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Werkzeugbau: Daten als Basis für die strategische Entwicklung

Werkzeug- und Formenbau
Daten als Basis für die strategische Entwicklung in der Werkzeugbau-Branche

Daten als Basis für die strategische Entwicklung in der Werkzeugbau-Branche
Der Werkzeug- und Formenbau hat in den vergangenen Jahrzehnten eine enorme Entwicklung durchlaufen. Den nächsten Sprung soll der datengetriebene Werkzeugbau ermöglichen. Bild: WZL/IPT
Clever genutzte Prozessdaten können den Werkzeug- und Formenbau auf eine neue Ebene heben und die Produktivität, Flexibilität und Nachhaltigkeit der Betriebe verbessern. Diese neue strategische Ausrichtung soll die Branche fit für die Zukunft machen.

» Mona Willrett, Redakteurin Industrieanzeiger

Der deutsche Werkzeug- und Formenbau muss sich vielen Herausforderungen stellen, wenn er international erfolgreich bleiben will. Um die Prozessketten schnell, flexibel und punktgenau an sich ändernde Rahmenbedingungen anpassen zu können, muss die Branche bereits die dritte große strukturelle Veränderung seit der Jahrtausendwende verkraften. Etwa ab dem Jahr 2000 etablierten die bis dahin überwiegend handwerklich arbeitenden Betriebe zunehmend industrielle Strukturen. Standardisierte Komponenten und Prozesse seien danach die Basis für den nächsten Entwicklungsschritt gewesen, der ab etwa 2010 zum automatisierten Werkzeugbau geführt habe, sagte Stefan Hofmann anlässlich des Aachener Werkzeugmaschinen-Kolloquiums 2021. Doch die Branche dürfe jetzt nicht auf dieser Stufe verharren, betonte der Geschäftsführer der Siegfried Hofmann GmbH in Lichtenfels. „Jetzt gilt es, den Sprung zum datengetriebenen Werkzeugbau anzugehen und jene Informationen, die uns zur Verfügung stehen, auch konsequent zu nutzen, um Produkte und Abläufe zu optimieren sowie neue Geschäftsmodelle zu etablieren.“

Eine ganze Reihe von Erfolgsbeispielen bestätigt laut Hofmann das enorme Potenzial individueller, adaptiver Prozessketten. Letztere sind die Basis dafür, die Fertigungskosten weiter zu senken sowie Durchlauf- und Lieferzeiten zu verkürzen. Trotzdem gäbe es nach wie vor Forschungs- und Entwicklungsbedarf. Zu den Herausforderungen bei der Einführung adaptiver Prozesse gehören

  • die hohe Dynamik in der Prozesskontrolle, etwa aufgrund unerwarteter Störungen oder Eilaufträgen,
  • das Zusammenführen heterogener Daten aus unterschiedlichsten Quellen,
  • die noch immer ungenauen Prognosen für Fertigungsabläufe sowie
  • der demografische Wandel, durch den viel Know-how verloren geht, wenn es nicht gelingt, dieses Wissen rechtzeitig an die Folgegeneration weiterzugeben.

Daten als Problemlöser

All diese Herausforderungen lassen sich laut Hofmann mit einem datenorientierten Ansatz meistern. „Bislang arbeiten wir in Kalkulation und Prozessplanung quasi mit einer Glaskugel.“ Abweichungen zwischen Planung und Realität von 20, teilweise sogar über 40 % seien keine Seltenheit. Deshalb gelte es, Informationen über Bauteile sowie die dafür erforderlichen Arbeitsschritte – vom Drehen und Fräsen übers Schleifen und Erodieren bis hin zur Montage – zu analysieren, zu verarbeiten und so abzulegen, dass sie für die Kalkulation und Fertigungsplanung ähnlicher Teile künftig wieder abgerufen und genutzt werden können. Mit modell- oder datenbasierten Prognosen seien bereits jetzt Vorhersagen mit einer Abweichung von lediglich 1 bis 2 % möglich.

Die Vision sei das sich selbst steuernde Werkstück, sagte Hofmann. Dazu müsse das System jedoch selbstständig Probleme erkennen und bei Bedarf einen alternativen Weg durch die Fertigung finden und vorschlagen, so dass das Bauteil an allen Stationen möglichst verzögerungsfrei bearbeitet wird. Dadurch lasse sich die Produktivität weiter steigern, die Verschwendung von Ressourcen und Energie minimieren und die Fertigung nachhaltiger gestalten.

Zu den Baustellen, die es auf dem Weg dorthin noch abzuarbeiten gilt, gehören laut Hofmann unter anderem das automatische Erstellen von Arbeitsplänen, das weitere Optimieren der Prognosefähigkeit und ein zuverlässiges Daten-Management, das auch bei komplexen 3D-Freiform-Bauteilen und über alle Fertigungstechnologien hinweg funktioniert.

