Startseite » Themen » Elektromobilität »

„Auch kleinere Themen werden an Bedeutung gewinnen“

Welche Entwicklungen Bosch-Vorstand Klaus Huttelmaier in Österreich initiiert
„Auch kleinere Themen werden an Bedeutung gewinnen“

Der Standort Österreich hat für Bosch Vorzeigecharakter. Welche automobile Leitentwicklungen dort konzentriert sind, etwa in puncto Elektromobilität, erläutert Dipl. oec. Klaus Huttelmaier, Repräsentant der Bosch-Gruppe in Österreich und Regionalverantwortlicher für Mittelosteuropa.

Herr Huttelmaier, Bosch automatisiert ja auch das Fahren. Sind Sie schon am Steuer eines Autos gesessen, das wie von Geisterhand einparkt?

Ja, gewiss. Den automatischen Einparkassistenten von Bosch nutze ich auch privat beim Einparken an der Straßenseite.
Wie hat es sich angefühlt?
Ich muss zugeben, beim ersten Mal kostete es Überwindung. Es war ein seltsames Gefühl, die Hände vom Lenkrad zu lassen. Doch schon beim nächsten Mal war es nur genial. Ist die erste Hürde einmal überwunden, dann ist es einfach grandios. Man fasst sehr schnell Vertrauen.
Nutzen Sie einen Prototyp?
Nein. Die automatische Einparkhilfe ist ein Serienprodukt, und in diesem Fall nutze ich das Einparken mit der automatischen Parkfunktion. Das ist nichts anderes, als der erste Teil der Automatisierung, die wir im Unternehmen vorantreiben.
Welche automobilen Leitentwicklungen im Konzern kann sich Bosch Österreich auf die Fahnen schreiben?
In Österreich setzen wir etliche Leitentwicklungen unternehmensweit um. In der Kfz-Technik betreiben wir vier internationale Kompetenzzentren. So sitzt beispielsweise in Wien das Kompetenzzentrum für Motorsteuergeräte, die in Diesel- und Benzinmotoren für Pkws eingesetzt werden. Einwerfen möchte ich hier, wie unser Know-how noch an ganz anderer Stelle nutzbringend wirkt. So können Flugzeughersteller mit unserer Unterstützung den Kraftstoffverbrauch um bis zu 70 Prozent reduzieren.
Großserien-Automobiltechnik wird eingesetzt, damit Flugzeugmotoren sparsamer und sauberer werden?
Genau. Wir haben auf dieses Thema ein kleines Tochterunternehmen gesetzt, das zwar noch ein kleines Pflänzchen ist, aber gedeihen wird. Auch solche kleinere Themen werden an Bedeutung gewinnen. Hier sind wir gut unterwegs.
Welchen weiteren Leitentwicklungen drücken Sie den Bosch-Austria-Stempel auf?
In Wien betreiben wir auch die Software- und Funktionsentwicklung für Elektroautomobile in sogenannten Brückentechnologien wie Hybrid-Antriebe und Range Extender. Das dritte Thema ist in Linz angesiedelt. Hier entwickeln wir Common-Rail-Injektoren für Nutzfahrzeuge für den weltweiten Einsatz.
Wie groß ist hier der Entwicklungsfortschritt?
Es geht darum, den Einspritzdruck, die Dosierung und Haltbarkeit der Injektoren zu optimieren. Denn je höher der Druck ist, mit dem der Treibstoff in den Zylinder gespritzt wird, desto feiner zerstäubt der Diesel und umso effektiver verbrennt er. Ein kleines Beispiel: In den 90er-Jahren verursachte ein Lkw im Schnitt jährlich 175 kg Partikelemissionen, 2013 sind es gerade noch 2,5 kg. Solche Common-Rail-Systeme sind auch im Großdiesel-Bereich gefragt, etwa bei Lokomotiven, Schiffen oder Notstromaggregaten. Das dafür zuständige vierte Kompetenzzentrum befindet sich in Hallein.
Konnten Sie in jüngster Zeit einige neue Projekte nach Österreich ziehen?
Durchaus. Das eine ist, wie erwähnt, das Batteriemanagement von Elektroautos, das wir hier in Wien vorantreiben. Und für einen großen internationalen Kunden forcieren wir die Funktions- und Software-Entwicklung bei der Motorsteuerung. Zudem werden in unserer Beteiligungsgesellschaft Bosch Mahle Turbosystems in St. Michael ob Bleiburg in Kärnten Abgasturbolader gefertigt.
Wie profitieren Sie selbst vom internationalen Entwicklungsverbund des Konzerns?
Dadurch entwickeln wir unser Know-how ständig weiter und erhalten uns so unsere interne Wettbewerbsfähigkeit innerhalb der Bosch-Gruppe. Überdies können wir auch in puncto Effizienz führender Entwicklungspartner sein. Entscheidend ist, nicht nur in der mitteleuropäischen Welt tätig zu sein, sondern involviert in allen Marktsegmenten – in Amerika ebenso wie in den Schwellenländern Asiens. Dadurch bleibt ein Unternehmen einerseits technologisch auf der Höhe und erhält sich andererseits die Wettbewerbsfähigkeit bei den Kosten.
