Startseite » Themen » Robotik »

Daten ganz entspannt vor der Sportschau überspielen

Offline-Programmierung von Robotern senkt Stillstandszeiten
Daten ganz entspannt vor der Sportschau überspielen

Industrieroboter offline zu programmieren, spart Kosten und Zeit. Diese Vorteile lassen sich noch weiter verbessern, wie Gräff Robotics zeigt. Die Troisdorfer verknüpfen eigene Programme mit der Software Robot-Studio von ABB.

Rafiq Iqbal ist Business Developer im Competence Center Products der ABB Flexible Automation GmbH in Friedberg

An Qualität, Flexibilität und extrem kurzen Umrüstzeiten im Bereich der Roboterprogrammierung kommen wir künftig nicht vorbei“, prognostiziert Karl Heinz Gräff. „Vor allem wegen der steigenden Modellvielfalt in der Automobilindustrie und der immer kleineren Fertigungsserien.“ Der Geschäftsführer der Gräff Robotics GmbH in Troisdorf muss es wissen. Schließlich ist er seit 1991 in der Roboterprogrammierung aktiv und leitet heute ein Dienstleistungsunternehmen mit 14 Mitarbeitern. Zu seinen Kunden gehören Daimler-Chrysler, Ford und Opel ebenso wie namhafte Anlagenbauer in Deutschland und Europa.
Für den rheinischen Programmierspezialisten „ist die Offline-Programmierung mit Abstand die beste Strategie, um Anlagenänderungen ohne teure Unterbrechung der Produktion sicher und schnell auf den Weg zu bringen“. Kaum ein Unternehmen könne es sich in Zukunft noch leisten, eine Fertigungslinie wochenlang still zu legen, wenn etwa ein Produktwechsel und damit verbundene Umprogrammierungen anstünden.
Seine Überzeugung setzt der Experte erfolgreich im Betrieb um – und stützt sich auf die Programmier- und Simulationssoftware Robot-Studio der Friedberger ABB Flexible Automation GmbH. Das Tools, hebt Gräff hervor, verkürze die Projektierungszeit deutlich. Zudem sinke das finanzielle wie auch zeitliche Risiko, weil einzelne Projektschritte parallel ablaufen. So lassen sich Roboterprogramme entwickeln und in der 3D-Simulation zielsicher optimieren – ohne die reale Anlage in Betrieb genommen zu haben. Im Falle einer Umprogrammierung, etwa wegen eines Serienwechsels oder im Servicefall, wird die Produktion nicht gestört.
„Mit der Software“, sagt Karl Heinz Gräff, „können wir uns im Büro darauf vorbereiten, was am Wochenende beim Kunden geändert werden soll.“ Die Änderungen werden mehrmals in der Woche am Bildschirm getestet und am Wochenende bei ruhender Anlage in die Robotersteuerung kopiert und kalibriert.
Zeitersparnis und Terminsicherheit, hebt der Troisdorfer Programmierer hervor, seien immens. Wurden früher oftmals drei Wochenenden beim Kunden an der stillgelegten Fertigungslinie aufgewendet, reichen heute einige Tage Büroarbeit und ein Samstag zum Einspielen der Daten: Zur Sportschau sind die Mitarbeiter wieder zu Hause. Zudem sei die Arbeit kostengünstiger und effizienter, als wenn Mitarbeiter an Wochentagen beim Kunden agierten. Gleichzeitig steigt nach Gräffs Erfahrung die Qualität der Programmierung, denn das Projekt steht nicht so sehr unter Zeitdruck, und es kann ohne störende Einflüsse aus dem Fertigungsumfeld programmiert werden. Außerdem: Wenn eine Fertigungsanlage mit Drei-Schicht-Betrieb fünf Tage steht, fallen 15 Schichten aus – kein Pappenstiel.
