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Kunde, sag‘ mir wo die Mängel sind!

Reklamationen: Härtetest in der Kundenbeziehung nutzen
Kunde, sag‘ mir wo die Mängel sind!

Wer den Grund einer Störung kennt, kann die Ursache beseitigen und Fehler vermeiden. Die Beschwerden enttäuschter Kunden bieten sich als einfache und effiziente Methode an, um Mängeln auf den Grund zu gehen. Wer sie erfasst und über die Lieferkette analysiert, kann daraus unternehmensübergreifende Verbesserungen ableiten.

Dipl.-Ing. Susanne Schlehenbecker ist Mitarbeiterin der Plaut Consulting GmbH in München-Ismaning

Kundenorientierung wird bei fast jedem Unternehmen als oberste Priorität eingestuft. Es fehlen jedoch oft die Werkzeuge und durchgängigen Prozesse, um diesen guten Vorsatz während der Dauer einer Kundenbeziehung durchzuhalten. Unternehmen aus der Investitionsgüterindustrie reagieren heutzutage bei Reklamationen – dem Härtetest einer Kundenbeziehung – meist sehr kulant, um den wertvollen Abnehmer nicht zu verlieren.
Aber die mit der Reklamation verbundenen Vorgänge bestehen meistens aus Einzelaktionen; die Prozesse sind umständlich sowie uneinheitlich. Enttäuschte Kunden treffen dann auf ungeschulte Mitarbeiter, die irgendwie den passenden Ansprechpartner für das Kundenproblem finden müssen. Sie verfügen meist nicht über die notwendigen Kompetenzen, um den Vorgang zügig und für den Abnehmer zufrieden stellend abzuschließen.
Dabei lassen sich Beschwerden als Werkzeug einsetzen, um die Qualität von Produkten und Leistungen entlang der gesamten Lieferkette zu steigern. Gutes Beschwerdemanagement beschränkt sich nicht darauf, eine Rechnung zu kürzen oder kostenlos nachzuliefern. Es betrachtet den Reklamationsfall ganzheitlich mit Ursachen und Wirkung auf das gesamte Unternehmen.
Der erste Schritt, um ein Beschwerdemanagement einzuführen, besteht darin, den bisherigen Reklamationsablauf mit einer Checkliste zu erfassen. Dabei wird nicht nur analysiert, ob und wie Geschäftspartner – Zulieferer, Spediteure und Kunden – in den Prozess eingebunden sind und wie unternehmensübergreifende Ursachen gehandhabt werden. Die Fragen lassen auch erkennen, welche Bedeutung die Führungsebene und die Angestellten den Kundenbeschwerden beimessen: Wie werden Reklamationsbearbeiter unterstützt, wie behandeln sie die Beschwerde, und wie transparent ist deren Abwicklung für den Kunden?
Ist der bisherige Ablauf detailliert erfasst und analysiert, gilt es, ein Ziel zu definieren. Zu den wichtigsten Zielen zählt: Jeder unzufriedene Kunde soll sich beschweren! Idealerweise gibt der Kunde zu jeder Lieferung oder Rechnung eine Stellungnahme ab, beispielsweise per Fragebogen. Finanzielle Anreize erhöhen die Bereitschaft der Abnehmer, an der Umfrage teilzunehmen. Es lohnt sich, hat die Erfahrung gezeigt: Je mehr Rückmeldungen das Unternehmen erhält, desto genauer lassen sich Aussagen über Kundenwünsche und Marktanforderungen treffen.
Sobald der Änderungsbedarf erkannt und das Ziel definiert ist, gilt es, die Prozesse zu optimieren und neue Abläufe im ERP-System – zum Beispiel SAP R/3 – , und im Unternehmen einzuführen. Der Fokus des gesamten Betriebs vom Vorstand bis zum Auszubildenden muss auf den Kunden ausgerichtet sein. Diese tiefgreifende Anpassung kann nur durch gezieltes Änderungsmanagement erreicht werden. Von Anfang an muss das Management die Angestellten über die Änderungen informieren und durch eine gute Informationspolitik zur Mitarbeit motivieren.
Um die Kundenreklamationen zu verwalten, bietet sich eine zentrale Anlaufstelle für alle Beschwerden an. Die Mitglieder dieses neuen Teams erhalten Kompetenzen und Kenntnisse, um den Abnehmern Service und Wiedergutmachung anzubieten. Die neuen Abläufe und optimierten Prozesse enthalten auf die Produktpalette des Unternehmens abgestimmte Reklamationsgründe für aussagekräftige Analysen. Damit kann das Beschwerde-Team eine zügige Abwicklung der Reklamation im eigenen Unternehmen und bei den Lieferanten gewährleisten.
So informieren die Beschwerde-Profis beispielsweise den Vorgesetzen, wenn eine Fachabteilung Fristen überschreitet. Lieferanten, die innerhalb einer Frist nicht reagieren, werden in der Beurteilung abgestuft. Dem Kunden müssen alle Beschwerdewege offen stehen: Telefon, E-Mail oder Internet. Das Team erfasst und ergänzt die Reklamation. Ein definierter Arbeitsablauf initiiert und verteilt die folgenden Aufgaben automatisch an Sachbearbeiter oder Lieferanten. So werden Retouren- und Nachlieferungen, Gutschriften oder Reparaturaufträge angestoßen und überprüft. Die Abteilungen melden an das Beschwerde-Team, wenn die Reklamation abgewickelt ist.
Alle bearbeiteten Fälle werden an ein Statistik- oder Data-Warehouse(DW)-System wie SAP BW übergeben. Daneben können auch Wartungsberichte der eigenen Monteure, Inspektionsergebnisse der Vertragswerkstätten oder Qualitätskontrollen der Zulieferer herangezogen werden. Mit Hilfe dieser im Statistiksystem gesammelten Daten lassen sich Aussagen über die eigene Qualität, die Qualität der Lieferanten und den Wert des Kunden treffen.
Wer zudem Folgeprozesse (Rück- und Nachlieferung, Reparatur, Gutschrift) erfasst, kann den Aufwand bei der Reklamationsabwicklung bewerten. So lassen sich nicht nur die Einmalkosten ermitteln, die durch Umstrukturierung und Implementierung der neuen Prozesse entstanden sind, sondern auch die laufenden Kosten. Diese Daten kann der Betrieb den Erlösen gegenüberstellen, die mit Bestellungen von Kunden erzielt werden, die sich in der Vergangenheit beschwert hatten.
Permanente Fehleranalyse und Ursachenforschung identifizieren außerdem Schwachstellen im Ablauf: von der Erzeugung der Rohstoffe bis zum Verkauf der Fertigware. Dieses Wissen bildet die Basis, um Prozesse in den Bereichen Produktion, Vertrieb und Transport zu überarbeiten. So könnten Auswertungsergebnisse erkennen lassen, dass der Kunde gar kein wertvoller Kunde ist oder der Lieferant trotz Ermahnungen immer noch keine bessere Qualität liefert.
Ein gut durchorganisiertes Beschwerdemanagement erhöht also nicht nur die Kundenzufriedenheit, sondern steigert noch die Kundentreue. Als nützlichen Nebeneffekt gewinnt das Unternehmen aus den Reklamationsauswertungen die Möglichkeit, seine Abläufe zu optimieren, somit seinen Kunden einen besseren Service und eine höhere Qualität zu bieten.
Zentrale Anlaufstelle kümmert sich um Kundenprobleme
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