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Benteler bietet gut zerspanbare Automatenstahl-Rohre

Alternative für hohle Drehteile
Rohre aus Automatenstahl – die besser zerspanbaren

Dem Metall-Prozess-Spezialisten Benteler ist es nach intensiver Entwicklungsarbeit gelungen, Rohre aus Automatenstahl in großen Serien herzustellen. Das neue Rohmaterial aus dem altbewährten Werkstoff hilft, wirtschaftlicher und nachhaltiger spanend zu fertigen: Ein Unternehmen der Hydraulikbranche etwa konnte die Herstellkosten eines Drehteils um 16 % senken.

» Daniel Sasse, Application Engineer, und Bernd Mehren, Leiter Engineering bei Benteler Steel/Tube

Automatenstahl wird in der spanenden Bearbeitung, wie dem Drehen, Fräsen oder Bohren, bereits seit Jahrzehnten für seine besonderen Materialeigenschaften geschätzt. Denn herkömmlicher Stahl ist nur begrenzt zerspanbar und produziert häufig lange Späne, die sich leicht in Maschinen verfangen und zu Störungen und Ausschuss führen können. Automatenstahl weist dagegen dank seines höheren Schwefelgehalts eine bessere, das heißt kürzere Spanbildung auf.

Zum Vergleich: Herkömmlicher Rohrstahl besitzt einen Schwefelanteil von meist 0,015 bis 0,035 % – Automatenstahl dagegen das zehn- bis 15-fache. Durch die verbesserte Spanbildung kann das Material schneller und effizienter bearbeitet werden, Werkzeuge verschleißen dabei weniger und automatisierte Fertigungsprozesse erfordern aufgrund reduzierter Maschinenstörungen seltener menschliches Eingreifen.

Das Novum: Automatenstahl nicht mehr nur für Stabstahl

Allerdings war Automatenstahl bislang nur als Vollmaterial, beispielsweise in Form von Stabstahl, verfügbar; Rohre aus diesem Material waren bisher nicht üblich. Denn der höhere Schwefelgehalt reduziert die Warmumformbarkeit von Stahl, die bei der Herstellung von nahtlosen Warmrohren essenziell ist. Der Nachteil von Stabstahl: Bei der Bearbeitung des Stahls zur Fertigung hohler Drehteile bleibt ein Großteil des Materials ungenutzt, da es aus dem Stahlstab herausgebohrt wird – eine wahre Material- und Kostenverschwendung.

Nun ist es Benteler nach mehreren Jahren Entwicklungszeit erstmals gelungen, Rohre aus Automatenstahl in großen Serien herzustellen. Dazu arbeitete ein multidisziplinäres Team von Mitarbeitern der Abteilungen Application Engineering, Produktentwicklung, Vertrieb und aus dem Fertigungsbereich des Benteler-eigenen Elektrostahlwerks sowie der Rohrwerke gemeinsam mit sechs Pilotkunden aus verschiedenen Branchen zusammen.

Automatenstahl-Rohre mit bis zu 0,33 % Schwefelgehalt

Die Entwicklung wurde von dem gemeinsamen Ziel und Kundenbedürfnis angetrieben, Herstellungskosten zu reduzieren. Das Ergebnis: Automatenstahl-Rohre mit einem Schwefelgehalt zwischen 0,10 und 0,33 %, die die bekannten Vorteile von Automatenstahl mit denen von Rohren vereinen.

Aufgrund des hohen Schwefelanteils sind Automatenstahl-Rohre gegenüber klassischen Rohren deutlich besser zerspanbar. Prozessstabilität und Produktzuverlässigkeit verbessern sich signifikant, da Maschinen, in denen Automatenstahl verarbeitet wird, seltener von Störungen betroffen sind und weniger Ausschuss produzieren. So können Unternehmen Prozesse stärker automatisieren.

Bearbeitungskosten sinken um bis zu 40 %

Der Schwefel bildet während der Zerspanung eine dynamische Schutzschicht auf der Werkzeugschneide aus. In Verbindung mit dem besseren Spanbruch steigen dadurch auch die Werkzeuglebenszeiten erheblich.

