Startseite » Technik » Fertigung »

Digitale Fertigungslösungen optimieren Prozesse bei Prototypenbauer

Digitale Fertigungslösung Connected Manufacturing von Hoffmann als Basis
Digitale Fertigungslösungen optimieren Prozesse eines kleinen Prototypenbauers

SMP Schüßler hat seine Produktion grundlegend modernisiert und damit rund 60 produktive Maschinenstunden pro Monat gewonnen. Im Zuge der Neuerungen sind die nötige Nacharbeit um 17 und der Ausschuss um 15 % gesunken. Neue CAM-Software, die digitale Fertigungslösung Connected Manufacturing, ATC-Werkzeugwechsler mit bis zu 170 Plätzen und eine Roboterzelle mit 135 Regalplätzen machen es im Zusammenspiel möglich.

» Marion Schwenk, Senior Public Relation Manager, Hoffmann SE in München

Es muss schnell gehen im Prototypenbau. Kaum ist der Entwurf fertiggestellt, will man den Prototypen in Augenschein nehmen. Dazu kommt: Es werden Losgrößen von 1 bis 150 Stück beauftragt. Wer in diesem Geschäft erfolgreich sein will, muss eine kurze Reaktionszeit, Flexibilität und absolute Präzision bieten.

SMP Schüßler Modell- & Prototypenbau aus Heidenau bei Dresden ist solch ein Unternehmen. Gegründet im Juni 2003, fertigen die 26 Mitarbeiter im Sandguss- und Vakuumgussverfahren Prototypenteile aus Aluminium und Kunststoff für die Automobilindustrie, den Maschinen- und Fahrzeugbau sowie die Medizin- und Elektrotechnik. Bauteile aus Kunststoff und Metall bearbeiten sie mit 5-Achs-CNC-Fräsmaschinen. Und weil innovative Entwickler am liebsten mit innovativen Dienstleistern arbeiten, treibt Geschäftsführer Daniel Schüßler die Digitalisierung und Automatisierung des Unternehmens kontinuierlich voran.

Tool-Management in Echtzeit

„Jeder Auftrag ist anders“, sagt Schüßler. „Wir haben deshalb früher jeden Auftrag individuell betrachtet. Das war zeitintensiv und fehleranfällig. Heute arbeiten wir nach klar definierten Standards und mit digitalisierten und automatisierten Prozessen. Die Aufträge verfolgen wir über das ERP-System. In der mechanischen Fertigung nutzen wir seit Anfang 2021 die digitale Fertigungslösung Connected Manufacturing der Hoffmann Group.“

Mit Hilfe von Connected Manufacturing lassen sich Werkzeuge und deren digitale Zwillinge in Echtzeit auf ihrem gesamten Weg durch die Produktion nachverfolgen und Zustandsveränderungen exakt protokollieren – vom CAM-System über das Voreinstellgerät bis hin zur Maschine. Um Bewegungsdaten zu erfassen, wird jedes Werkzeug serialisiert und mit der entsprechend eindeutigen Identifikation in der Werkzeugdatenbank hinterlegt. Jede Veränderung des Werkzeugs wird in der Werkzeugdatenbank mit Standort- und Messdaten aktualisiert. Am Ende des Rüstvorgangs schickt das System Werkzeugdaten und NC-Dateien kabellos an die Maschine.

Standards fürs Individuelle

SMP erfasst zusammengebaute und vermessene Werkzeuge, die sich für mehrere Aufträge eignen, als Standardtools in Connected Manufacturing. Die CAM-Programmierer importieren dann die Daten in die Software CreoCAM, um damit Fräsvorgänge präzise zu planen und in 3D zu simulieren. Daniel Schüßler erklärt: „Wir bringen jedes Jahr 200 Aufträge auf die Maschinen. Früher hat bei der Vorbereitung immer wieder ein Werkzeug gefehlt. Das hat wertvolle Maschinenzeit gekostet. Darum haben wir auch den Rüstvorgang für alle Mitarbeiter vereinheitlicht. Früher haben wir zudem nach jedem Auftrag die Werkzeuge zerlegt. Jetzt verwenden wir sie weiter. Das spart Zeit.“

Marcus Feige, Projektleiter bei SMP, ergänzt: „Bei uns laufen immer drei bis vier Aufträge parallel. Manchmal bearbeitet eine Maschine ein Bauteil über drei Stunden mit bis zu 25 Werkzeugen. Fehler schlagen da entsprechend zu Buche. In der Vergangenheit mussten wir fast 22 Prozent nacharbeiten. Jetzt sind es nur noch drei Prozent, und wir haben 15 Prozent weniger Ausschuss.“

Beim Rüsten folgen die Mitarbeiter nun einem genauen Plan. Connected Manufacturing zeigt ihnen auf ihrem Tablet oder Smartphone, wo sich welche Werkzeuge in welchem Zustand befinden. Fällt ein Mitarbeiter aus, können die Kollegen die laufenden Aufträge nahtlos übernehmen – ein Blick in die Fertigungslösung genügt. Werkzeugdaten und NC-Dateien werden am Schluss digital übergeben und müssen nicht mehr manuell übertragen werden. „Die Mitarbeiter schätzen die Arbeitserleichterung und wollen nicht mehr darauf verzichten“, erzählt Marcus Feige, der die Einführung von Connected Manufacturing begleitet und die Mitarbeiter geschult hat.

