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Mit Sicherheit gut (um)gerüstet

Maßgeschneiderte Lösungen für das Retrofit von Pressen
Mit Sicherheit gut (um)gerüstet

Das Retrofit von Maschinen ist ein Aspekt, den Betreiber älterer Anlagen immer öfter in Betracht ziehen: Denn gleich neuen Maschinen erfüllen modernisierte generell höchste Sicherheitsanforderungen. Auch die Produktivität lässt sich steigern.

Oft sind ältere Pressen mit einer konventionellen Schütztechnik ausgerüstet, die lediglich ein ungenaues Arbeiten in Bezug auf den präzisen Einpressweg bzw. den Einpressdruck zulässt. Einen definierten und voreingestellten Weg mit der Presse zu fahren, ist daher nicht möglich. Auch verhindert eine veraltete Technik ein präzises Anfahren der definierten Position, das sogar im Millimeterbereich schwanken kann. Dadurch ist die Drucksteuerung dann in der Folge oft ungenau. Auch beim Unternehmen Samson AG Mess- und Regelungstechnik aus Frankfurt am Main fand sich diese unbefriedigende Ausgangssituation einer in der Ventileproduktion eingesetzten Hydraulikpresse. Das 1907 gegründete Unternehmen produziert Stellventiltechnik inklusive der notwendigen Regelungstechnik für so unterschiedliche Branchen.

