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Schweißen – mit Methoden aus der Formel 1

Kemppi-Manager Frederic Lanz sieht im webbasierten Schweißmanagement die Zukunft
Schweißen – mit Methoden aus der Formel 1

Fügetechnik | Bis zu 20 % produktiver wird der Handschweißer durch das webbasierte „Kemppi Arc System 3“, sagt Frederic Lanz, Vice President Marketing & Sales bei Kemppi Oy. Wie dies gehen soll und was es mit der Formel 1 zu tun hat, erklärt der deutsche Niederlassungsleiter hier. §

Autor: Olaf Stauß

Herr Lanz, mit dem „Kemppi Arc System 3“ ermöglichen Sie es, das Handschweißen global und standortunabhängig zu managen. Wie funktioniert das?

Die ursprüngliche Idee kommt aus der Formel 1. Als langjähriger Partner haben wir gesehen, wie intensiv dort Sensordaten ausgelesen und daraus Rückschlüsse gezogen werden. Diese Idee haben wir auf das Schweißen übertragen, um zu erfahren, wie genau die Schweißanweisungen eingehalten werden, ob der Schweißer die passende Qualifikation hat, ob Parameter und Qualität stimmen et cetera. In der Vergangenheit wussten wir im Grunde nur wenig über die geschweißte Naht.
Und die Daten transferieren Sie übers Web?
Wir können die Daten lokal innerhalb der Firma verarbeiten oder via WiFi. Unser Softwaremodul ArcQ beispielsweise sammelt eine Vielzahl von Daten, informiert den zuständigen Produktionsleiter pro-aktiv aber lediglich über die Abweichungen. Es ist nicht unsere Absicht, große Datenmengen zu verursachen, die schlecht oder gar nicht interpretiert werden können.
Sind die Daten sicher?
Die Frage ist doch, wie eine Firma ihre Bankgeschäfte handhabt und ihre E-Mails verwaltet. In den meisten Fällen geschieht dies auch über eine Cloud. Wir arbeiten hier mit einem externen Dienstleister zusammen und die Daten bleiben Eigentum des Kunden.
Worin liegt der größte Vorteil des Systems?
Die universelle Einsetzbarkeit und die Möglichkeit, ein maßgeschneidertes System zu kreieren, sind einzigartig. Zudem bieten wir dem Anwender eine Art Versicherung: Sollte eine bestimmte Charge an Zusatzwerkstoffen zurückgezogen werden, können wir nicht nur sagen, wann sie verschweißt wurde, sondern auch in welcher Naht. Des Weiteren bietet das Kemppi Arc System die Möglichkeit, Standorte oder Abteilungen weltweit zu benchmarken, Differenzen in der Leistungsfähigkeit zu erkennen und von den Besten zu lernen…
…und Arbeitsabläufe zu modifizieren?
Unbedingt. Einer unserer Kunden hat drei Produktionsstandorte, davon zwei in Afrika. Diese Firma hat mittlerweile ein internes Belohnungssystem für Schweißer eingeführt, die auf einem bestimmten Qualitätslevel arbeiten. Das Wichtigste hierbei ist, dass gute Performance anhand von Fakten erkannt und belohnt wird.
Was ist der eigentliche Clou: dass das System die Schweißdaten via Web weltweit erfasst und aufbereitet oder wie es dies tut?
Das KAS 3 geht weit über übliche Monitoring-Systeme hinaus, die Schweißdaten lediglich aufzeichnen. Wir bereiten die Daten optimal auf, um dem Produktionsverantwortlichen einen Überblick darüber zu geben, ob sich alle Arbeiten im Rahmen der Schweißanweisung befinden. Der Verantwortliche kann somit entsprechende Aktionen gezielt einleiten.
Wie bedient der Handschweißer das Kemppi Arc System KAS 3.0?
Alle wichtigen Daten werden vor Beginn mit einem sehr intuitiven Barcode-Leser vom Schweißer eingelesen: die ID des Schweißers mit den jeweils hinterlegten Qualifikationen, die WPS und sogar die Zusatzwerkstoffe und Gase, wenn gewünscht. Die Landessprache stellt sich automatisch anhand der ID auf den Schweißer ein.
Reicht eine übliche WLAN-Verbindung?
Wir haben bisher zahlreiche Systeme mit herkömmlichem WIFI installiert und diese funktionieren einwandfrei. Manche Firmen nutzen lieber ein separates WIFI-System, das extra für das Kemppi Arc System installiert wird.
Stößt das System auf Akzeptanz im Markt?
2008 wurde das KAS 1.0 noch als futuristisch empfunden. Der Durchbruch kam dann auf der Schweissen & Schneiden 2013 mit KAS 2.0, als zahlreiche Firmen mit starkem Interesse und konkreten Projekten auf uns zukamen. Heute haben wir Kunden in allen Größen, die global oder lokal agieren. Der Nutzen des Systems ist geradezu unglaublich. Und bei einer Amortisationszeit von durchschnittlich sechs Monaten stellt sich die Frage nach dem Invest nicht.
Beispiele für dieses Interesse?
Eines unserer Highlights ist die Auditierung eines global agierenden Konzerns mit einem weltweiten Netzwerk aus Zulieferern. Durch den Einsatz unserer Software konnten wir faktisch aufzeigen, dass die Ausschussrate mancher Bauteile bei über 40 % lag. Heute befinden wir uns im Prozess der weltweiten Implementierung des Kemppi ARC System 3 bei sämtlichen Zulieferern dieses Konzerns.
Bindet sich der Kunde damit nicht defacto an Schweißtechnik der Marke Kemppi?
Klares nein. Wir haben ganz bewusst eine offene Software entwickelt, die via Adapter an jedes Fabrikat angeschlossen werden kann. Es wäre vermessen, den Vorteil dieses Systems auf reine Kemppi-Kunden zu beschränken. Zudem haben wir nicht die Illusion, dass alle potentiellen Kunden Ihren Fuhrpark an Schweißgeräten in einem Schwung umstellen.
Was ist neu beim jetzt vorgestellten KAS 3?
Wir bieten nun einen flexiblen Werkzeugkasten an Modulen. Der Kunde kann wählen, ob er den Fokus auf Qualität, Produktivität, Anlagenmanagement oder auf die digitale Verwaltung der Dokumentation legen will. Besonders durch die Akquisition von Weldindustry konnten wir unsere Toolbox massiv erweitern. Der Einsatz von Software zur Steigerung der Produktivität bietet ein völlig neues Level an Verbesserungspotential: Unser Meilenstein KAS 3 ist in seiner Bedeutung mit dem Einsatz der ersten Inverter zum Lichtbogenschweißen seinerzeit gleichzusetzen.
Bei kleineren Firmen mit nur einem Produktionsstandort relativiert sich der Vorteil vermutlich?
Definitiv nicht. Gerade auch klein- und mittelständischen Firmen erschließt sich ein massiver Wettbewerbsvorteil, da sie damit einen höheren Qualitätslevel erreichen. Einer unserer Kunden veranschaulicht den Einsatz des Kemppi Arc System 3 sogar in seinem eigenen Firmen-Imagefilm.
Wie sieht das Handschweißen künftig aus?
Die Anforderungen steigen in jeder Hinsicht. Zugleich finden sich immer weniger qualifizierte Schweißer am Markt. Hier bietet das KAS 3 große Hilfe durch die hohe Nachverfolgbarkeit und gleichzeitige Produktivitätssteigerung. Während mit neuen Lichtbogenprozessen bestenfalls leichte Steigerungen bei Schnelligkeit und Produktivität erzielt werden können, schaffen wir eine völlig neue Ära an Möglichkeiten: Ab Inbetriebnahme ist mit Sprüngen von bis zu 20 Prozent zu rechnen, einfach weil die Schweißproduktion besser gemanagt ist. •
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