Die alte Präsenzkultur in den Unternehmen ist ein Auslaufmodell. Verfallsdatum überschritten. Die Zeiten, in denen vor allem belohnt wird, wer am längsten im Büro hockt, sind vorbei. Spätestens seit Ausbruch der Corona-Pandemie.
Die Ära des Homeoffice ist eingeläutet. Aus der Not wurde es ein Modell, an dem viele Firmen festhalten wollen. Auch die Mitarbeiter sehen die Entwicklung überwiegend positiv. Es gibt da nur ein Problem: Wo fängt die Arbeit zu Hause eigentlich an? Und wann hört sie auf? Diesen Konflikt hatten viele Menschen schon vor Corona, wenn sie das Büro selbst im Bett nicht losgeworden sind. Das Ganze wird nicht einfacher, wenn jetzt auch noch die physische Trennung zwischen Dienst und Feierabend verschwindet. Ich spreche da aus eigener Erfahrung, weil ich seit April vorwiegend zu Hause arbeite. Oft genug ertappe ich mich am späten Sonntagabend vor dem Rechner, um „noch eben ein paar Mails zu checken“. Und bekomme trotzdem ein schlechtes Gewissen, wenn ich vormittags ein paar Schuhe vom Schuster hole.
Beides ist Blödsinn. Was wir brauchen sind Regeln, einen Arbeitsvertrag mit uns selbst und der Familie. Der erste Absatz darin könnte lauten: Gearbeitet wird zuhause zu festgelegten Zeiten und ab einer fixen Uhrzeit ist Schluss. Und später beim Abendessen können wir uns erzählen, wie der Tag war und was wir heute alles geschafft haben. Das klingt, als solle das Feierabend-Idyll der 50er-Jahre in das digitale Zeitalter hinüber gerettet werden. Von mir aus. Aber es ändert nichts an der Tatsache, dass es für die eigene Psyche gesünder ist, klare Grenzen zu ziehen, als planlos durch die Tage (und Nächte) zu eiern. Nur ziehen müssen wir sie schon selbst.