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Klein, fein und mit dem Zeug zur Mikrobearbeitung harter Teile

Vertikales Highspeed-Fräszentrum Makino V22
Klein, fein und mit dem Zeug zur Mikrobearbeitung harter Teile

Mit Toleranzen im Tausendstelbereich und spiegelblanken Werkstückflächen treibt die V22 den Standard im Highspeed-Cutting ein weiteres Stück höher. Damit greift das Fräszentrum des Makino-Konzerns auch auf das klassische Gebiet der Erodiertechnik über.

Von Chefreporter Wolfgang Filì chefreporter@fili.net

Mancher Erfolg kommt unverhofft. Anderer ist pingelig geplant. Bei der V22 ist letzteres der Fall, aber auch für die Zukunft will der Hersteller des smarten Highspeed-Fräszentrums nichts der Fügung überlassen. Denn die Maschine gehört zu einer Baureihe, von der in den vergangenen zehn Jahren bereits über 4600 Einheiten ausgeliefert worden sind. Und solche Zahlen verpflichten.
Dezember 2003 hatte die Makino Milling Machine Company die V22 erstmals auf ihren japanischen Hausmessen gezeigt und mit knackigen Praxisbeispielen gleich klar gemacht, in welchem Segment man sich breit zu machen gedenke – nämlich im Werkzeug- und Formenbau sowie zusätzlich in der Mikro- und Hochpräzisionszerspanung. 2004 folgte die Vorstellung in Europa. Seitdem wurden über 250 V22 gebaut. Mittelfristig, also bis Ende des Jahrzehnts, soll es dann je eine verkaufte Einheit pro Tag sein.
Aus Sicht von Anders Ingemarsson – seines Zeichens Geschäftsführer der in Hamburg ansässigen Makino Europe GmbH und zuständig für den Vertrieb der V22 in der EU – sind solche Pläne nur realistisch. Die Maschine bediene einen dynamisch wachsenden Markt, erklärt er. „Typische Teile, bei denen sie mit ihrer Präzision und Oberflächengüte Wettbewerbsvorteile verschafft, sind Gehäuse-Formen für mobile Kommunikationsgeräte, sind Stecker für die Elektronikindustrie, Linsen in der medizintechnischen Branche oder auch Formen für die Herstellung von Kunststoff- und Porzellanzähnen“, erklärt der promovierte Physiker. Ebenfalls erfolgreich sei die V22 in der Bearbeitung komplexer und äußerst filigraner Teile.
In der Tat ist das kleinste bislang auf der Maschine eingesetzte Werkzeug ein Fräser mit 0,03 mm Durchmesser und das feinste gefertigte Teil die Form für ein Spritzgusszahnrad mit knapp einem Millionstel Gramm Masse: Das Kunststoffteilchen hatte gerade mal 0,14 mm Durchmesser.
Insoweit hätten V22-Anwender die Möglichkeit, sich auch ohne zusätzliche Investition in neuen Geschäftsfeldern wie der Mikrotechnik und der Bearbeitung von Strukturen im Tausendstel-Millimeter-Bereich zu etablieren, fährt Ingemarsson fort. Als garantierte Präzision am Werkstück nennt er 0,005 mm. In manchen Fällen habe die Abweichung auch 0,002 mm unterschritten. Die größten auf der V22 bearbeitbaren Teile mäßen 300 mm x 300 mm x 300 mm – unterhalb dieses Formats sei allerdings so gut wie alles möglich.
Tatsächlich wird gehärteter Stahl bis 65 HRC auf der V22 zerspant. Zwar lasse sich auch Material bis 72 HRC bearbeiten, gleichwohl schwächelten hier bislang noch die Präzisionswerkzeuge. Auch insoweit, betont der Makino-Chef, sei der Anwender auf der sicheren Seite. Und er setzt nach: Weil die Maschine per Fräsen bis zu Ra 0,2 µm glatte Flächen ohne Absatz und Muster erziele, so wie dies sonst nur über Nacharbeitung möglich sei, werde das Senk-erodieren in manchen Fällen entbehrlich. Makino vermarktet dieses Merkmal der V22 als so genannten ‚direct cut’.
Die Verfahrwege der V22 betragen 320 mm in der X-Achse sowie 280 mm in Y- und 300 mm in Z-Richtung. Dabei bewegen sich die Lineareinheiten bei voller Wegnutzung nie über das Maschinenbett hinaus. Alle Achsen sind mit einer besonderen Vibrationsdämpfung ausgestattet. Ein integrierter Dreh- und Schwenktisch macht die Bearbeitung in fünf Freiheitsgraden möglich.
