Die neue Disziplin Mikroverfahrenstechnik könnte die Herstellung teurer Produkte effizienter machen und wird sogar für die Produktion großer Stoffmengen diskutiert. Ohne die Erfahrungen aus der Mikrosystemtechnik aber läuft nichts.
Erst kamen Mechanik und Fluidik, jetzt ist die Verfahrenstechnik dran: Seit Konstrukteure und Produktionsfachleute die Mikrosystemtechnik in den Griff bekommen und kleinste Strukturen herstellen können, profitieren auch Betreiber chemischerProzesse vom Fortschritt. Denn je kleiner die Reaktionsbehälter sind, desto größer ist das Verhältnis von Oberfläche zu Volumen, und desto besser lassen sich Reaktionsbedingungen wie beispielsweise Temperaturgradienten kontrollieren. Das entscheidet bei manchen chemischen Reaktionen über die Ausbeute oder auch das Auftreten unerwünschter oder gar gefährlicher Nebenprodukte.
Noch findet die Mikroverfahrenstechnik – von Insidern µVT abgekürzt – keine breite Anwendung in der Industrie. Eine Reihe von Forschungsinstituten sowie große Chemie- und Pharmaunternehmen haben aber bereits begonnen, deren Möglichkeiten in Projekten auszuloten. Derzeit sehen sie im Groben drei Einsatzbereiche:
- Miniaturisierte Labors ermöglichen die schnelle Analyse kleinster Stoffmengen (Lab on a chip).
- An miniaturisierten Anlagen lassen sich Prozesse besser verstehen und optimieren.
- Mikroeinheiten werden parallel geschaltet, um unter günstigen Bedingungen große Mengen eines Stoffes herzustellen – wobei die Prozessentwickler noch an Strategien arbeiten, mit denen sich Fluide entsprechend verteilen lassen.
Am Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT) in Pfinztal beispielsweise haben Forscher in Mikroreaktoren Naphthalin nitriert. Bei dieser Reaktion wird sehr viel Wärme frei, die in Anwesenheit der aggressiven Chemikalien unter üblichen Bedingungen zu Explosionen führen würde. Die Pfinztaler aber erzielten eine gute Ausbeute und eine hohe Selektivität. Die Reaktion läuft hier in gläsernen Mikroreaktoren der Mainzer Mikroglas Chemtech GmbH ab, die sich gut für den Kontakt mit aggressiven Chemikalien eignen.
Ähnliche Arbeiten laufen am Institut für Mikrotechnik Mainz GmbH (IMM), wo im Mikroreaktor aromatische Verbindungen direkt fluoriert werden. Wie sich diese Technologie zur Produktion von Fein-, Spezial- und Massenchemikalien nutzen lässt, wollen die Mainzer zukünftig in Kooperation mit Experten der chinesischen Xi´an Huian Chemical Industrie Group untersuchen. Auf 15 kg Nitroglyzerin pro Stunde, das höchst rein als Medikament eingesetzt wird, bringen es die Mikroreaktor-Anlagen in China bereits.
Die Homepage der Industrieplattform Mikroverfahrenstechnik gibt einen Überblick darüber, was in Deutschland in Sachen µVT läuft. op www.microchemtec.de
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