Startseite » Themen » Künstliche Intelligenz »

Künstliche Intelligenz in der Industrie

Grundlagen zu KI
Künstliche Intelligenz in der Industrie

Künstliche Intelligenz in der Industrie
Bild: putilov_denis/stock.adobe.com

Künstliche Intelligenz (KI) ist derzeit in den Medien so präsent wie lange keine andere Technologie. Verfolgt man die Berichterstattung, fällt auf, dass das Thema mit vielen Sorgen und Ängsten behaftet ist – ein Schicksal, das neuen Technologien nicht selten widerfährt. Doch droht der Menschheit tatsächlich die Auslöschung durch KI-gesteuerte Cyborgs mit österreichischem Akzent, wie es das Actionkino der 1980er Jahre suggerierte, oder gar die Arbeitslosigkeit? Dieser Artikel zeigt, was KI überhaupt ist, wie der Status Quo aussieht, wo sie bereits eingesetzt wird und wie sie die produzierende Industrie revolutioniert.

» Hagen Wagner, Redakteur Industrieanzeiger

Inhalt:

1. Definition und Relevanz
2. Verbreitung und Anwendungsfelder
3. Funktionsweise und Technologien
4. Nutzen und Herausforderungen

 

Definition und Relevanz

Um ein so weitreichendes Thema wie KI zu erörtern, hilft der Vollständigkeit halber eine anfängliche Begriffsdefinition: KI der Oberbegriff für Anwendungen, bei denen Maschinen menschenähnliche Intelligenzleistungen erbringen bzw. danach streben Denkprozesse wie Lernen, Schlussfolgern, Problemlösen und Entscheidungsfindung zu simulieren. Die Maschine muss dabei nicht notwendigerweise ein physisches Gerät, sondern kann auch virtueller Natur sein, wie z. B. eine Software. Intelligenz wird hier verstanden als die Fähigkeit, angemessen und vorausschauend zu handeln. Dazu gehört, dass die Maschine Sinneswahrnehmungen erfasst und darauf reagiert, indem sie Informationen aufnimmt, verarbeitet, Muster erkennt, als Wissen speichert, Vorhersagen trifft und Aufgaben autonom erledigt. Dazu nutzen KI-Systeme Algorithmen, Daten und Rechenleistung. Kurz gesagt: Sie muss Probleme lösen und Ziele erreichen.

KI tut dies das bereits in alltäglichen Dingen, beispielsweise als Sprachassistenz à la Siri oder Alexa, in intelligenten Navigationssystemen, die Staus, Unfälle und Baustellen in Echtzeit einbeziehen, oder bei Produktempfehlungen im E-Commerce. In einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom (Februar 2023) gibt rund die Hälfte (51 %) der Bundesbürger an, regelmäßig KI-basierte Produkte und Dienstleistungen im Alltag zu nutzen.

Es ist davon auszugehen, dass diese Zahl deutlich steigen wird. „Wir erleben bei der künstlichen Intelligenz gerade einen historischen Moment: Erstmals sprechen Computer wirklich unsere Sprache und wir müssen nicht mehr die Sprache der Computer lernen, um sie zu verstehen oder anzuleiten“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. „In den kommenden Jahren wird KI die Welt stärker verändern, als es eine so große Innovation wie das Smartphone getan hat.“

Verbreitung und Anwendungsfelder

Wie sieht der Status quo konkret aus? Zunächst ein Blick auf die deutsche Wirtschaft insgesamt. Eine weitere Bitkom-Studie (Frühjahr 2021) fasst zusammen: Es geht voran. Zwei von drei Unternehmen halten KI für eine wichtige Zukunftstechnologie, aber erst 8 % setzen entsprechende Anwendungen ein. Doch die Zahlen steigen und Experten prognostizieren, dass im Jahr 2030 mehr als zwei Drittel der Unternehmen KI nutzen werden, denn diese Art der Intelligenz ist nämlich für alle Branchen interessant, in denen große Datenmengen anfallen. Das gilt beispielsweise für die produzierende Industrie, wo Lieferanten, Sensoren und das ERP-System sehr viele Daten liefern können. Derzeit entstehen Ideen für verschiedene Bereiche, die zu Effizienzgewinnen führen können, indem repetitive Aufgaben in Prozessen automatisiert werden. Dadurch bleibt dem Menschen mehr Zeit für strategische und kreative Aufgaben. 

Wo genau wird KI derzeit in der industriellen Praxis eingesetzt? Der derzeit prominenteste Anwendungsfall ist die vorausschauende Wartung, auch Predictive Maintenance genannt. Sie verfolgt das Ziel technische Fehler und Probleme in der Produktion zu erkennen und zu beheben, bevor es zu ungeplanten Maschinenstillständen aufgrund von vorhersehbaren Ausfällen oder der Degeneration von Verschleißteilen kommt. Doch in welchem Umfang wird Predictive Maintenance tatsächlich schon eingesetzt? Laut Daten aus dem Jahr 2020 glauben 15 % der Befragten, dass es in der Industrie bereits Standard ist. Tatsächlich wurde das Verfahren zum Zeitpunkt der Befragung nur von 2 % der Unternehmen angewendet.

