Exzellence-Modelle helfen festzustellen, wie weit ein Unternehmen von seinem idealen Abbild entfernt ist. Der Sicherheitstechnik-Spezialist Assa Abloy aus Albstadt ist damit zum Marktführer in seiner Sparte avanciert.
Die zunehmende Globalisierung der Märkte bedingt immer mehr, sich von seinen Mitbewerbern zu differenzieren. Dies bezieht sich nicht nur auf die angebotenen Produkte und Dienstleistungen, sondern auch auf die internen Bedingungen für die Mitarbeiter oder das Verhalten gegenüber Lieferanten und Partnern. In diesem Zuge müssen bisher verwendete Kennzahlen um ‚weiche’ Faktoren ergänzt werden, also Daten, die Merkmale beschreiben, die sich nicht objektiv erheben lassen, sondern immer subjektive Informationen enthalten.
Einen gut geeigneten Einstiegspunkt stellen hier vereinfachte Umsetzungen der sogenannten Excellence-Modelle dar, also Methoden, die feststellen helfen, wie weit man vom idealen Abbild seiner Firma entfernt ist. Diese Modelle betrachten neben Produkten, Dienstleistungen und Prozessen auch die Interessen sämtlicher am Unternehmen beteiligter Personen und Einrichtungen. Dieses Vorgehen geht in seiner Betrachtungsweise weit über eine ISO-Zertifizierung hinaus und beinhaltet unter anderem, dass neben der Erfüllung der Kundenbedürfnisse auch die Vorstellungen und Meinungen der Mitarbeiter kontinuierlich erhoben und berücksichtigt werden. Zudem gilt es den Einfluss des Unternehmens auf sein gesellschaftliches Umfeld und damit sein Image als wichtigen Marketingfaktor bewusst zu gestalten. Diese Werte werden regelmäßig überprüft, um zu sehen, in welchen Teilbereichen ein hohes Verbesserungspotenzial besteht, sowie die Nachhaltigkeit der gewählten Ansätze zu messen.
Eines der bekanntesten und verbreitetesten Beispiele für einen solchen Ansatz ist das Exzellenz-Modell der EFQM (European Foundation for Quality Management), welches die Organisation mittels neun miteinander verknüpfter Kriterien betrachtet.
Der EFQM-Ansatz unterscheidet sich nicht zuletzt dadurch deutlich von anderen Methoden, weil eine klare Ableitung aller Prozesse und Kennzahlen von der Strategie der Organisation gefordert und unterstützt wird. Dies erleichtert dann ebenfalls den Einsatz von Scorecards zur Unternehmenssteuerung. Erst diese Kombination – EFQM zur Analyse der Effizienz und Effektivität des Vorgehens sowie Scorecards zur operativen Steuerung – optimiert die Führung einer Organisation.
Übersetzung der Strategie in
Prozesskennzahlen
Jede Organisation kann aufbauend auf ihr Leitbild, ihre Werte oder ihre strategischen Felder oder Ziele eine zwei- bis dreidimensionale Matrix aufbauen. Diese lassen sich in einer Tabelle auflisten und erzeugen so eine Matrix, in der jedem Strategiefeld der Wert einzeln zuordenbar ist. In diese Tabelle lassen sich im nächsten Schritt Schlüsselindikatoren zuordnen, die messbar machen, wie der jeweilige Wert in dem einzelnen Strategiefeld operationalisiert und messbar gemacht werden kann. Anschließend können die existierenden Kern- und Schlüsselprozesse auf diese Matrix gespiegelt werden, um aufzuzeigen, welcher Prozess welche Schlüsselkennzahlen liefert.
Soweit der vereinfachte Denkansatz, dessen Umsetzung in der Realität durch die Assa Abloy Sicherheitstechnik GmbH dargestellt werden soll, die in ihrem Werk auf der Schwäbischen Alb in Albstadt rund 400 Mitarbeiter beschäftigt. Um sich positiv von den rund 160 Schwesterunternehmen innerhalb des internationalen Konzerns mit Stammsitz in Schweden abzusetzen, analysierte die Geschäftsleitung die existierende Konzernstrategie, um hieraus standortspezifische Stärken abzuleiten. Dazu wurden zunächst die standortspezifischen ‚Interessensgruppen’ identifiziert, um in einem zweiten Schritt deren ‚Grundanforderungen’ oder die jeweilige ‚Begeisterungsanforderung’ abzufragen. Anschließend wurden daraus Zieldefinitionen (Zahlen) abgeleitet und diese dann noch einmal mittels einer Befragung der Interessensgruppen validiert.
