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Kleine Extras mit großer Wirkung als Ausweg aus dem Preiskampf

Marketing: Mehrwertorientierte Strategien sind in den Betrieben auf dem Vormarsch
Kleine Extras mit großer Wirkung als Ausweg aus dem Preiskampf

Unternehmen, die ihren Vertrieb auf den Kundennutzen ausrichten, sind erfolgreicher, zeigen Studien. Das mehrwertorientierte Marketing gilt für viele als Königsweg, um aus dem Preiskampf auszubrechen.

Von unserem Redaktionsmitglied Tilman Vögele-Ebering tilman.voegele@konradin.de

Die schlechten Zeiten zeigen Wirkung: Kaum ein Unternehmer, der nicht offen über den Preiskampf klagt. Kaum ein Unternehmer, der sich nicht Konkurrenten aus dem Ausland gegenüber sieht, die kostengünstiger produzieren. In einer Preisschlacht haben viele deutsche Investitionsgüterhersteller mit ihren hohen Kosten schlechte Karten.
Ein Teil der Probleme ist hausgemacht. Beim Marketing ist die deutsche Vorzeigebranche Maschinenbau lange nicht so innovativ wie bei den Produkten, zeigt eine Studie des Instituts für marktorientierte Unternehmensführung (IMU) in Mannheim. Die deutschen Industrieunternehmen setzen im Vertrieb nach wie vor mehr auf Qualität und Preis anstatt auf die laut Umfragen zugkräftigeren Argumente Schnelligkeit und Service.
„Unternehmen, deren Marketing sich am Kundennutzen orientiert, sind erfolgreicher“, sagt Dr. Nikolas Beutin, Geschäftsführer der Mannheimer Managementberatung Prof. Homburg und Partner, die gemeinsam mit dem IMU die Studie erhoben hat. Die Probleme in den Marketingabteilungen: Kosten und Preise stehen mehr im Vordergrund als der tatsächliche Nutzen für den Kunden, den es gewinnbringend zu verkaufen gilt.
Als Königsweg, um dem Preiskampf zu entkommen, gelten verstärkt so genannte mehrwertorientierte Marketingansätze. Dies sind Strategien, um den Abnehmern Lösungen anzubieten, für deren Mehrwert sie gerne bereit sind, Geld zu bezahlen. Ein Bündel aus Produkt plus Zusatznutzen hebt das Unternehmen von den Angeboten der Konkurrenten ab.
„Das mehrwertorientierte Marketing hat in unserem Haus einen hohen Stellenwert“, bestätigt beispielsweise Andreas Bauer, Leiter der Abteilung Strategisches Marketing bei der Kuka Roboter GmbH in Augsburg. Das Unternehmen hat herausgefunden, was seinen Kunden neben Qualität und High Tech wirklich wichtig ist: die Nähe zum Servicepersonal, zur nächsten Niederlassung mit Ersatzteilen, zu Schulungen und zur Beratung. Folge: Der Roboterhersteller hat bundesweit Niederlassungen aufgebaut und trägt diese Botschaft in den Markt. Kuka setzt darauf, durch die Partnerschaft mit Systemintegratoren branchenspezifische Komplettlösungen anbieten zu können. „Wir bauen selbst keine Roboterzellen“, verdeutlicht Marketing-Profi Bauer die Strategie, „Kuka konzentriert sich auf seine Kernkompetenzen.“
Doch so ein Konzept kann nur überzeugen, wenn den Werbeversprechen Taten folgen. So stelle „das Vertrauen in die Marke Kuka einen unbezifferbaren Mehrwert für unsere Kunden“ dar, erläutert Marketingmann Bauer. Wenn die Roboter der Augsburger im aktuellen James Bond-Film oder in Filmen wie Tomb Raider zu sehen sind, haben sich die Marketing-Strategen einiges dabei gedacht – obwohl solche Aktionen auf den ersten Blick einem Investitionsgüterhersteller wenig bringen sollten. Bauer: „Wir sammeln dort Erfahrungen, die wir an unsere Kunden weitergeben.“ So ist der Fahrgeschäftsroboter namens Robocoaster – während der Hannover Messe 2002 auf allen Fernsehkanälen zu sehen und mittlerweile in einigen Freizeitparks im Einsatz – mehr als ein Werbegag: Der Roboter ist zugelassen, um Personen zu befördern. Dies demonstriere den Industriekunden „höchste Sicherheit und Zuverlässigkeit – ein weiterer Mehrwert“, erläutert der Kuka-Manager.