Offenheit als Erfolgskriterium

Ein weiterer Aspekt, der zunehmend an Bedeutung gewinne, sei eine enge und partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Werkzeughersteller und den Kunden. Das Wissen über die realen Belastungen, die ein Werkzeug im Produktionsalltag aushalten muss, sei für den Werkzeughersteller die Voraussetzungen dafür, eine vorausschauende Wartung zielsicher terminieren zu können. Offenheit sei hier die Basis, um für alle Beteiligten das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.

Wie eine zukunftsfähige Positionierung im Werkzeugbau aussieht, damit beschäftigt sich auch die WBA Aachener Werkzeugbau Akademie. „Die systematische Entwicklung von Zukunftsszenarien zum Werkzeugbau 2030 bildet die Grundlage zur strategischen Wettbewerbspositionierung“, sagt Prof. Wolfgang Boos, geschäftsführender Gesellschafter der WBA. Unabhängig von den vier Zukunftsszenarien, in denen ein Werkzeugbaubetrieb als

  • Produktivitätsbefähiger,
  • hochautomatisierter Werkzeugbauer,
  • Engineer und Reifmacher oder
  • reiner Instandhalter

auftritt, existieren verschiedene Erfolgsfaktoren für den Werkzeugbau 2030. Sie müssen entsprechend der jeweiligen Ausrichtung unterschiedlich stark berücksichtigt werden. Die zentrale Herausforderung sei dabei vor allem, Faktoren wie

  • die digitale Vernetzung,
  • datenbasierte Geschäftsmodelle,
  • nachhaltige Wertschöpfung,
  • kollaborative Arbeit und
  • innovative Fertigungstechnologien,

als zukunftsgerichtete Strategie bereits heute voranzutreiben.

In Krisenzeiten wie diesen müsse sich die Werkzeug-, Modell- und Formenbaubranche ein stückweit neu erfinden und andere Wege einschlagen, betont Stefan Hofmann. „Gerade jetzt sind wir Unternehmer noch mehr gefordert, unsere Kennzahlen im Griff zu haben und unsere Potenziale zu kennen.“ Als wichtiges Hilfsmittel dazu sieht er den Marktspiegel Werkzeugbau. „Dessen Benchmark-Auswertung bietet uns jährlich einen guten Überblick darüber, worauf wir unseren Fokus setzen müssen.“

Kontakt:
Siegfried Hofmann GmbH
Siegfried-Hofmann-Straße 1+3
96215 Lichtenfels
Tel.: +49 9571 766–0
info@hofmann-impulsgeber.de
www.hofmann-impulsgeber.de

WBA Aachener Werkzeugbau Akademie GmbH
Campus-Boulevard 30
52074 Aachen
Tel.: +49 241 990 16302
info@werkzeugbau-akademie.de
www.werkzeugbau-akademie.de

Verband Deutscher Werkzeug- und Formenbauer e.V.
Gerberwiesen 3
88477 Schwendi
Tel.: +49 7353 988 600
info@vdwf.de
www.vdwf.de


In halbstündigen Vorträgen und anschließenden Fragerunden will die VDWF-Thementag-Reihe das jeweilige Thema ganzheitlich vermitteln.
Bild: VDWF/wortundform

VDWF-Thementag „Strategische Entwicklung“

Am 25. November 2021 geht´s beim VDWF-Thementag um die strategische Entwicklung von Werkzeugbau-Betrieben. „Der klassische Werkzeugmacher arbeitet zu viel im Unternehmen und zu wenig am Unternehmen“, sagt Ralf Dürrwächter, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Werkzeug- und Formenbauer.

Vorträge sollen helfen, Potenziale zu heben

Im Rahmen des Thementags will der Verband die Teilnehmer wachrütteln und motivieren, auch an der Betriebs- und Fertigungsstruktur zu arbeiten. Da vielen Werkzeugmachern die Zeit fehle, strategische Zukunftsfragen selbst gezielt anzugehen, sollen zentrale Themen „mundgerecht und leicht verdaulich“ präsentiert und online zugänglich gemacht werden. Wichtig ist dem VDWF, dass die Vorträge den Zuhörern einen relevanten Nutzen bieten.

Vortragsthemen gezielt auswählen

Der Anspruch ist laut Dürrwächter nicht, dass Teilnehmer den ganzen Nachmittag am Computer sitzen. Vielmehr sollen sie sich gezielt jene Vorträge aussuchen, die für sie interessant und relevant sind. Der Verbands-Chef betont, dass die Thementage-Reihe auch für Nichtmitglieder offen ist. Nach der kostenlosen Anmeldung zur Online-Veranstaltung erhalten die Teilnehmer einen Zugangscode für den gesamten Tag. Infos und Anmeldung: http://hier.pro/cSMKx

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