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„In zwanzig Jahren wollen wir schließlich auch noch Geschäft haben“

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„In zwanzig Jahren wollen wir schließlich auch noch Geschäft haben“

„In zwanzig Jahren wollen wir schließlich auch noch Geschäft haben“
Geschäftsführer Rudi Hutt (Bild: Industrieanzeiger): „Wir kämpfen gegen die asiatische Konkurrenz, da müssen wir neue Systeme einsetzen und das Optimum herausholen.“ Die Bildverarbeitung ist aus der industriellen Automatisierung nicht mehr wegzudenken. Obwohl die Technik noch sehr jung ist, hat sie sich längst als Schlüsseltechnologie etabliert. Machine-Vision wird in Zukunft nicht nur in der Industrie zu finden sein, sondern nahezu alle Felder des Alltags durchdringen (Bild: Addi-Data)
Auch wenn die Steigerungsraten in der industriellen Bildverarbeitung nachlassen, sehen Marktbeobachter in Deutschland noch reichlich Potenzial für weiteres Wachstum. Derzeit nimmt die Vision-Branche kleine und mittlere Maschinenbaufirmen ins Visier.

Von unserem Redaktionsmitglied Uwe Böttger uwe.boettger@konradin.de

Glaubt man einer Umfrage des VDMA, Fachverband Robotik und Automation, dann soll der Gesamtumsatz der industriellen Bildverarbeitung in 2005 im Vergleich zum Vorjahr um die Hälfte sinken. Würde die Prognose zutreffen, wäre immer noch eine Steigerungsrate von 7 % zu verzeichnen. Viele Branchen rieben sich die Hände, wenn sie ein solches Wachstum in der heutigen Zeit nur annähernd erreichen würden.
Kein Industriezweig hat in den letzten zehn Jahren einen so rasanten Höhenflug hingelegt wie Machine-Vision. Steigerungsraten weit über 10 % waren normal. Auch wenn in diesem Jahr das Wachstum erstmals in der Geschichte der Bildverarbeitung nicht mehr zweistellig ausfallen wird, ist das nach Ansicht von Dr. Norbert Stein, Geschäftsführer der Vitronic GmbH in Wiesbaden, kein Anlass zur Sorge. „Mit der Bildverarbeitung geht es jetzt erst richtig los“, weiß der Vision-Experte zu berichten. „Ein enormes Potenzial liegt vor allem im mittelständischen Maschinenbau.“
Das Unternehmen Rudi Hutt Maschinenbau im schwäbischen Winterbach ist hierfür ein typischer Vertreter. Das im malerischen Remstal angesiedelte Familienunternehmen beschäftigt 90 Mitarbeiter und setzte im letzten Geschäftsjahr 15 Mio. Euro um. Die Firma entwickelt und produziert seit 1966 Montageautomaten und Längstaktmaschinen. Die Anlagen von Hutt montieren, dekorieren, prüfen und bearbeiten Dutzende von Einzelteilen zu einem fertigen Produkt. Zu den Kunden zählen unter anderem die Schreibgeräte-, Medizin- und Automobilbranche. „Bei uns ist jede Maschine individuell auf den Anwender zugeschnitten“, versichert Firmengründer und Geschäftsführer Rudi Hutt.
Bei einem Teil der Sondermaschinen müssen während der Montage Prüfungen durchgeführt werden, um die Qualität des Endprodukts zu sichern – zum Beispiel bei einem Automaten, der aus mehreren Einzelteilen einen Kugelschreiber zusammensetzt. An einer definierten Stelle im Prozess muss gecheckt werden, ob sich in der Kugelschreiberspitze eine dieser winzigen Kügelchen befindet, die mit dem bloßen Auge gerade noch zu erkennen sind. Der Durchmesser liegt bei etwa 0,5 mm. Fehlt das Kügelchen, ist das Endprodukt wertlos. In der Vergangenheit wurde die Prüfung mechanisch mit einem Taster durchgeführt. Mittlerweile fordert der Kunde mehr Komfort bei der Qualitätssicherung. Er will zum Beispiel einen PC an das System anschließen und die Prüfungen komfortabel dokumentieren können. Zudem kamen die mechanischen Taster den steigenden Taktraten nicht mehr hinterher. Die Lösung des Problems war ein abgespecktes Bildverarbeitungs-System, ein so genannter Vision-Sensor, der bei der Montage der Kugelschreiber prüft, ob sich ein Kügelchen in der Spitze befindet oder nicht. Gemessen wird auf sechs Bahnen mit einer Geschwindigkeit von 160 Prüfungen pro Minute. „Wir kämpfen gegen die asiatische Konkurrenz, da dürfen wir nicht schlafen“, versichert Rudi Hutt. „Wir müssen neue Systeme einsetzen, neue Wege gehen und das Optimum herausholen.“
