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Holzhackschnitzel liefern Strom und Wärme

Energieversorgung aus Biomasse mit Kraft-Wärme-Kopplung
Holzhackschnitzel liefern Strom und Wärme

Energieerzeugung aus Biomasse liegt im Trend. Warum nicht auch den Eigenbedarf an Strom und Wärme klimaeffizient mit Holzhackschnitzeln decken? Bei regionaler Brennstoffversorgung bieten sich Biomasseheizkraftwerke als Alternative zur klassischen Energieversorgung mit fossilen Energieträgern an.

Erneuerbare Energien decken heute bereits knapp 10 % des Endenergieverbrauchs in Deutschland. Mehr als zwei Drittel davon entfällt auf Biomasse. Feste Biomasse findet auch in Kraftwerken immer mehr Einsatz. Nach Berechnung des DBFZ (Deutsches BiomasseForschungsZentrum) hat sich in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland – im Wesentlichen als Folge der Anreizwirkungen des EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) – die Zahl der Biomasseverstromungsanlagen annähernd verfünffacht, auf 249 Anlagen Ende 2009. Gleichzeitig stieg dabei die Höhe der installierten elektrischen Leistung um mehr als das Zehnfache auf rund 1,2 GW.

In Europa steigt nach Beobachtung des finnischen Generalunternehmers MW Power (ein Jointventure von Metso und Wärtsilä) die Nachfrage nach kleinen und mittelgroßen Biokraftwerken, erklärte Jorma Lehtoviita, Managing Director von MW Power. Die Leistungsgröße sei bei entsprechender Brennstoffverfügbarkeit ideal für regionale Lösungen. In Bad Arolsen, auf dem Gelände des BioEnergieParks Nordwaldeck (einem ehemaligen Bundeswehrstandort), hat das Unternehmen eine Anlage vom Typ Biopower 5 errichtet. Sie leistet derzeit 4,9 MWel. Noch für 2011 ist ein Betrieb in Kraft-Wärme-Kopplung geplant, dann mit einer Leistung von 4,4 MWel und 10 MWth. Ein Abnehmer für die Wärme ist die geplante Fabrik für Holzpellets von juwi Bio.
Sowohl aus Effizienz- als auch aus Umweltschutzgründen empfiehlt sich solch ein Biomassekraftwerk besonders für Betriebe mit gleichzeitigem Bedarf an Strom und Wärme. Denn innerhalb der Bioenergien erzielt die Verstromung von Holz im Heizkraftwerk mit Wärmenutzung die höchste Klimaschutzeffizienz, so das Resümee einer Studie des WZU (Wissenschaftszentrum Umwelt) der Universität Augsburg. Die Forscher haben den „Carbon Footprint“ für ein typisches Biomasse-Heizkraftwerk, wie das in Bad Arolsen, berechnet, erklärte Bernd Wagner vom WZU.
Der Carbon Footprint bezeichnet den Ausstoß an Treibhausgasen, ausgedrückt in CO2-Äquivalenten, der durch unternehmerische Aktivitäten (CCF – Corporate Carbon Footprint) oder durch den Produktlebenszyklus (PCF – Produkt Carbon Footprint) entsteht. Dazu wurden die emissionsrelevanten Prozesse der Wertschöpfungskette erfasst – vom Anfall des Brennstoffs bis zur Abnahme von Strom und Wärme, vom Bau bis zum Rückbau des Kraftwerks. Ein Gutschriftenverfahren berücksichtigt die Substitution konventioneller Wärmeerzeugung durch die ausgekoppelte Wärme.
Dabei zeigte sich, dass auch bei Energie aus Biomasse die ökonomischen und ökologischen Vorteile erst bei Kraft-Wärme-Kopplung in vollem Umfang zur Geltung kommen. Dennoch sei erkennbar, dass die Emissionswirkung selbst bei reiner Stromerzeugung (mit Wärme als emissionsfreiem Abfallprodukt) im Vergleich zu konventionellen Energieformen gering ist. Durch Optimierung der Vorketten und Weiterverwendung der Asche als Düngemittel könnten die Emissionen gar noch weiter sinken.