Die Arbeitsspindel wurde im eigenen Haus designed und liefert ein nutzbares Drehzahlband zwischen 400 und maximal 40 000 min-1. Sie gilt als Herzstück der Maschine. Die ebenfalls von Makino entwickelte Spindelkern-Kühlung bietet zwei zusätzliche Vorteile: So zirkuliert zum einen Schmierstoff in entsprechender Temperatur durch das Innere der rotierenden Spindel und kühlt diese intern. Zum anderen schmiert das durch die Spindel fließende Öl unmittelbar die Innenseite der Lager. Das Ergebnis ist sowohl eine höhere Präzision und Festigkeit als auch die Möglichkeit zur beschleunigten Bearbeitung – Zeit ist schließlich bares Geld. So ist konstantes Zerspanen auch bei hoher Drehzahl und harten Werkstoffen möglich, ohne dass die Spindeleinheit dabei unzulässig beansprucht wird.
Weil beim Schlichten mit verschiedenen Fräsern zwangsläufig winzige Unebenheiten zwischen den einzelnen Ansätzen entstehen, bietet Makino das automatische Messen der Werkzeuglängen an. Per Kombination aus sensiblem Kontaktsystem und berührungslosem Sensor werden die Maße der Tools erfasst, die Position der Werkzeugspitzen protokolliert und im NC-Programm berücksichtigt. Das Resultat sind nahezu perfekt geschlichtete, völlig absatzfreie Werkstückoberflächen. Ihre Fertigungspräzision erreicht die V22 insofern auch mit Hilfe der Steuerung. Die Pro5 von Fanuc erreicht Dank vorausschauender Funktionen und Nano-Interpolation zur Ansteuerung der digital geregelten AC-Servomotoren in allen Linearachsen filigrane Konturen und reproduzierbare Maßtoleranzen. Dadurch können auch hoch komplizierte Muster mit schnellem Vorschub gefräst werden. Das Bedienpult mit Farbbildschirm ist um 180° schwenkbar. Alle manuellen Befehle sind logisch-intuitiv strukturiert. Dadurch wird Fehlbedienung weitgehend vermieden.
Mit Hilfe automatischer Werkstückwechsler bearbeitet das HSC-Fräszentrum auch gemischte Teilespektren. Dabei hat der Anwender stets die Wahl, wie und bis zu welchem Grad er die Maschine denn automatisieren will. Makino bietet die entsprechende Werkstückver- und Entsorgung sowohl mit eigenen Komponenten an als auch mit Bausteinen weiterer Hersteller wie 3R oder Erowa.
Wo sich der Einsatz der Maschine erklärtermaßen nicht rechnet, kann Ingemarsson wesentlich knapper erklären. Dort nämlich, wo es vorwiegend um die Fertigung kleiner Teile gehe, bei denen die Präzision eine untergeordnete Rolle spielt. Oder anders ausgedrückt: wo der Einsatz der V22 nicht mehr als ein teurer Spaß wäre. Denn die Preise der Maschine reichen von 200 000 Euro für die dreiachsige Basisversion bis hin zu rund 400 000 Euro für die fünfachsige Ausführung mit Automation, Graphitspezifikation, umfassender Software, Magazin für Tools und Teile sowie Zubehör wie etwa einer Werkstück-Waschpistole, Sonderlackierung, Absaugung für Kühlmittelnebel oder automatischem Feuerlöscher.
Die Support- und Entwicklungskraft hinter der V22 ist beachtlich. Makino zählt zu den zehn größten Herstellern spanender und abtragender Werkzeugmaschinen weltweit und beschäftigt 2900 Mitarbeiter. Und betrug der Konzernumsatz im Geschäftsjahr 1994/1995 noch 280 Mio. Euro, lag er 2004/2005 bereits bei 780 Mio. Euro. An weiterem Vorankommen in Richtung der Milliardenmarke wird gearbeitet.
Die Beschäftigtenzahl in Europa liegt um 200. Zentrale dieses spziellen Makino-Markts ist Hamburg. Parallel betreibt das Unternehmen Beratungs- und Technologie-Zentren im süddeutschen Kirchheim unter Teck sowie Mailand, Paris und Prag. Die 15 Technologie-Fachleute, die im schwäbischen Kirchheim ausschließlich für den Bereich Formenbau zuständig sind, betreuen die Anwender der V22 und anderer Maschinen der V-Serie wie auch solche von Senk- und Drahterodiersystemen. Damit steht dem Kunden eine Art Rundum-Sorglos-Paket zur Verfügung, auf das er jederzeit zurückgreifen kann. Der Erfolg solcher Kundendienste ist durchaus planbar. Auch, wenn der Aufwand dazu beträchtlich ist.

Form für Video/Handy-Gehäuse

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Links stehende Form für das Gehäuse eines Video/Handy-Geräts wurde auf der V22 in 5 h und 46 min bearbeitet. Das Stahlteil (52 HRC Härte) wurde mit verschiedenen Werkzeugen vor- und fertiggefräst. Ohne Nachbearbeitung weist die 100 mm x 65 mm x 20 mm große Form keinerlei Rillen oder Werkzeugeingriffstellen auf. Die Tabelle rechts zeigt die Bearbeitungsschritte der einzelnen Tools.
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