Den industriellen IT-Systemen steht ein Paradigmenwechsel ins Haus. Der Trend geht weg von isolierten Systemen hin zur horizontalen und vertikalen Vernetzung aller Bereiche.
Sonja Hübner ist freie Journalistin in Stuttgart
Werden im Unternehmen alle Produktionsmaschinen künftig durchgängig mit den IT-Systemen der Planungsebene kommunizieren? Und wenn ja wie? Bringt die Internet-Technologie auch für den Automatisierungsbereich die große Integration? Dieses Themenspektrum diskutierten Experten auf den 2. Software Architecture Days der Karlsruher Xcc Software AG. Die Bedeutung von Java, Corba und XML in der industriellen Informationstechnik stand im Mittelpunkt der Veranstaltung.
Schon heute tauschen alle Unternehmensbereiche elektronisch Informationen aus. „Doch die verschiedenen IT-Verfahren“, bemängelt Tom Jell, Senior Berater im Münchner Best Practice Center der Siemens Business Services (SBS), „sind überhaupt nicht oder handgestrickt miteinander verbunden.“ Betrachtet man die produktbezogenen Informationen, dann ist von Integration keine Spur.
Die Folge: Redundante und inkonsistente Daten lassen sich nur unter großem Zeit- und Kostenaufwand vereinheitlichen. Die Unternehmensabläufe sind dadurch nicht transparent genug für alle Prozessbeteiligten, kommunizieren sie doch bestenfalls halbautomatisch miteinander. Die gegenseitige Beschaffung von Informationen aus Entwicklung, Konstruktion, Fertigung, Vertrieb und Planung ist mühsam, die Reaktionszeiten sind lang.
Das Problem: Immer kürzere Produktzyklen, schnellere Lieferzeiten, weltweit verteilte Entwicklungs- und Produktionsprozesse und sich schnell ändernde Unternehmensverbünde lassen sich so nicht erfolgreich bewältigen. Aus technischer Sicht stehen der Integration der Steuerungs- und Planungsebenen ihre unterschiedlichen Konzepte zur Informationsverarbeitung im Weg. „Maschinensteuerungen arbeiten ereignisbasiert unter Echtzeitbe- dingungen und sind nicht standardisiert. Dagegen hat es der Produktionsplaner mit standardisierten, transaktionsbasierten Systemen zu tun, die keine Echtzeitfähigkeit zeigen“, betont Xcc-Softwarespezialist Christian Popp. Größtes Hindernis für die vertikale Integration ist das Manko an Standardschnittstellen, die Maschinensteuerungen und Planungsebene miteinander verbinden.
Licht am Ende des Tunnels sieht Teja Ulrich, Berater bei ARC Advisory Group. „Die Netzwerktechnologie Ethernet und das Internet-Übertragungsprotokoll TCP/IP setzen sich für industrielle Anwendungen zunehmend durch. Auch softwareseitig zeichnet sich ein Trend in Richtung PC-Standards ab.“
Speziell für Windows-basierte Anwendungen hat sich zur Spezifizierung von Schnittstellen OPC (OLE for Process Control) durchgesetzt. Der Softwarebus basiert auf der Kommunikations-Middleware COM (Component Object Model) oder DCOM (Distributed Component Object Model) für Netzwerke. Als Standardschnittstelle macht OPC den Einsatz spezieller Treiber überflüssig. Dadurch hat der Anwender letztlich freie Wahl bei Software- und Hardwarekomponenten. Vor allem vereinfacht sich der Datenaustausch zwischen ihnen. Ebenfalls auf COM- und ActiveX-Technologie gründet sich das Architekturkonzept DNA (Distributed Internet Arcitecture) von Microsoft. Mit Blick auf die Verbreitung der Technik meint ARC-Berater Ulrich: „Der OPC-Standard hat die Microsoft-Plattform zur DNA for Manufacturing erweitert und genießt in der Automatisierungstechnik zur Zeit breite Unterstützung.“
Ein weiterer Ansatz ist Embedded Corba (Common Object Request Broker Architecture) und das Corba-Komponentenmodell CCM. Auf die Java/Corba-Plattform setzt eine Reihe bedeutender Hersteller, bietet sie doch unter anderem Vorteile durch ihre Nähe zu den Internet-Technologien. Auf Geräteebene stehen sich MS Universal Plug & Play und Jini von Sun oder Chai von Hewlett-Packard gegenüber.
Nach Auffassung der Experten spielt beim Wandel zur vertikal integrierten Unternehmensstruktur die Internet-Datenbeschreibungssprache XML (Extensible Markup Language) eine entscheidende Rolle. Auf sie stützen sich denn auch die meisten der genannten Architekturkonzepte. „Wenn wir erfasste Daten weiterverarbeiten sollen, ist XML überall die geeignete Basis“, erläutert Tom Jell. Nach Einschätzung des Siemens-Beraters wird XML ähnlich wie bereits Java in breitem Umfang in die Automatisierungstechnik Einzug halten.
Teilen: