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Was sind die aktuellen Trends der Intralogistik?

Intralogistik
„Das Thema KI ist Realität und eröffnet ganz neue Möglichkeiten“

„Das Thema KI ist Realität und eröffnet ganz neue Möglichkeiten“
Dr. Kerstin Höfle von Körber Supply Chain ist Expertin für Technologien in der Logistik und Intralogistik. Bild: Marcel Dörre
Smart Logistics, Nachhaltigkeit, Fachkräftemangel – was sind die aktuellen Themen im Materialfluss, was die Herausforderungen und möglichen Lösungen? Einblicke gibt ein Interview mit Dr. Kerstin Höfle, VP R&D and Product Management Supply Chain Automation bei Körber.

» David Kuhlmann, Redakteur Industrieanzeiger

Frau Dr. Höfle, welche Entwicklungslinien sind erkennbar in der Intralogistik?

Wir sehen viele Trends im Moment – ein ganz starker geht hin zu mobiler Robotik. Das Bedürfnis auf dem Markt nach flexiblen und modularen Lösungen, nach einfach skalierbaren Systemen, äußert sich unter anderem auch darin. Ein weiteres Thema ist die generative künstliche Intelligenz, sei es über Bildverarbeitungstools oder in der Datenverarbeitung. Auch die Intralogistikbranche hatte sich zunächst gefragt: Mensch, ist das nur Hype? Doch mit KI-gestützten Anwendungen ließen sich bereits Produkte auf den Markt bringen, die man als digitales Add-on für unsere bestehende Hardware nutzen kann. Das Thema KI ist also Realität und öffnet ein ganz neues Feld.

Können Sie ein Beispiel nennen, wo KI die Arbeitsprozesse im Materialfluss erleichtert hat?

Dafür haben wir ein sehr ansprechliches Beispiel. Paletten sind ja meist mit Plastikfolie umwickelt. Manchmal hängt ein Stück Plastikfolie runter, was die Sensorik dann registriert und die Maschine in den Fehlerstatus versetzt – denn es könnte ja auch etwas anderes als Plastik sein. Wir haben ein Kamerasystem installiert, das genau aufnimmt, was während so eines Falles passiert. Mit dem Bildmaterial konnten wir daraufhin einen Algorithmus trainieren, der erkennt, dass das nur Plastikfolie ist. Bevor wir dieses System hatten, musste tatsächlich ein Maschinenführer reingehen und nach dem Rechten sehen. Das Resultat ist also eine enorme Effizienzsteigerung, da die Maschine sich automatisch resetten kann.

Haben die Krisen der vergangenen Jahre, allen voran die Pandemie, die angesprochenen Trends mit angestoßen?

Ich würde nicht sagen, dass die Entwicklungen damit begonnen haben. Aber die Coronakrise hat natürlich den E-Commerce stark angetrieben und die Entwicklung beschleunigt. Hochflexible, modulare Lösungen waren nun umso mehr gefragt. Die Tatsache, dass man nicht mehr vor Ort arbeiten durfte, hat natürlich den grundsätzlichen Trend hin zur Automatisierung begünstigt. Dieser Trend wird meiner Meinung nach anhalten. Nicht zuletzt wegen der Lieferkettenschwierigkeiten und globalen Abhängigkeiten fangen Unternehmen an, ihre Produktionsstrategien und Logistiknetzwerke zu hinterfragen, deshalb ist der Bedarf an Standort-Automatisierung weiterhin gegeben.

Wie könnte man dem Fachkräftemangel begegnen?

Mit der Automatisierung kann man natürlich auch diese Problematik angehen. Auf jede neue Technologie trifft zunächst erstmal eine Unsicherheit; das war schon so, als die ersten Eisenbahnschienen gelegt wurden. Bei den ersten Robotiklösungen hörte man diese Sorgen, bei ChatGPT nun auch. Natürlicherweise verändern sich berufliche Anforderungsprofile über die Zeit. Da es immer weniger Fach- und Arbeitskräfte gibt, stellt sich jetzt sogar die Frage, ob man sein Unternehmen ohne KI und Automatisierung überhaupt noch betreiben kann. Auch aus diesem Blickwinkel ist Smart Logistics enorm spannend.

Was ändert sich noch in der Branche? Hat das Modell des Zentrallagers ausgedient?

Was den Endkonsumenten angeht, werden wir im E-Commercebereich sicherlich verstärkt dezentrale Lagerstrukturen erleben. Darüber hinaus sehe ich nicht, dass jetzt alle Unternehmen ihre Logistikstruktur über den Haufen werfen. Einzelne Strukturen mögen sich verschieben, aber das Zentrallager komplett aufzugeben ist mit einer Komplexität verbunden, die vielen zu groß wäre.

Wie erleben Sie bei Körber die Kunden in Bezug auf das Thema Nachhaltigkeit?

Unser Nachhaltigkeitsversprechen ist fest in unserer Unternehmensstrategie verankert. Technologieführerschaft bedeutet für uns, einen wesentlichen Beitrag zu einer nachhaltigen Zukunft zu leisten. Die Kunden haben inzwischen eine andere Sensibilität und Erwartungshaltung, was nachhaltige Lösungen angeht. Die gesamte Logistikbranche findet sich da gerade neu. Meiner Meinung nach gibt es großes Potenzial neue Lösungen zu entwickeln, besonders durch neue Fertigungsmethoden und Materialien.

Wo finden Innovationen eher statt, im Hardware- oder im Softwarebereich?

Die großen Sprünge sind definitiv über die Software möglich, allerdings brauchen wir weiterhin die Innovationen im Hardwarebereich. Durch die physikalischen Begrenzungen passiert jedoch bedingt viel, was hochperformante Anlagen angeht. Was können wir dennoch tun? Wir können diese Anlagen effizienter machen. Add-ons für die Hardware schaffen, beim Palettieren zum Beispiel. Es wird immer ein Zusammenspiel zwischen der Hardware und der Software geben.

Wer treibt denn die Innovationen derzeit voran? Sind es die Endkonsumenten oder die Unternehmen?

Das ist eine gern diskutierte Frage. Ich glaube, es braucht beides. Die Endkonsumenten haben ihre Anforderungen, denen wir als Systemintegratoren versuchen, zu begegnen. Dabei steht dann häufig die Gesamtlösung im Vordergrund, nicht das einzelne Produkt. Wie kombinieren wir bestehende Bausteine am besten, um zu einer Lösung zu gelangen? Das Resultat sind dann eher kleinere Innovationen. Die großen Schritte, wie zum Beispiel mobile Robotik, sind auf Technologieunternehmen zurückzuführen, die eine Innovation für sich entwickeln und nutzen und die auf diesem Wege den Markt erreicht.

Vor welchen Hürden steht die Intralogistik? Was könnte die Politik tun, um die Branche zu unterstützen?

Wir müssen aufpassen, dass wir in Deutschland und Europa die Wettbewerbsfähigkeit nicht verlieren. Es braucht sicherlich Regulierung, gerade bei Themen wie KI, die nicht unterschätzt werden darf. Aber es muss eine ausgewogene Regulierung sein, so dass wir den Anschluss im Forschungsbereich nicht verlieren, auf internationaler Ebene. In China und den USA wird ganz anders investiert als bei uns.

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