Rudi Hutt suchte sich als Bildverarbeitungs-Partner die Omron Electronics GmbH aus, die eine Niederlassung im nicht weit entfernten Nufringen besitzt. Die räumliche Nähe zu Winterbach war allerdings nicht ausschlaggebend. Vielmehr hatte Omron bereits einen guten Eindruck als Steuerungslieferant bei dem Maschinenbauer hinterlassen. Was Rudi Hutt brauchte, war eine bezahlbare und vor allem einfach zu bedienende Lösung. „Wir können nicht davon ausgehen, dass ausschließlich Ingenieure unsere Maschinen bedienen“, weiß Hutt.
Die Wahl fiel auf das Produkt ZFV, einen skalierbaren, intelligenten Vision-Sensor mit integriertem LCD-Monitor für die Einrichtung und Rückmeldung im Betrieb. Im Gerät sind mehrere Funktionalitäten hinterlegt, die jeweils für eine bestimmte Prüfaufgabe zugeschnitten sind. Die Auswahl geschieht per Tastendruck. Auch die Beleuchtung, eigentlich der komplizierteste Teil einer Vision-Lösung, kann der Maschinenbediener auf die gleiche Weise einstellen. Später im Prozess misst der Vision-Sensor die Länge der Kugelschreiberspitze. Befindet sich kein Kügelchen an der Spitze, ist der Prüfling um etwa 0,1 mm kürzer als mit einem Kügelchen. Der Sensor erkennt den Fehler, und das Teil wird aussortiert.
Rudi Hutt und vor allem seine Kunden sind mit der Lösung zufrieden. Ein Spezialist von Omron musste einmal die Grundeinstellung des Vision-Sensors demonstrieren, danach kamen die Mitarbeiter von Rudi Hutt allein damit klar. „An Bildverarbeitung kommen wir nicht vorbei“, fasst Hutt zusammen. „Schließlich wollen wir auch in zwanzig Jahren noch Geschäft haben.“
Bei Rudi Hutt in Winterbach ersetzt der Vison-Sensor einen konventionellen Messtaster, wodurch die automatiserte Prüfung schneller und komfortabler wurde. Es gibt aber auch Anwendungen, bei denen eine automatische Prüfung durch die Bildverarbeitung erst möglich wurde, wo es zuvor also keine Messmethode gab. Paradebeispiel ist das Prüfen von Schweißnähten. Während das automatische Schweißen längst Stand der Technik ist, werden die Ergebnisse meist von einem Mitarbeiter in Augenschein genommen. Diese manuelle Sichtprüfung ist in hohem Maße abhängig von der Tagesform des Angestellten und liefert letzendlich keine Aussage über die Nahtqualität.
Die Vitronic GmbH mit Sitz in Wiesbaden hat sich mit diesem Problem intensiv beschäftigt. Herausgekommen ist dabei das Produkt Virowsi. Das System ermöglicht nicht nur eine Hundert-Prozent-Prüfung, sondern liefert zudem konkrete Aussagen zur Nahtqualität. Hierfür wird ein dreidimensionales Profil der Naht erstellt, das anschließend nach vorgegebenen Kriterien ausgewertet wird: Unmittelbar nach dem Schweißprozess projiziert ein Laser eine Linie auf den Prüfbereich. Eine Kamera nimmt den Verlauf der Linie auf. Der angeschlossene Auswerterechner erstellt aus dem Winkel zwischen Kamera, Laser und dem Verlauf der Lichtlinie ein Höhenprofil des Objekts. Durch Verschieben des Sensors entsteht scheibchenweise ein 3D-Bild der Schweißnaht-Oberfläche. Die Datenleitung zwischen Kamera und Rechner ist aus Gründen der Störsicherheit in Lichtwellenleiter-Technik realisiert.
Sei es Nahtvolumen, Nahtanbindung, Perlenkontrolle, Löcher oder Oberflächenporen – während der Prüfung kommen selbst kleinste Fehler ans Licht. Eine automatisch mitgeführte Protokolldatei dokumentiert alle Fehlerarten, Fehlerpositionen und Fehlerhäufigkeiten. Mit den gewonnenen Statistiken lassen sich über einen definierten Zeitraum Rückschlüsse auf den Schweißprozess ziehen, der auf diese Art schrittweise optimiert werden kann. Die ermittelten Daten sind schließlich eine Basis für die automatische Nacharbeit. Das System klassifiziert Fehlerstellen und zeigt detailliert Position und Art des Fehlers auf. Mit diesen Informationen kann der Betreiber entscheiden, ob Nacharbeit möglich ist oder Ausschuss produziert wurde.
Vision-Sensor ersetzt koventionellen Mess-Taster
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