Durch seinen hohen Vernetzungsanteil ist das Stromauto prädestiniert für das Thema automatisiertes Fahren. Haben Sie eine Schnittstelle zu dem hochgehandelten Thema?
Dies sind natürlich Entwicklungsschritte. Bei aktueller Betrachtung des Themas Elektromobilität sind wir in Österreich von großen Volumina derzeit noch weit entfernt davon.
Wie weit?
Die Verkäufe reiner Elektroautos sind in Österreich im Vorjahr gegenüber 2011 zurückgegangen. 2011 wurden 600 verkauft, 2012 nur 460. Zwei Jahre zuvor waren es 400. Über alle Varianten hinweg liegen wir bei knapp 1500 verkauften E-Mobilen. Bei den Hybriden sieht die Zahl aber anders aus.
Dennoch: BMW, Audi oder VW nutzen seit längerem das Know-how österreichischer Spezialisten. Wird sich dies durch die künftige Verschiebung in Richtung Elektroantrieb noch verstärken?
Bosch Österreich stellt für alle Antriebsarten ein wichtiges Entwicklungskompetenzzentrum innerhalb der Bosch-Gruppe dar. Für die Zukunft haben wir uns das Ziel gesetzt, die erwähnten internationalen Kompetenzzentren in Österreich weiter auszubauen. Insofern hoffen wir, dass wir verstärkt gefragter Partner der Automobilhersteller sind. Und das kann und muss nicht nur der Elektroantrieb sein. Dabei ist es wichtig, nicht nur auf eine Technologie zu setzen und breit aufgestellt zu sein.
Als F+E-Standort für internationale Auftraggeber ist Österreich ein Motor der Automotive-Industrie. Welche Standortvorteile haben diese Entwicklung forciert?
Eindeutig vorteilhaft ist, dass hier qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfügbar sind. Nicht zuletzt aufgrund der aus meiner Sicht einzigartigen praxisorientierten Ausbildung der HTL, der Höheren Technischen Lehranstalt. Diese ist ein österreichisches Spezifikum. Hinzu kommt die vorbildliche strategische Partnerschaft zwischen Unternehmen, Forschungseinrichtungen, also den Universitäten, und der Politik. Weltweit Vergleichbares habe ich noch nicht gesehen. Last, but not least die sehr gute Infrastruktur, die Lebensqualität Wiens, das unternehmerfreundliche Steuersystem, aber auch die politische und wirtschaftliche Stabilität. Österreich gilt als eines der sichersten Länder der Welt.
Was ist so einzigartig an der praxisorientierten Ausbildung der HTL?
Die praxisorientierte Ausbildung gibt es zwar auch in Deutschland, aber nicht in dieser Form. Mit der Matura, also dem Abitur, sind HTL-Absolventen befähigt, einen höheren Beruf auf technisch-gewerblichem Gebiet auszuüben. Wird ein Schwerpunkt wie etwa Software-Engineering gewählt, kommen sie als qualifizierte Mitarbeiter sehr jung in die Unternehmen. Nach zwei oder drei Jahren in der Praxis, beginnen sie eventuell zu studieren. Das ist einzigartig. Gerade für unsere Software-Entwicklung haben wir attraktive Rahmenbedingungen, um die jungen Menschen hochmotiviert hier einsetzen zu können. Die Hälfte unserer Mitarbeiter in der Entwicklung hat eine HTL-Ausbildung.
Dann gibt es an Österreich als Wirtschaftsstandort kaum etwas zu mäkeln?
Der Wirtschaftsstandort ist hoch attraktiv für uns, es lohnt sich, hier zu investieren. Für mich ist der Schlüssel, dass man ganz konsequent die Kombination von Dienstleistungen, insbesondere die Verbindung mit dem Thema Fertigung und Produktion voran treibt. Solche Kernkompetenzen sind notwendig. Das ist für mich einer der Schlüsselfaktoren, warum Österreich relativ gut dasteht.

F+E in Österreich auf Youtube

Neben einer staatlichen Forschungsprämie in Höhe von 10 % und maßgeschneiderter F+E-Förderung tragen in Österreich zahlreiche Kompetenzzentren und Branchencluster zu einer Verdichtung des Netzwerks zwischen Wissenschaft und Wirtschaft bei. Mehr dazu auf dem Youtube-Kanal der Betriebsansiedlungsgesellschaft ABA-Invest in Austria: www.youtube.com/user/InvestInAustria?feature=watch
Unsere Webinar-Empfehlung
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de