Es ist Mittwochmorgen gegen elf Uhr. Am Donnerstag wird der Industrieanzeiger gedruckt. Bis er bei Ihnen auf dem Tisch liegt, kann manches schon wieder anders sein. Ob Martin Winterkorn dann noch VW-Chef ist, ist eher eine Randnotiz. Viel gravierender ist der Generalverdacht, der auf die deutschen Automobilbauer und Zulieferer fällt. Dieser Schaden kann erheblich größer sein als die Kosten für Rückrufe von bis zu elf Millionen Fahrzeugen, von Strafzahlungen und Entschädigungen. Der Verdacht der Manipulation droht auf die gesamte Branche überzugreifen. Für Fahrzeuge mit dem Gütesiegel „Made“ oder „Designed in Germany“ ein Super-GAU.
Ob die Software, die beim Abgastest Ergebnisse verfälscht, nun der Bequemlichkeit der Käufer geschuldet war, der Rendite, oder ob VW sich den realitätsnäheren Prüfzyklen in den USA – verglichen mit denen der EU – einfach nicht stellen wollte, geschenkt. Es ist Betrug am Kunden, an den vielen ehrlichen VW-Mitarbeitern, an der Gesellschaft. Vorsätzlich. Diesbezüglich sollte die EU schleunigst realitätsnähere Prüfzyklen vorschreiben, ohne den Einfluss der Lobbyisten. Und gleich auch noch ehrlichere Prüfzyklen vorgeben, was den Benzinverbrauch betrifft.
Man mag den Kopf schütteln ob so viel Chuzpe. Anstatt Autos zu bauen, die Grenzwerte einhalten, investiert man Know-how und Geld in Software, um Umweltbehörden und Kunden auszutricksen. Und egal ob das VW-Management davon wusste oder nicht, es ist dafür verantwortlich. Mit allen Konsequenzen. Zumal man eineinhalb Jahre Zeit hatte, um auf die Fragen der US-Behörde zu reagieren. Man zog jedoch vor zu taktieren, bis es nicht mehr ging. Entsprechend hart reagiert man jetzt. Zu Recht. Hoffentlich trifft es aber auch nur diejenigen, die die Verantwortung dafür tragen. Und nicht die Branche per se. •
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