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„Die Zukunft gehört der Mechatronik“

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„Die Zukunft gehört der Mechatronik“

„Die Zukunft gehört der Mechatronik“
Rainer Blickle, Geschäfts- führender Gesellschafter von SEW-Eurodrive: „Wir dürfen nicht auf dem hohen Ross sitzen und sagen: Wir haben die Zukunft schon in der Tasche.“
Getriebemotoren brachten SEW-Eurodrive den Erfolg, Elektronik sichert ihn heute, für die kommenden Jahren gesellt sich die Software dazu. Für den Gesellschafter Rainer Blickle ist das ein Grund zum Stolz. Dennoch hat gerade Deutschland den zukünftigen Erfolg noch nicht für sich gebucht.

Das Gespräch führte unser Redaktionsmitglied Dr. Birgit Oppermann

Herr Blickle, Sie führen das Unternehmen seit 1989. Worauf sind Sie besonders stolz?
Als mein Bruder und ich uns 1989 entschieden, das Erbe anzutreten und das Unternehmen gemeinsam zu leiten, war das eine schwierige Entscheidung. Heute bin ich stolz darauf, dass es weitergegangen ist, dass SEW so erfolgreich ist und unsere Philosophie weiterlebt. Das ist natürlich nicht allein mein Verdienst: Allein schaffen Sie gar nichts. Aber ich habe immer Menschen gefunden, die mitmachen. Und nach 75 erfolgreichen Jahren werden wir dieses Jahr feierlich begehen.
Sind inhabergeführte Mittelständler auf Dauer erfolgreicher als Betriebe, in denen internationale Investoren den Kurs vorgeben?
Ob Inhaber oder Investor: Alle Unternehmen haben das gleiche Ziel, nämlich Profit zu generieren. Wenn Inhaber präsent sind, die eine gewisse Richtung vorgeben, die ihre Mitarbeiter fordern, ihnen aber auch Freiheiten lassen, herrscht vielleicht ein anderer Geist im Unternehmen. Man muss schließlich langfristig denken und hat auch die soziale Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern. Gerade in Deutschland gibt es jedoch – Gott sei Dank – noch viele inhabergeführte Unternehmen, die eine riesige Bedeutung auf dem Weltmarkt haben.
Wie wichtig ist der Standort Deutschland?
Der Standort Deutschland muss erhalten bleiben. Es wird nicht funktionieren, wenn wir hier nur entwickeln, wir müssen weiterhin auch hier produzieren.
Was schätzen Sie an Deutschland?
Wir sind seit 1931 in Deutschland aktiv, haben unsere Zentrale und Verwaltung hier, die Entwicklung und Teile der Produktion. Hier finden wir gut ausgebildete Menschen und eine gute Infrastruktur. Frustrierend ist allerdings die Diskussion um die Arbeitszeit. Gewerkschaften und Arbeitgeber haben doch die gleichen Daten darüber, was das Ausland macht. Wir haben hohe Löhne. Wenn wir die beibehalten, kann man mehr Arbeitszeit akzeptieren. Andere Nationen wollen und können Deutschland überholen. Da dürfen wir nicht auf dem hohen Ross sitzen und sagen: Wir haben die Zukunft schon in der Tasche.
Apropos Zukunft: In welchem Segment der Antriebstechnik sehen Sie die größten Wachstumschancen?
Groß geworden sind wir im elektromechanischen Bereich, mit den Getriebemotoren. Weil wir seit Jahren die Elektronik stark forcieren, verdienen wir inzwischen damit Geld – auch wenn das am Anfang nicht so war und eine Menge Arbeit mit sich brachte. Ohne die Produktpalette Elektronik könnten wir heute nicht bestehen. Für die Zukunft ist Mechatronik der Trend. Daran arbeiten unsere Entwickler, auch wenn das vielleicht noch nicht so bekannt ist, weil viele Projekte noch im Prototypenstadium sind.
Woran orientiert sich Ihre Produktentwicklung vor allem?