Maschinenauslastung erhöht

Mit dem Ziel, den Maschinenpark zu modernisieren und stärker zu automatisieren, verkaufte Schüßler 2020 vier ältere Maschinen und schaffte im Dezember 2020 ein neues 5-Achs-CNC-Fräszentrum Mikron Mill P500u an. Diese speziell für die automatische Palettenhandhabung entwickelte Maschine überzeugte zudem mit einem gut dimensionierten Bearbeitungsraum sowie einem Erowa-Spannsystem. Damit wurde der Maschinenpark von sechs auf drei 5-Achs-CNC-Fräsmaschinen derselben Marke verkleinert. Er besteht nun aus der neuen Mikron Mill P500u sowie der bereits vorhandenen Mikron HPM 1350u und der Mikron Mill P800u. Die ATC-Werkzeugwechsler werden inzwischen intensiv genutzt: Die beiden älteren Maschinen bieten 30 und 60 Werkzeugplätze, die neue Mikron wartet mit 170 Plätzen auf.

Um das Potenzial der Mikron Mill P500u voll auszuschöpfen, wurde im Spätsommer 2022 zusätzlich eine eigens dafür konstruierte Roboterzelle mit 135 Palettenplätzen in Betrieb genommen. Obwohl jetzt nur noch halb so viele Maschinen im Einsatz sind, bietet der Maschinenpark im Vergleich zu 2020 höhere Kapazitäten und die Maschinen sind besser ausgelastet. Die Roboterzelle bestückt die Maschine nun mannlos, die Werkzeugwechsler bieten genügend Kapazität für verschiedene Werkzeuge. Connected Manufacturing unterstützt dabei, Werkzeuge, Werkzeugdaten und NC-Dateien fehlerfrei und rechtzeitig auf die Maschinen zu bringen. Die Mikrons sind mit den Heidenhain-Steuerungen TNC640 und iTNC530 ausgestattet und vollständig an Connected Manufacturing angebunden.

Daniel Schüßler erinnert sich: „Früher waren die Maschinen mit einem Server vernetzt, auf dem wir die NC-Dateien ablegten. Die Mitarbeiter mussten die Dateien manuell vom Server auf die Maschinen kopieren und die Ordnerstruktur und Dateinamen pflegen.“ Marcus Feige ergänzt: „Mit Connected Manufacturing haben wir jetzt alles top strukturiert. Das System übergibt die Dateien und dokumentiert, was wann auf die Maschinen übertragen wurde. Datenpflege und Archivierung sind wunderbar gelöst.“

Jedes dritte Werkzeug erfasst

Um schnell mit Connected Manufacturing arbeiten zu können, nimmt Schüßler Werkzeuge nur nach Bedarf in die Datenbank auf. Für jedes wird eine Nummer und ein eigener Standard definiert, der Länge und Durchmesser beschreibt. Die Toleranzen betragen stets 0 bis +3 mm. So ist das Werkzeug immer lang genug. Für die drei Maschinen hält SMP insgesamt 240 Werkzeuge vor. Aktuell sind 100 davon zusammengebaut, vermessen und in Connected Manufacturing hinterlegt. Da die Werkzeuge nun effizienter verwendet werden, war es möglich, Altwerkzeuge im Wert von rund 20.000 Euro auszumustern. „Mit Connected Manufacturing haben wir die Werkzeugnutzung um 25 Prozent optimiert“, betont Feige.

Automatisierte Werkzeugausgabe

Auch die Werkzeugausgabe erfolgt bei SMP automatisiert. Konnte sich früher jeder Mitarbeiter nach Belieben am Werkzeugschrank bedienen, muss er sich nun am Ausgabeautomaten Garant Tool24 persönlich anmelden. Dieser gibt Auskunft über den gesamten Werkzeugbestand und benachrichtigt den Einkäufer, wenn der Meldebestand erreicht wurde – dann wird automatisch nachbestellt. Dank einer Schnittstelle zu Connected Manufacturing lassen sich die Bestände von der Werkzeugverwaltung aus einsehen und Werkzeuge hin- und zurückbuchen. In Zukunft soll Connected Manufacturing zusätzlich mit dem ERP-System verknüpft werden, um eine nahtlose Übergabe der Aufträge an die Fertigung zu gewährleisten.

Zuverlässige Nachproduktion

Mit der 3D-Simulation im CAM-System, den Werkzeugwechslern, der Roboterzelle und der Einführung von Connected Manufacturing hat Schüßler den Grundstein für weiteres Wachstum gelegt. Dank der Neuerungen ist SMP heute in der Lage, nicht nur wiederholsicher exakte Kopien eines Prototyps zu erstellen, sondern auch die komplette Produktion einfach auf Kleinserienproduktion zu skalieren. Auftraggeber, die kurzentschlossen weitere Kopien wünschen, können somit rasch und sogar mit Losgrößen von bis zu 150 Stück bedient werden. Bei längerem Vorlauf sind sogar Kleinserien mit bis zu 300 Stück möglich. „Wir haben jetzt rund 20 Prozent weniger Stillstand und damit gut 60 Maschinenstunden mehr im Monat zur Verfügung. Wir rüsten schneller, haben extrem niedrige Fehlerquoten und können voll von der Automatisierung profitieren“, fasst Daniel Schüßler zusammen. „Für uns zahlt es sich aus, dass wir frühzeitig mit der Digitalisierung begonnen haben. Solange die Strukturen noch überschaubar sind, kann Connected Manufacturing in wenigen Tagen implementiert werden und einfach mitwachsen.“

Unsere Webinar-Empfehlung


Hier finden Sie mehr über:
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de