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„Engpassorientierte Methoden erfordern ein Umdenken um 180 Grad“

SCM-Chefberater Dr. Matthias Michael, IBM, zur Auslastung von Unternehmensressourcen
„Engpassorientierte Methoden erfordern ein Umdenken um 180 Grad“

„Engpassorientierte Methoden erfordern ein Umdenken um 180 Grad“
Dr. Matthias Michael ist Principal (Chefberater) für die Themen Supply Chain Management (SCM), Product Lifecycle Management (PLM) und Automotive mit Sitz in Hannover. Angesiedelt sind diese Bereiche im Industrial Sector von IBM Business Consulting Services
Supply Chain Management (SCM) stößt auch im Mittelstand zunehmend auf Interesse. Was Firmenchefs die Feinplanungsmethode bringt und wie sie die Einführung angehen sollten, sagt Dr. Matthias Michael, bei IBM Deutschland Chefberater für dieses Thema.

Das Gespräch führte unser Redaktionsmitglied Dietmar Kieser – dietmar.kieser@konradin.de

Herr Dr. Michael, was bewegt einen mittelständischen Produzenten, seine Wertschöpfungskette mit SCM-Tools effektiver zu gestalten?
Wenn es um ein SCM-Projekt geht, dann ist dies für den mittelständischen Unternehmer von hoher strategischer Bedeutung. In der Regel setzt er bereits ein oder mehrere PPS-Systeme ein, ist also mit der Problematik Produktionsplanung und MRP vertraut. Doch zufrieden ist er häufig nicht damit. Bestände bauen sich auf, die Kapazitäten sind schwer planbar, neue und effiziente Produktionsanlagen bringen keine Entlastung, und Liefertermine geraten immer wieder in Gefahr. Bei der Suche nach neuen Wegen kommt dann das Supply Chain Management in Zusammenhang mit der Produktion ins Gespräch. Aber das Thema ist sehr breit und betrifft das Unternehmen in seiner Gesamtheit und über Firmengrenzen hinweg. Dabei werden die einzelnen Wertschöpfungsstufen einschließlich der Logistik von den Lieferanten zu den Kunden betrachtet.
Also jenes Integrationskonzept, das dank E-Business dem Begriff SCM zum Durchbruch verholfen hat?
Richtig. Doch um ein unternehmensübergreifendes Projekt anzugehen, müssen zuerst die Hausaufgaben erledigt werden, also die internen Abläufe optimiert, Daten geordnet und Potenziale gehoben werden, die im Unternehmen brach liegen. Einige Mittelständler sind mit den internen Projekten auch schon sehr weit, weil sie erkannt haben, dass dort viel Geld vergraben ist.
Welchen Vorteil haben SCM-Tools gegenüber PPS-Systemen?
PPS-Systeme führen nach wie vor die Stammdaten und steuern die Produktion. Doch als Planungsinstrument versagen sie dann, wenn Material und Ressourcen schnell und gleichzeitig optimiert werden müssen. Die neuen Tools, wie die unseres Kooperationspartners i2 Technologies, sind mit ihren Berechnungsalgorithmen so optimiert, dass sie Planungsergebnisse in kurzer Zeit auch bei sehr großen Datenmengen liefern. Dadurch kann der Anwender, falls erforderlich, mehrmals täglich planen und seinem Kunden die gewünschte Auskunft erteilen …
… und so dem Ziel, die Durchlaufzeiten zu reduzieren, näher kommen?
Dies hat sich beispielsweise der Anlagenbauer Krones aus Neutraubling mit unserer Unterstützung vorgenommen. Die Franken sehen einen großen Wettbewerbsvorteil darin, dass sie im Markt der Getränkeabfüllanlagen mit kürzeren Lieferzeiten die Nase vorn haben. Das ist die Zielsetzung des Projekts, zugleich sollen Turbulenzen reduziert werden, die durch Störgrößen verursacht werden. Um schnell reagieren zu können, ist eine sehr enge Verflechtung mit den Lieferanten erforderlich. Mit SCM-Tools schaffen wir ihnen Schnittstellen, damit sie sehr frühzeitig über die Situation in der Krones-Produktion im Bilde sind. Dadurch erhalten die Zulieferer immer den genauen Termin für ihren Nachschub – egal ob früher oder später als zuvor geplant. In einem ersten Schritt helfen wir, ein Projektplanungssystem bei Krones einzuführen. Diese Software hilft, die Terminverfolgung in den Griff zu bekommen und die Projektlaufzeiten zu reduzieren. Im zweiten Schritt werden die Lieferanten über die Unternehmensgrenzen hinweg integriert.