Unsere Mitarbeiter im weltweiten Vertrieb nehmen Wünsche der Anwender auf – wir sind aber auch selbst aktiv und entwickeln Produkte, die noch kein Kunde gefordert hat. Abgesehen von den technischen Möglichkeiten zählt für uns natürlich, wie günstig sich ein Produkt fertigen lässt. Denn der internationale Wettbewerb hat den Preisdruck erheblich gesteigert.
Wie beeinflussen Entwicklungen in Osteuropa oder Asien Ihre Internationalisierungsstrategie?
Wir sind zum Beispiel in China seit elf Jahren aktiv und gut aufgestellt. Dort gibt es viele gut ausgebildete Ingenieure und die oft angesprochene Piraterie. Dagegen können wir nur Zeichen setzen und tun das auch. An der Auslegung des Patentrechtes in Asien wird das aber nichts ändern. Im Übrigen wollen die Ingenieure dort ohnehin nicht nur Produkte kopieren, sondern ihre eigenen Wege gehen. Dazu sind sie sehr wohl in der Lage, und das ist die eigentliche Herausforderung für alle Unternehmen hier.
Welche Rolle spielt Indien in Ihrer Planung?
Ich wage zu bezweifeln, dass Indien in den nächsten fünf oder sechs Jahren die gleiche Entwicklung durchläuft wie China, obwohl dort große Anstrengungen unternommen werden. So oder so ist Indien für uns interessant, und wir werden unsere Aktivitäten dort verstärken.
Treffen Sie Ihre Kunden auf internationalen Messen in Deutschland?
Die Bedeutung internationaler Messen in Deutschland geht zurück. Natürlich suchen die Veranstalter nach Wegen, die Kapazitäten auszulasten und die Messen attraktiv zu machen. Eine kürzere Dauer beispielsweise senkt die Kosten sowohl für die Aussteller als auch für Unternehmen, deren Mitarbeiter als Besucher kommen. Letztlich aber gibt es in Deutschland zu viele Messen. Wir selektieren daher sehr stark, wo wir ausstellen. Regionale Branchenmessen sind sehr interessant. Unsere internationalen Kunden müssen wir allerdings auf lange Sicht in deren Land treffen.
Ihre Kunden sprechen Sie auch mit den erweiterten Fortbildungsmöglichkeiten der Drive Academy an. Ist das ein neues Geschäftsfeld für SEW?
Die Drive Academy bedeutet eine Menge Aufwand und erfordert viel Know-how – das können wir nicht kostenlos anbieten. Dennoch ist dieser Bereich kein neues Geschäftsfeld für uns. Die Fortbildung unserer Mitarbeiter an der Academy ist für uns deshalb so wichtig, weil sie weltweit den Kontakt zu Kunden verbessert und Vertrauen in das Know-how und die Produkte bringt.
Wofür steht SEW in zehn Jahren ?
Wir haben eine Spitzenposition erreicht und werden als Marktführer angesehen. Es ist unsere tägliche Herausforderung, diese Position zu halten – als Antriebstechnik-Hersteller. Eine Riesenpalette wie große Automatisierungshersteller anzubieten, ist nicht unser Ziel.

SEW-Eurodrive: Früchte der Arbeit von 75 Jahren

Was Ernst Blickle und seine Nachfolger aus der Geschäftsidee des Gründers gemacht haben, zeigt der Überblick.
Mitarbeiter:
Über 10 000 weltweit, davon rund ein Drittel in Deutschland, etwa 20 % aller Mitarbeiter sind Ingenieure
Umsatz:
Rund 1,4 Mrd. Euro im Geschäftsjahr 2005/2006, etwa 10 % davon für F+E
Produkte:
Das Spektrum der Antriebsautomatisierung plus Engineering/Dienstleistungen
Niederlassungen:
Elf Fertigungs- und 59 Montagewerke in 44 Ländern, Fertigung in Deutschland, Frankreich, Brasilien, USA, Finnland, China und Russland
Ernst-Blickle-Stiftung:
Seit 1989 fördert die von Edeltraut Blickle, der Ehefrau von Ernst Blickle, gegründete Stiftung wissenschaftliche Arbeiten aus Management und Technik. Technische Themen kommen aus der grundlagen- und anwendungsorientierten Forschung zur Antriebstechnik oder der Steuerung von Produktionsabläufen mit Hilfe der Elektronik.
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