In den Unternehmen, die sich mit dem Thema Kundenorientierung auseinandersetzen, ist die Botschaft angekommen. „Mehrwertorientierte Marketingansätze werden in Zukunft eine immer größere Rolle spielen“, hat Prof. Dr. Marco Schmäh von der European School of Business in Reutlingen festgestellt. Er verweist auf das Ergebnis einer empirischen Erhebung seines Lehrstuhls auf der letztjährigen CRM Expo in Köln. Bei der Messe für Customer Relationship Management waren knapp 94 % der Befragten der Meinung, dass das so genannte Value Based Selling – der mehrwertorientierte Verkauf – in Zukunft eine große bis sehr große Bedeutung haben wird. Die heutige Bedeutung wurde nur von 62 % der Befragten als sehr groß oder groß eingeschätzt. Laut der noch unveröffentlichten Arbeit des Lehrstuhls für Marketing und E-Commerce der ESB gelten als die wichtigsten Vorteile mehrwertorientierter Ansätze größere Kundenzufriedenheit, bessere Kundenbindung, steigende Umsätze und eine einfachere Neukunden-Gewinnung.
Das Erfolgsrezept bei der Verkaufsmethode ist es, dem Kunden in jeder Phase des Marketing-Prozesses den individuellen Mehrwert zu verdeutlichen. Mit guten Argumenten kann der Anbieter dann aus der klassischen Preiskalkulation nach dem Motto „Kosten plus“ ausbrechen. Der Vertrieb muss den Wandel vom so genannten Feature Selling zum Benefit Selling vollziehen, rät die Managementberatung Prof. Homburg und Partner. Der typische deutsche Investitionsgüterverkäufer hält sich meist an technische Leistungsdaten. Ein Output von über 1000 Teilen in der Stunde lässt sich leichter argumentieren, als den tatsächlichen Nutzen für den Abnehmer zu bestimmen: beispielsweise die Produktionszeiten um einen bestimmten Prozentsatz zu verkürzen.
Dort kommt das Customer Relationship Management (CRM) ins Spiel. Nur wer seine Kunden und ihre Wünsche kennt, kann eine Paketlösung mit Mehrwert anbieten, für die der Abnehmer Geld auf den Tisch legt, ohne auf den Preis zu schauen. Die CRM-Idee folgt mit Hilfe von Datenbank und Software dem Ideal des Tante-Emma-Ladens: Die Chefin kennt alle Kunden und ihre individuellen Wünsche. Sie weiß, wer wann den Laden betritt, um etwas Bestimmtes zu kaufen.
Um den Abnehmern das gewisse Extra zu bieten, gibt es mehrere Möglichkeiten: Produktvarianten, produktbegleitende Dienstleistungen oder Value-added-Services sind im Investitionsgütergeschäft auf dem Vormarsch. Auch eine Marke, das Branding, kann einen Mehrwert darstellen.
Der schwedische Werkzeughersteller Sandvik Coromant mit deutschem Hauptsitz in Düsseldorf setzt zum Beispiel konsequent darauf, seine Produkte mit begleitenden Leistungen von der Konkurrenz abzuheben. „Der Kunde erwartet ganzheitliche Lösungen, die auch das Umfeld der Zerspanungswerkzeuge berücksichtigen“, verdeutlicht Thomas Köpfle, verantwortlich für den Bereich Erweiteres Service-Angebot (ESA) bei Coromant.
Produktbegleitende Leistungen werden immer bedeutender, ist sich Köpfle sicher. So hat sich der Werkzeugspezialist als „Produktivitätspartner“ für die Industrie positioniert. Oberstes Ziel ist es, die Produktivität des Kunden zu steigern. Schulungen bis hinunter auf die Werker-Ebene gehören beispielsweise zum Leistungsangebot, damit der Kunde die Werkzeuge optimal einzusetzen lernt.
Mit einem neuen Angebot betritt Sandvik Coromant nun sogar das Feld der Unternehmensberatung: Eine Consulting-Leistung namens Pro Win soll dem Industriebetrieb helfen, das Toolmanagement zu optimieren. Das Paket besteht aus mehreren Bausteinen: Lieferantenvielfalt und Artikel reduzieren, Werkstücke und Teilefamilien ganzheitlich begutachten; Werkzeugausgabesysteme zum Controlling und KVP gehören ebenfalls dazu. Das Modell zeigt bei den ersten Kunden schon Erfolg. Allein dadurch, dass die Artikelvielfalt reduziert wird, können die Werkzeugspezialisten nach eigener Aussage Einsparungen von 30 % erreichen.
Solche Services rechnen sich laut Köpfle, wenn sie „im Rahmen einer Partnerschaft betrachtet werden, die für beide Seiten von Vorteil ist“. Dass das Unternehmen durch solche Dienstleistungen seine Kernkompetenz verlässt, befürchtet er nicht. Alle Services hätten mit Zerspanungswerkzeugen zu tun, die zum Know-how des Unternehmens gehören, das es über Jahrzehnte in allen Branchen gesammelt hat. „Dieses Wissen wird nun gezielter eingesetzt“, erläutert Köpfle, „und wir möchten es unseren Kunden als das ‚Little Extra‘ anbieten, um die gemeinsamen Ziele zu erreichen.“
Kosten und Preise stehen mehr im Vordergund als der Kundennutzen
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