Das Unternehmen entschied sich für ein Retrofit, um zukünftig präzise Pressvorgänge ihrer Hydraulikpresse zu erreichen und gleichzeitig aktuelle Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. Bei der Hydraulikpresse Ageo HP 63/4 D/KE handelt es sich um eine hydraulische Vierständerpresse mit einer Presskraft von 630 kN und einem Hub von maximal 250mm. Eingestellt wurde der Hub über ein mit drei Nocken ausgestattetes Nockenschaltwerk, das die Funktionen Hubbegrenzung „oben“ bzw. „unten“ sowie „Eilgang aus“ unterstützte.
Das ursprüngliche Szenario: Sobald der Bediener das zu bearbeitende Werkstück in die Presse eingelegt hatte, fuhr diese per Zweihandeinrückung nach unten. Nachdem der Pressvorgang abgeschlossen war, wurde beim Hochfahren des Stößels das Pressteil manuell gewechselt. Gefahr hierbei: der Stößel konnte sich ungewollt nach unten bewegen und so schwere Verletzungen des Bedieners verursachen. Auch der Einrichtbetrieb erfolgte manuell im Zweihandbetrieb. Der Fußbetrieb sowie der halbautomatische Taktbetrieb über die Lichtschranke und der automatische Dauerlauf waren deaktiviert. Neben den für diese Funktionen zuständigen Betriebsartenwahlschalter gab es einen weiteren Schalter für die Lichtschranke sowie einen für die Wahl der Weg- bzw. Drucksteuerung. Problem hierbei war, dass die Betriebsartenanwahl dadurch nicht eindeutig war, die Drucksteuerung zu ungenau und somit der Bediener häufig die Presse „auf Anschlag“ fahren musste. Die Wiederholgenauigkeit, mit der die eingestellte Position angefahren werden sollte, schwankte so im Millimeterbereich. Das Ergebnis des Pressvorganges, also die Präzision des bearbeiteten Werkstücks, war somit sehr unbefriedigend.
Um Sicherheit und Präzision der Hydraulikpresse auf den aktuellen Stand zu bringen, entschied man sich bei Samson für ein auf die Hydraulikpresse individuell zugeschnittenes Retrofit. Mit der Planung und Umsetzung wurde das Unternehmen Pilz aus Ostfildern bei Stuttgart beauftragt. Pilz bietet als Sicherheitsexperte maßgeschneiderte, ganzheitliche Lösungen zur Maschinensicherheit an. Diese Lösungen basieren auf jahrelanger Erfahrung im Bereich Safety, sowohl was die Produktentwicklung anbelangt als auch die Kompetenz hinsichtlich der Anwendung und Umsetzung von Normen und Richtlinien. Beim schwäbischen Experten für die sichere Automatisierung beschäftigt sich eine eigene Abteilung ausschließlich mit dem Thema Risikoanalyse und Maschinensicherheit. Dazu zählen etwa Sicherheitskonzepte, Systemintegration sowie Beratung- und CE-Zertifizierung. Das Angebot wird abgerundet durch die Validierung sowie die sicherheitstechnische Analyse des Maschinenparks.
Beim Retrofit von Pressen übernimmt Pilz das komplette Engineering: von der Erstellung der Schaltpläne und des Steuerungsprogramms bis hin zur Inbetrieb- bzw. Abnahme. Sicherheitsabnahmen mit baumustergeprüften Sicherheitssteuerungen sind dabei eine Selbstverständlichkeit. Eine Pressenumrüstung bringt generell die Sicherheits- und Steuerungstechnik der Altpresse auf den neuesten Stand der Technik. Die häufig nach jahrzehntelangem Einsatz auftretenden Sicherheitsmängel wie unzureichende Schutzmaßnahmen führen zu einem Verlust der Maschinensicherheit. Eine Umrüstung bietet hier mehr als den Vorteil einer aktualisierten Sicherheitstechnik: zum einen lassen sich erhebliche Investitionskosten sparen, da eine Neuinvestition grundsätzlich um ein Vielfaches höher ist, zum anderen steigert diese Maßnahme die Verfügbarkeit, da Pressen so wieder rationell und störungsfrei laufen.
Für die Hydraulikpresse bei Samson wurde ein individuelles Retrofit-Konzept erstellt, das ebenso notwendige Anpassungen in den Bereichen Sensorik, Aktorik und Hydraulik umfasste. Ziel war, nach dem Umbau eine deutlich erhöhte Produktivität der Presse zu erreichen. Zusätzlich sollten sowohl die Sicherheits- als auch die Steuerungstechnik aktuellen Sicherheitsstandards entsprechen.
Das Retrofit umfasste neben dem Austausch des Schaltschrankes und dem Anbau einer Lichtschranke auch den Einbau eines Wegemesssystems sowie eines neuen analogen Drucksensors und eines hydraulischen Proportionalventils. Überwacht und gesteuert werden sämtliche sicherheitsrelevante Funktionen der Hydraulikpresse – Not-Halt, Betriebsartenanwahl und sichere Zweihand-Bedienung, der Pressendruck sowie die Feinpositionierung über ein integriertes Wegemesssystem und auch die Lichtschranke – über das konfigurierbare Steuerungssystem PNOZmulti. Der Einsatz des PNOZmulti macht die sonst notwendigen Auswertegeräte überflüssig, da alle Sensoren direkt über die Sicherheitseingänge des Steuerungssystems geschaltet werden können. Dabei deckt das PNOZmulti Sicherheitsanforderungen der Hydraulikpresse bis Kat. 4 nach EN 954–1 bzw. bis PL e nach EN ISO 13849–1 ab. Die vor dem Umbau zwangsgeführte, hardwarebasierende Schutz-Kombinationssteuerung, die über Kontakte die Redundanz der Positionen abgefragt hatte, hatte zu einem erhöhten Verschleiß der eingebauten Relais geführt. Der Wegfall von Hardware spart also zusätzlich Kosten. Die Visualisierung von Steuerbefehlen und Betriebsmeldungen sowie die Fehlersuche im Falle von Produktionsstörungen erfolgt einfach und schnell über das Bedienterminal PMIopen. Die Hydraulikpresse lässt sich durch den Einsatz des Bedienterminals jetzt individuell und präzise bedienen. Dabei erfolgt die komplette Werkzeugdatenverwaltung über das PMI Bedienterminal.
Ein sicheres Arbeiten gemäß der oben genannten Normen, ist nach dem Umbau gewährleistet, denn ein Wechsel der Betriebsartenwahl im Fehlerfall ist nun nicht mehr möglich, da nur der komplette Stopp der Presse noch einen Betriebsartenwahlwechsel zulässt. Würde der jetzt „sichere Betriebswahlartenschalter“ während des Arbeitsvorganges betätigt, stoppt die Presse sofort. Nach der Umrüstung der Hydraulikpresse erfüllt diese aktuelle Sicherheitsanforderungen – sowohl mit Blick auf die Elektronik als auch Mechanik. Das Retrofit ihrer Presse hat Samson überzeugt: neben der Erhöhung der Maschinensicherheit und des Bedienkomforts durch die Ein- bzw. Zweitaktsteuerung über die Lichtschranke konnte eine Kostenersparnis von bis zu 20 % erreicht werden.
Volker Grünenwald, Pilz, Ostfildern
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