänglich und beschreiben die jeweiligen Maßnahmen, beziffern die nachgewiesene Einsparung und Amortisationszeit und geben zusätzlich an, welche Fördermöglichkeiten zur Verfügung stehen.
Einfache Maßnahmen reichen oft für signifikante Effekte
Ob Wissenschaftler oder Facharbeitende – bei ETA-Transfer zeigten sich viele Beteiligte am Ende überrascht, wie sich selbst mit kleinen und nicht-investiven Veränderungen erstaunliche Effekte erzielen lassen. Es reichte mitunter aus, selbst ein kleines Gerät auszutauschen oder die Maschine in Bearbeitungspausen konsequent abzuschalten, um signifikante Energieeinsparungen zu erzielen. Zu einer Steigerung der Energieeffizienz gehören eben nicht nur entsprechende Maschinen und Komponenten, sondern auch ein organisatorisch energiebewusster Maschineneinsatz. Es lohnt sich, Mitarbeiter dafür zu sensibilisieren, dass die Maschine bei Schichtende oder über das Wochenende abzuschalten ist, vorausgesetzt, dass sich dies mit dem Hochlaufverhalten der Maschine vereinbaren lässt. In Zukunft sollten Maschinen dies allerdings selbst organisieren können. Dann schaltet sich die Maschine samt Nebenaggregaten über die Anlagensteuerung automatisiert in den Energiesparmodus, in Bearbeitungspausen ebenso wie zum Beispiel bei einem von der Beladeeinheit gemeldeten Teilemangel.
Frage der Unternehmenskultur
Zu ETA-Solutions kommen viele Unternehmen, die der Energieauditpflicht unterliegen, aber auch kleine und mittelständische Unternehmen, die aus eigener Überzeugung ihre Prozesse optimieren wollen. Schraml betont, der Weg zu mehr Energieeffizienz und einer CO2-neutralen Produktion sei nicht abhängig von der Unternehmensgröße, sondern eher von der Unternehmensstruktur und -kultur. Es zeige sich schnell, ob das Thema konzeptionell eingebettet ist in eine solide Nachhaltigkeitsstrategie, die auch die Beschäftigten mitnimmt. (mw)
Kontakt:
Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken (VDW)
Lyoner Straße 18
60528 Frankfurt am Main
Tel.: +49 69 756081–0
vdw@vdw.de
www.vdw.de
Datron AG
In den Gänsäckern 5
64367 Mühltal
Tel.: +49 6151 1419–0
info@datron.de
www.datron.de
ETA-Solutions GmbH
Darmstädter Str. 239
64625 Bensheim
Tel.: +49 6251 82555–30
mail@eta-solutions.de
www.eta-solutions.de
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