„Die Programmier- und Visualisierungsmöglichkeiten in Robot-Studio ermöglichen es uns auch, mechanische Konstruktionen darauf zu testen, ob ein Projekt überhaupt realisierbar ist“, präzisiert Karl Heinz Gräff. „Denn diese Konstruktionen werden oft von dritter Hand vorgenommen.“ Wenn auftretende Probleme schon im Büro festgestellt würden, sei vor Ort noch keine Änderung vorgenommen – was ebenfalls Zeit- und Kostenvorteile bringe. „Die Inbetriebnahme“, verdeutlicht der Geschäftsführer, „liegt kritisch nah am Zeitpunkt des Produktionsstarts.“ Träten dann noch Schwierigkeiten auf, würde es sehr teuer.
Aktuell programmiert das Troisdorfer Unternehmen für einen Kunden offline 49 ABB-Roboter vom Typ S4C plus für Punktschweiss-, Handling- und Klebeapplikationen. „Die Inbetriebnahme der Software pro Roboter dauert nur noch einen Tag. Früher waren es mindestens fünf“, freut sich der Firmenchef.
Software könnte bei Kunststoff-Verarbeitunggenutzt werden
Der Erfolg hat Gründe. „Wir haben etliche eigene Anwendungsprogramme entwickelt, die unter anderem per API-Schnittstelle mit Robot-Studio verknüpft sind und sich optimal in die Software integrieren. In diesen Programmen steckt unsere ganze Erfahrung“, betont Karl Heinz Gräff. So spürt das Software-Tool Autolock automatisch Kollisionsgefahren zwischen Robotern auf. Was früher zwei Stunden dauerte, sei heute in fünf Minuten erledigt. Das Tool Spot-Controller wiederum simuliert die Schweißsteuerung und ermöglicht es, ein Programm aus der Fertigungslinie in Robot-Studio zu laden und dort in einer Simulationsumgebung agieren zu lassen, die der realen Umgebung entspricht.
Diese Programme sind von Gräff Robotics entwickelte Algorithmen, welche mit den Befehlen, die Robot-Studio zur Verfügung stellt, kombiniert werden. Geht es zum Beispiel um die ideale Roboterpositionierung zur kollisionsfreien Erreichbarkeit aller Arbeitspunkte, sind verschiedenste Konfigurationen und Parameter zu beachten und zu berechnen. Dann werden wiederholt Arbeitsschritte mit veränderten Voraussetzungen durchgeführt. Ein Vorgang, den die rheinischen Programmierexperten automatisiert haben. „Einmal eingestellt, läuft Robot-Studio über zwei bis drei Stunden, und man bekommt eine riesige Menge an Daten zurück.“ So ließe sich in kürzester Zeit die beste Position herausfinden – und das, ohne dass sich menschliche Flüchtigkeitsfehler einschlichen.
Die selbst entwickelten Zusatzprogramme halten die Spezifikationen der Automobilindustrie ein – ein Punkt, der immens wichtig ist. Auf diese Weise seien Abweichungen vom Standard gegenüber dem Programmieren von Hand quasi ausgeschlossen.
Mit ihrer Kombination aus eigener und ABB-Software sehen sich die Rheinländer in einer konkurrenzlosen Vorreiterrolle: „Die Doppelstrategie erschließt der Roboterprogrammierung eine neue Leistungsdimension und öffnet das Tor zu neuen Märkten“, resümiert Karl Heinz Gräff. So kann er sich sehr gut vorstellen, dass seine Software-Entwicklungen beispielsweise auch bei der Verarbeitung von Kunststoffen genutzt werden können.
Nicht mehr lange dauern soll es auch, bis die oft langwierigen Reisen zum Kunden der Vergangenheit angehören. „Der Durchbruch kommt in den nächsten Jahren. Bis dahin ist ein Großteil der Unternehmen bereit, ihre Roboter zu vernetzen und uns per Datenübertragung die Möglichkeit zu geben, die Steuerung zu programmieren“, glaubt Manager Gräff.
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de