Neben der punktgenauen Wartung und der Vermeidung von Produktionsstillständen gibt es natürlich noch weitere Anwendungsfelder, in denen sich die Potenziale von KI-Technologien in Produktion und Verwaltung erfolgreich genutzt werden können. Hier einige Beispiele:

  • Robotik und Automatisierung: KI-basierte Roboter und Automatisierungssysteme werden eingesetzt, um komplexe Aufgaben in den Bereichen Produktion, Montage und Logistik zu erledigen. Diese Roboter können eigenständig Entscheidungen treffen und sich an veränderte Umgebungen anpassen.
  • Prozessoptimierung: Bei der Optimierung von Produktionssystemen werden Daten analysiert und Verbesserungsmöglichkeiten identifiziert. Dies kann die Effizienz steigern, den Ausschuss reduzieren und die gesamte Produktionsleistung verbessern.
  • Lieferkettenmanagement: KI kann bei der Planung und Verwaltung von Lieferketten eingesetzt werden, um Lieferzeiten und die Planung von Transportrouten, Lagerbestände und Bestellmengen zu optimieren, was zur reibungslosen Versorgung mit Materialien und Produkten beiträgt. Leerfahrten und ungenutzte Kapazitäten werden durch effiziente KI-Planung vermieden.
  • Qualitätskontrolle: Mittels intelligenter Bilderkennung und der Analyse sensorischer Daten führen KI-Anwendungen Fehler- und Prozessanalysen durch, indem sie komplexe Aufgaben wie Oberflächenprüfung, Größen- und Formvermessung, Vollständigkeitsprüfungen, Objekterkennung sowie Lage- und Positionserkennung automatisieren.
  • Energieeffizienz: Der Energieverbrauch in Fabriken kann mit KI überwacht und optimiert werden, was sich natürlich positiv auf Umwelt- und Wirtschaftsfaktoren auswirkt. Hierbei erkennt sie Muster, die auf Energieverschwendung hinweisen und unterbreitet Vorschläge zur Reduzierung des Verbrauchs.
  • Nachfragevorhersage: Komplexes Verkaufs- und Nachfrageverhalten wird analysiert, um präzisere Prognosen für zukünftige Verkäufe zu erstellen. Dies ermöglicht eine verbesserte Bestandsverwaltung und eine schnellere Reaktion auf Marktveränderungen.
  • Fertigungsoptimierung: Produktionsparameter werden durch die KI in Echtzeit angepasst, um die die Produktqualität zu verbessern und Abweichungen im Produktionsprozess zu erkennen.
  • Personalwesen: KI unterstützt Personalplanung und -verwaltung, indem sie Mitarbeiterdaten analysiert und anschließend Empfehlungen für optimale Arbeitszeiten und -bedingungen gibt.
  • Kundensupport: Durch die Implementierung von Chatbots, die auf KI basieren, können Unternehmen ihren Kundensupport verbessern, indem sie schnelle und präzise Antworten auf Kundenanfragen bieten.

Funktionsweisen und Technologien

Unter dem Oberbegriff KI gibt es verschiedene Teilgebiete:

  • Machine Learning: Die Technologie des maschinellen Lernens bringt Computern bei, aus Daten und Erfahrungen zu lernen und Aufgaben immer effizienter zu erledigen. Ausgeklügelte Algorithmen können Muster in unstrukturierten Datensätzen wie Bildern, Texten oder gesprochener Sprache erkennen und auf dieser Basis selbstständig Entscheidungen treffen.
  • Deep Learning: In der Praxis bildet Deep Learning nicht weniger als die Grundlage für Gesichts-, Objekt- und Spracherkennung. Es ermöglicht die Erfassung, Analyse und kritische Überprüfung von Daten, während subjektive Bewertungen vermieden und eine klare, logische Struktur beibehalten werden. Mittels tiefer neuronaler Netze können große Datensätze wie Big Data analysiert und auf Muster untersucht werden.
  • Natural Language Processing: Hier geht es um die Verarbeitung von Texten und natürlich menschlicher Sprache, die beispielsweise bei dem Sprachdienst Alexa von einem bekannten Onlineversandhaus zum Einsatz kommt. Auch hier werden Muster in großen Datenmengen analysiert, um eine effektive Mensch-Computer-Kommunikation zu ermöglichen.

Nutzen und Herausforderungen

Anwendungsübergreifend lässt sich generell sagen, dass sich durch KI vielfältige Potenziale zur Vereinfachung von Arbeitsprozessen bietet, indem sie nicht nur Menschen bei komplexen Analysen unterstützt, sondern auch Prozesse intelligent steuert. Sie ermöglicht genauere Prognosen und schafft neue datenbasierte Geschäftsmodelle. Eine datengetriebene Prozessmodellierung kann die Produktqualität verbessern und die Ausschussraten verringern. Unternehmen können schnellere und fundiertere Entscheidungen treffen, wodurch sie ihre Anpassungsfähigkeit an Marktveränderungen verbessern, und Vorhersagen treffen können, die jenseits menschlicher Fähigkeiten liegen. KI ist somit ein Schlüssel zur Steigerung von Effizienz und Qualität sowie von Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit.

Viele Unternehmen hierzulande haben zwar die wettbewerbsentscheidende Relevanz von KI bereits erkannt, jedoch ist die Umsetzung im eigenen Unternehmen oft schwierig. Die Algorithmen und Methoden der KI sind zwar bekannt und verfügbar, jedoch gestaltet sich die Übertragbarkeit in die industrielle Praxis nicht immer einfach. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen stehen häufig vor großen Herausforderungen: Oftmals fehlt es an Fachwissen und qualifizierten Fachkräften, einer ausreichenden Datengrundlage und

Datenverfügbarkeit, der entsprechenden Rechenleistung oder einfach dem Vertrauen in neue Methoden. Insbesondere hinsichtlich der Datensouveränität sowie der Absicherung und Zertifizierung von KI-Systemen herrscht häufig noch Skepsis. Der potenzielle Nutzen ist dazu im eigenen Unternehmen schwer abschätzbar.

 

Mehr zum Thema KI 

Künstliche Intelligenz benötigt viel Energie. Wie die Forschung den Strombedarf senken möchte, lesen Sie hier:

Neuromorphe Chips machen KI nachhaltig

 

Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 15
Ausgabe
15.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de