Die jeweiligen Zielvorgaben wurden bis auf das einzelne Produkt und die jeweils kleinste organisatorische Einheit herunter gebrochen. Diesem Vorgehen ist eine entsprechende Datenstruktur zu Grunde gelegt worden; jedem Artikel wurden die entsprechenden Organisationseinheiten zugeordnet (etwa Abteilung/Bereich/Geschäftsbereich). Somit kann nach allen Kriterien selektiert werden, die das ERP-System bietet (Kunden – Organisations-Bereiche – Monat/Tag/Jahr – Länder – Produkt – Produktgruppen).
In jeder Organisationseinheit wurde ein Online-Infoticker installiert. Diese Leuchtanzeigetafeln visualisieren den aktuellen Status der jeweiligen Organisationseinheit bezogen auf die Termintreue oder die Lieferzeit. Durch die Online-ERP-Anbindung der Infoticker ist ein unmittelbares Feedback ‚Maßnahme – Ergebnis’ vorhanden. Ebenso wird ein gesunder Wettbewerb zwischen den Organisationseinheiten initiiert, da dieses System sehr transparent ist. Alleine dies hat die relevanten Zahlen und Ziele deutlich verbessert.
Die konkrete Umsetzung der strategischen Vorgaben in operative Kennzahlen führte schon kurzfristig zu folgendem Nutzen:
- Ausrichtung der Organisation auf die Strategie
- zielgerichtetes Arbeiten
- Status der einzelnen Bereiche wird transparent
- Benchmark und/oder gesunder Wettbewerb wird initiiert
- unmittelbare Auswirkungen auf die betriebswirtschaftlichen Zahlen
- Interessensgruppe wird ‚begeistert’
- einfache Erfolgsüberwachung
„Langfristig werden wir in Hochlohnländern nur bestehen können, wenn wir unsere Nähe zum Kunden ausspielen, und das geht vor allem über die Faktoren Lieferzeit und Termintreue“, erläutert Werkleiter Norman Wittke. „Jedoch darf dies in einer exzellenten Organisation nicht mit Lagerbeständen erkauft werden, weshalb ein Lagerumschlag von größer 25 ebenfalls ein strategisches Ziel darstellt.“
Als Nebeneffekt dieser Maßnahmen wurden rund 2000 m² Produktionsfläche in Albstadt frei – trotz großzügiger Neugestaltung der Bereiche. Dies erfolgte im Wesentlichen durch zielgerichtetes Arbeiten und eine deutliche Reduzierung des Bestandes – circa 40 % innerhalb von 18 Monaten.
Die dargelegte Vorgehensweise wurde bei Assa Abloy prinzipiell umgesetzt. Gewiss liegen Variationen im Detail, die durch Größe, Art und Struktur der jeweiligen Organisation beeinflusst werden. Das systematische Ableiten von Handlungsparametern und operativen Zielen aus den strategischen Zielen wurde komplett umgesetzt und hat dazu geführt, dass Assa Abloy Marktführer in seinem Bereich geworden ist und diese Position auch schon über Jahre hinweg verteidigen konnte.
C.-Andreas Dalluege Geschäftsführer IBK – Management Solutions GmbH, Wiesbaden
Was die Selbstbewertung bringt
EFQM Excellence-Modell
Das EFQM Excellence-Modell umfasst nicht nur herkömmliche Qualitätskategorien (wie Prozesse oder Kunden), sondern erweitert diese durch strategische Komponenten (wie Führung und Strategie) oder ‚weiche’ Kriterien (wie Mitarbeiter, Gesellschaft oder Partnerschaften). Das Modell wird ständig und unter Einbezug von Erfahrungen aus Industrie, Mittelstand und öffentlicher Verwaltung weiterentwickelt und den komplexen Gegebenheiten des globalen Marktes angepasst.
Die Vorteile der Selbstbewertung nach EFQM sind vielfältig: Sie ist nicht nur völlig unabhängig von Organisationsform, Branche oder Sektor, sondern bietet auch einen klar strukturierten und auf Fakten beruhenden Ansatz sowie eine umfassende, systematische und regelmäßige Überprüfung der Tätigkeiten und Ergebnisse. Außerdem ermöglicht sie zielführende Aussagen über den Reifegrad, die Stärken und die Verbesserungspotenziale der Organisation und schult die Mitarbeiter, die Grundkonzepte und Rahmenbedingungen zu managen und zu verbessern. Zudem zeigt die Selbstbewertung nach EFQM auf, welche Verantwortlichkeiten wie zusammenhängen und integriert die verschiedenen Verbesserungsinitiativen in das normale Betriebsgeschehen. Last but not least erleichtert sie den Vergleich mit anderen, ähnlichen oder auch unterschiedlichen Organisationen und ermöglicht es, so genannte ‚Gute Praxis’ in einer Organisation zu identifizieren und allgemein anzuwenden.
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