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Baguettes unterm Messer

Teigschneidanlage für zehn verschiedene Gebäcke
Baguettes unterm Messer

Das Schneiden von Teiglingen ist eine eintönige und belastende Tätigkeit, die auf den Rücken geht. EEP Maschinenbau aus dem österreichischen Zeiselmauer hat die Aufgabe auf einem technisch hohen Niveau automatisiert und ist mit der Lösung auf Platz zwei beim Robotics Award 2013 gelandet.

„Die Grundüberlegung bei unserem Konzept war, das manuelle Schneiden durch einen Roboter zu ersetzen“, so EEP-Geschäftsführer Walter Petz. Die Aufgabenstellung bestand darin, zehn verschiedene Teiglingsgrößen und Varianten mit einer Anlage zu schneiden, ohne dass dabei der Anwender umrüsten muss. Die Teiglinge werden dabei manuell nach dem Formen auf das Backblech gelegt. Je nach Größe passen zwischen 10 und 20 Backwaren auf ein Blech. Daraus ergeben sich 10 bis 40 Schnittvarianten pro Backblech. Die Teiglinge werden zunächst durch einen Gärofen gefahren und können dadurch je nach Teigzusammensetzung und Verweildauer im Ofen unterschiedlich stark aufgehen. Wegen der manuellen Platzierung liegen die einzelnen Teiglinge in verschiedenen Positionen auf dem Blech und unterscheiden sich zudem in der Höhe. Die Spezialisten von EEP mussten daher zunächst ein Bildverarbeitungs-System entwickeln, mit der die Lage der Teiglinge auf dem Blech erkannt wird. Zudem waren Durchmesser und Höhe der Teile zu ermitteln, um dem Roboter die exakte Schnittposition vorzugeben zu können.

Gelöst wurde das Problem mit zwei Farbkameras. Das erste Modell ist mit einer weißen LED-Auflichtbeleuchtung im Blitzlichtbetrieb zentral positioniert und erkennt die Position der Teiglinge auf dem Backblech. Die zweite Kamera wurde von den Spezialisten in einem Winkel von 45 Grad montiert und ermittelt über eine quer über das Backblech projizierte Laserlinie im Tracking-Verfahren die Höhenkontur der Teiglinge. Walter Petz ist sich sicher: „Technologisch arbeiten wir in dieser Anwendung auf dem höchsten Stand der Bilderkennung.“ Das Kamerasystem und der eingesetzte Roboter kommunizieren über eine Ethernet-Schnittstelle. Auf diese Weise werden die ermittelten Positionsdaten an die Robotersteuerung weitergegeben.
Nach der Vermessung stoppt das Blech unter dem Roboter und der Schneidvorgang wird gestartet. Die Zeit für 40 Schnitte pro Blech liegt bei rund 6,5 s. Als Schneidroboter kommt der Delta-Roboter YF003N von Kawasaki zum Einsatz. Das Modell besitzt vier Achsen, hat eine maximale Reichweite von 1300 mm und einen Höhenreichwert von maximal 500 mm. Das maximale Beladegewicht für diesen Robotertyp beträgt 3 kg. Die Maschine wird dabei von einem E40-Controller gesteuert, der für vier Achsen ausgelegt ist. Optional lassen sich mit der Technik auch 16 Achsen managen. Standardmäßig bietet der Controller jeweils 32 Ein- und Ausgänge für die Ansteuerung von Peripherie. Eine Erweiterung auf maximal 128 Ein- und Ausgänge ist möglich. Ein Touchpanel mit Not-Aus-Stopp, ein Teachschalter sowie eine Tot-Mann-Schaltung erleichtern dem Anwender die Bedienung des Roboters.
Als Schneideinrichtung wählten die Entwickler aus Österreich ein Ultraschallmesser, das auf der vierten Achse des Roboters befestigt ist. Bei der vierten Achse handelt es sich um eine Drehachse, die sich um volle 360 Grad bewegen kann. Deswegen lassen sich praktisch jede denkbare Messerstellungen und in Folge beliebige Schnittmuster realisieren. Das Ultraschall-Schneiden ist ein technisches Verfahren, mit dem sich Material ohne Druck bearbeiten lässt. Dadurch lassen sich Lebensmittel schneiden, ohne dass dabei eine Verformung stattfindet, wie das bei einem normalen Messer der Fall wäre. Zu den Vorteilen der Ultraschall-Technik gehören schnelle und variable Schnitte, saubere Schnittoberflächen und reduzierte Stillstands-Zeiten, die für das Reinigen des Messers eingeplant werden müssen.
Das Ultraschall-Messer schwingt je nach Anwendung mit 20, 30 oder 40 kHz. Dies führt zu einer minimalen Oberflächenreibung zwischen Produkt und Messer. Darüber hinaus ist keine Oberflächenbeschichtung des Werkzeugs notwendig. „Und es bleiben auch keine Produktreste an der Messeroberfläche kleben“, betont Geschäftsführer Petz. Trotzdem wird nach jeder Schnittfolge das Messer gereinigt. Und ein Lasersensor überprüft die Schneide auf Bruch.
Laut Walter Petz arbeitet die Anlage so gut wie wartungsfrei. Beim Wechsel von einem Gebäcktyp auf einen anderen muss der Anwender nichts umrüsten. „Mit unserer Lösung konnten wir sehr stupide und eintönige Arbeitsabläufe reduzieren“, so Petz. „Außerdem wird das Gebäck in stehender und leicht vorgebeugter Haltung geschnitten, was körperlich sehr belastend ist.“ Durch die Lösung von EEP konnte die Qualität der Schnitte im Vergleich zum manuellen Verfahren verbessert und gleichzeitig der Output nahezu verdoppelt werden. Als Hauptabsatzmarkt sieht Petz den gesamten europäischen Raum. Hauptanwender seien Unternehmen aus der Lebensmittelbranche und hier speziell die Hersteller von Backwaren. Allerdings konnten die Österreicher bei der Entwicklung des Systems viel Erfahrung sammeln. „Unsere Kombination aus Bildverarbeitung und Robotik lässt sich sicher auch in anderen Industriezweigen erfolgreich einsetzen“, ist sich Petz sicher.
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