Insgesamt lassen sich die Bearbeitungskosten mit Automatenstahl-Rohren um bis zu 40 % gegenüber herkömmlichen Stahlrohren senken. Die Rohrform reduziert im Vergleich zu Stabstahl zudem den Materialverbrauch um bis zu 50 % und damit auch die Materialkosten. Daneben lassen sich Rohre häufig schneller bearbeiten, da das Bohren des Vollmaterials zur Herstellung hohler Drehteile gänzlich entfällt.

Vorteile auch für die Nachhaltigkeit

Auch in Sachen Nachhaltigkeit punkten Automatenstahl-Rohre. Durch die Verwendung von Elektrostahl aus dem unternehmenseigenen Stahlwerk, welcher in einem Lichtbogenofen aus reinem Stahlschrott hergestellt wird, besitzt der von Benteler produzierte Stahl einen um über 70 % reduzierten CO2-Fußabdruck gegenüber traditionellem, im Hochofen hergestellten Stahl. Die zunehmende Umstellung auf erneuerbare Energien wird den CO2-Fußabdruck weiter senken.

Das niedrigere Materialgewicht von Rohren gegenüber Vollmaterial verringert zudem nicht nur die Transportkosten, sondern auch die Anzahl der nötigen Transporte und damit den CO2-Ausstoß.

Klassischem Automatenstahl wird häufig Blei beigesetzt, um die Zerspanbarkeit zu optimieren. Allerdings verpflichtet die EU die Industrie zunehmend dazu, aus Umweltgründen die Verwendung von Blei zu reduzieren. Benteler hat deshalb bei der Entwicklung der Automatenstahl-Rohre auf die Beimengung von Blei verzichtet, wodurch die Rohre deutlich umweltschonender sind. Neben der Legierung von Schwefel wird stattdessen durch eine spezielle Kalziumbehandlung die Zerspanbarkeit umweltschonend weiter verbessert.

Einsparpotenzial im Automobil- und Maschinenbau

Aus Automatenstahl-Rohren können rotationssymmetrische Drehteile und individuelle Sonderformen nach Zeichnung gefertigt werden, unter anderem Muffen, Hülsen, Fassungen und Abstandsringe für Elektromotoren, aber auch Lagersitze, -ringe oder -buchsen. Neben der Automobilbranche finden die Rohre zudem im Maschinenbau, beim Bau von Land- oder Baumaschinen sowie in der Baubranche Anwendung – im Prinzip aber überall, wo Drehteile benötigt werden.

Das Potenzial von Automatenstahl-Rohren für die Einsparung von Herstellungskosten und CO2 ist immens. So konnte ein Unternehmen aus der Hydraulikbranche die Herstellkosten eines Drehteils um 16 % reduzieren, indem es die Fertigung – ursprünglich aus Automatenstahl 11SMn30 im Fertigmaß 85 x 58 x 100 mm – von Stabstahl auf Rohr umstellte. Positiv wirkten sich hier vor allem der entfallene Bohrprozess, geringere Werkzeugkosten sowie ein niedrigerer Materialverbrauch aus. Darüber hinaus reduzierte sich der CO2-Fußabdruck durch die Umstellung um über 72 %.

Einsparungen auch im Bau: Drehteil 18 % günstiger hergestellt

Ein weiteres Unternehmen aus der Baubranche profitiert hingegen von der Umstellung von Standard-Rohren auf Automatenstahl-Rohre. Die Herstellkosten eines Drehteils aus E355 mit Fertigmaß 100 x 21 x 120 mm ließen sich so um 18 % reduzieren, da sich durch den Einsatz von Automatenstahl-Rohren die Taktzeit um 33 % verringerte und die Werkzeuglebensdauer signifikant stieg.

So können Unternehmen bei der Drehteile-Fertigung auf zwei Arten von den Vorteilen von Automatenstahl-Rohren profitieren: Zum einen durch einen Wechsel von Automatenstahl in Form von Stabstahl beziehungsweise Vollmaterial auf nahtlos warmgewalzte und kaltgezogene Automatenstahl-Rohre. Zum anderen durch die Umstellung von klassischen Stahlrohren auf Rohre aus Automatenstahl. Ihr großes Potenzial zur Kosteneinsparung und CO2-Reduktion kann in beiden Fällen dazu beitragen, die Wirtschaftlichkeit und Konformität mit EU-Zielen zu verbessern und Unternehmen in angespannten wirtschaftlichen Zeiten signifikant zu entlasten.

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