„Wir verbrennen hier ausschließlich nachwachsende Rohstoffe, Waldrestholz und Landschaftspflegematerial – also kein wie auch immer belastetes Altholz“, beschreibt Stephan Röhl, Leiter des Projekts BestEnergy bei Real I.S. (eine Tochtergesellschaft der Bayerischen Landesbank), das Projekt in Bad Arolsen. Das Holzhackschnitzelkraftwerk ist eine von sechs baugleichen Anlagen im Portfolio des „Bayernfonds BestEnergy 1“. Weitere Standorte sind Leipzig, Langelsheim, Neuenkirchen-Vörden, Niesky und Steinau an der Straße. Das Investitionsvolumen beläuft sich laut Röhl auf insgesamt knapp 150 Mio. Euro. In Bad Arolsen kommen pro Jahr rund 60 000 t Brennstoff zum Einsatz. Der Einzugsbereich beträgt rund 100 km. Frisch geerntet komme das Holz zum Einsatz. Die Feuchte im Holz – zwischen 35 % und 55 % – werde für einen optimalen Verbrennungsprozess benötigt. Zur Versorgungssicherheit wurden langfristige Lieferverträge geschlossen mit zehn bis 15 Jahren Laufzeit.
MW Power biete seine Anlagen schlüsselfertig an, betonte Lehtoviita. Der Einsatz standardisierter, vorgefertigter Module beschleunige die Bauphase. So sei auch das Kraftwerk Biopower 5 vom Aufbau her modular. Es verfüge über einen rotierenden, konischen BioGrate-Drehrost, der in seiner Mitte durch eine Förderschnecke von unten mit Brennstoff beschickt wird, einen breiten Rostbereich für eine optimale Verbrennung, eine flexible und kontrollierte Verteilung der Primärverbrennungsluft, einen effizienten Aschenrost mit Nassaustrag der Bodenasche, sowie eine Rauchgasrezirkulation zur Kühlung des Rosts. Der BioGrate-Rost verbrennt Biomasse mit einem Feuchtigkeitsgehalt von bis zu 60 %.
Zum typischen Lieferumfang eines Generalunternehmer-Auftrags bei den Biopower-Kraftwerken zählen die Brennstofflagerung und -förderung, Kessel- und Rauchgasreinigungsanlage, Dampfturbosatz und alle erforderlichen Nebenanlagen. Die Effizienz der Anlagen hängt laut Lehtoviita in erster Linie von der Wahl der richtigen Feuerungstechnik und der Brennstoffzuführung ab. „Unsere Kraftwerke eignen sich für die Nutzung recht unterschiedlicher Biomassen, wie Torf, Rinde, Hackschnitzel, Waldrestholz und Hackgut.“ Dabei würden die Feuerungstechnologien ständig weiterentwickelt, damit beispielsweise auch neue Biomassen wie Industrienebenprodukte energetisch verwertet werden können.
In Bad Arolsen verwies Lehtoviita denn auch auf das leistungsstärkere Kraftwerk Biopower 8, von dem die erste modulare Anlage im zweiten Quartal 2011 in der belgischen Gemeinde Ham (Provinz Limburg) in Betrieb gehen soll. Während das Kraftwerk Biopower 5 für einen Strombedarf bis zu 4,9 MWel ausgelegt sei und auf der BioGrate-Rosttechnologie basiert, arbeite das Kraftwerk Biopower 8 mit der Wirbelschichttechnologie – für einen Strombedarf bis zu 9,4 MWel. Derzeit entsteht das Biopower 8 Kraftwerk für HamCogen, eine Tochtergesellschaft des belgischen Energieerzeugers 4Energy Invest. Die Anlage in Ham wird Strom und Wärme mit holzbasierten Brennstoffen erzeugen, die aus lokalen Sägewerken und Holz verarbeitenden Betrieben beschafft werden. Ziel sei, in Kraft-Wärme-Kopplung netto 7,8 MWel und 16 MWth zu erzeugen.
Robert Donnerbauer freier Journalist aus Frankenberg (Eder)
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