Wie sollte ein Mittelständler vorgehen, der sich für SCM interessiert?
Anfangs gilt es, das Ziel zu definieren. Möchte das Unternehmen organisch wachsen oder durch Zukäufe Betriebe integrieren? Sollen neue Märkte erschlossen werden oder neue Produkte, die man in der Pipeline hat, erfolgreich eingeführt werden? Da jedes Unternehmen individuelle Anforderungen hat, kommen wir nicht mit einem Patentrezept. Sonst müssten wir Dinge behaupten, die nicht abgesichert wären. Auf alle Fälle sollte sich der Firmenchef nicht zu schnell in etwas hineinstürzen, was ihm nachher möglicherweise eher schadet als nützt. Oft wird etwa eine Software gekauft, ohne daran zu denken, dass die Einführung auch Kosten verursacht. Im Gegensatz dazu liefern wir unseren Kunden Werte und weisen das auch im Vorfeld nach. Erst wenn darüber Konsens besteht, geht es in die Umsetzung.
Scheitert deshalb so manches SCM-Projekt bei der Einführung?
Engpassorientierte Planungsmethoden wie SCM verlangen von den Unternehmen ein Umdenken um 180 Grad. Was heißt das? Bisher ist ein Produktionsleiter dafür verantwortlich, dass die Kapazitäten in seinem Werk ausgelastet sind. Damit sich die Maschinen amortisieren, laufen sie Tag und Nacht. Jetzt kommt in Gestalt von SCM die Engpass-Steuerung. Sie besagt, dass der Engpass im Unternehmen den Takt angibt, alle anderen Bereiche in dieser Wertschöpfungskette arbeiten synchron zu den Engpässen. Dies kann in einzelnen Bereichen dazu führen, dass Kapazitäten nur etwa zu 50 Prozent ausgelastet sind. Läuft eine solche Kapazität dennoch mit 100 Prozent, werden Bestände produziert. Die Folge: Das Unternehmen kommt seinem Ziel, die Bestände zu reduzieren, nicht näher. Das muss man erst einmal in die Köpfe hineinbringen, dass eine wirtschaftliche Produktion nicht immer zu 100 Prozent ausgelastet sein muss.
Also ist der Mittelständler selbst mit dafür verantwortlich, dass er eine mittelstandstaugliche Lösung bekommt?
So ist es. Eine solche Systemlösung erhält er, wenn er bereit ist, die Arbeit zu leisten, die mit diesem Umdenkprozess verbunden ist. Erfolgreichen Unternehmen wie etwa Krones fällt die Veränderung leichter als jenen Firmen, die in althergebrachten Gleisen fahren. Letztere betrachten Supply Chain Management als reine IT-Lösung. In Wirklichkeit ist es aber eine Methode, um Wettbewerbsvorteile durch verbesserte Unternehmensleistung zu erzielen, die durch Informationstechnologie lediglich unterstützt wird.
Allianz für den Mehrwert
Anwendungen im SCM-Bereich bietet IBM Deutschland zusammen mit Softwarepartnern wie SAP, i2 Technologies, Wassermann oder Synquest. Diese Lösungen können mittelständische Unternehmen beim computergestützten Optimieren ihrer Wertschöpfungsketten unterstützen.
Jüngster Beratungskunde ist die Krones AG aus Neutraubling. Der Marktführer für Getränkeabfüll- und Verpackungsanlagen soll nach Projektschluss in der Lage sein, die Durchlaufzeiten in der Produktion zu verkürzen und den Durchsatz zu steigern, gleichzeitig wird der Bestand reduziert.
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