E-Procurement | Eine Plattform für E-Procurement sollte neben Ausschreibungen ein übersichtliches Lieferantenmanagement sowie klar definierte Workflows für alle involvierten Abteilungen bieten.
Mikko Kromm Marketingleiter bei Techpilot
„E-Procurement im Einkauf ist heute bereits gang und gäbe. Dagegen haben nur die wenigsten Unternehmen ihre Konstruktionsabteilungen an ein solches Tool angebunden“, weiß Sascha Beer, Projektleiter Einkauf bei Gretsch Unitas Baubeschläge. Für die Unternehmensgruppe (GU) ist diese Vorgehensweise heute selbstverständlich, denn sie hat sich als sehr zeit- und kostensparend erwiesen. Daher hat sich die Gruppe vor zwei Jahren dafür entschieden, den kompletten Anfrageprozess über ein Lieferantenportal von Techpilot abzubilden. Seither nutzen die drei Produktionswerke das standortübergreifende Einkaufs- und Lieferantenmanagement. Darüber wird auch das gesamte Intercompany-Geschäft abgewickelt. Neben 485 Stammlieferanten sind auch eigene Niederlassungen als Zulieferer eingebunden, etwa die in Frankreich ansässige Ferco mit eigener Gießerei, die Laserfertigung der BKS oder auch GU Shanghai.
Zurzeit bereitet man eine SAP-Einbindung vor. Denn bei der Arbeit mit dem Lieferantenportal geht es nicht nur darum, Angebote für einzelne Zeichnungsteile einzuholen und zu vergleichen, sondern auch die Zusammenarbeit von Einkauf und Konstruktion zu optimieren. So werden mit der Anfrageplattform neben einzelnen Werkstücken auch vollständige Entwicklungsprojekte in einem Prozess abgewickelt.
Von Vorteil war die Anpassungsfähigkeit an interne Strukturen. Das Anfrageraster wurde so erweitert, dass es die starke Preisdetaillierung abbildet: Es enthält Rubriken für Rohmaterial, Verpackung, Transportkosten und Oberflächenbehandlungen, bis hin zu Investitionen beim Lieferanten. Da die GU multinational aufgestellt ist, stehen alle Anfragemasken in Deutsch, Englisch und Französisch zur Verfügung. Zudem wurde ein erweiterter Workflow für Einkauf und Konstruktion eingebaut. Daniel Gründler, Leiter Entwicklung und Konstruktion, findet, dass „die Anpassungswünsche aus Konstruktion und Einkauf zügig umgesetzt wurden“. Für Transparenz sorgen die bedarfsgerechten Auswertungsmöglichkeiten.
Über Techpilot wird fast alles ausgeschrieben, was man zeichnen kann und für die Fertigung einer Zeichnung braucht. Das reicht vom Rohmaterial bis zur Elektronik, von Kunststoff- und Stahlguss über Stanzteile bis hin zu Dreh- und Frästeilen. Nach der Entwurfsphase bereitet der Konstrukteur die Anfragen vor. Da ein Projekt oft komplexe Baugruppen umfasst, ist es möglich, dass der Projektleiter mit mehreren Einkäufern mit unterschiedlichen Spezialisierungen zusammenarbeitet. Er gibt die Spezifikationen vor, fügt Zeichnungen ein und leitet alles zusammen im System direkt an den Einkauf weiter. Dieser ergänzt die kaufmännischen Details wie Losgrößen oder Termine. In Absprache mit der Konstruktion wählt er Zulieferer aus dem Stammlieferanten-Pool aus und schickt diesen die Anfragen, ebenfalls via Techpilot. Die Angebote werten Einkäufer und Konstrukteur gemeinsam aus.
Vor allem bei großen Entwicklungsprojekten ist die Plattform hilfreich: Über interne Projektnummern lässt sich der Vorgang zusammenfassen und nachverfolgen. „Die Gesamtkostenbetrachtung wird leichter“, so Beer, und Gründler ergänzt: „So hat das Ganze eine Basis. Das hat mehr Struktur und Klarheit gegeben.“
Auch der Kommunikationsaufwand mit anderen Geschäftsbereichen wie etwa der Logistik hat sich reduziert. Heute informieren wöchentliche Statusberichte die Verantwortlichen über den Stand der Anfragen und Angebote. Falls der Prozess einmal nicht weitergeht, wird dies schneller sichtbar, die Gründe sind leichter nachvollziehbar – etwa bei wem der Vorgang derzeit in Bearbeitung ist. Je nach Komplexität der Baugruppen schätzt Gründler die Zeitersparnis auf 25 bis 50 %. Beer: „Wir schaffen damit eine objektive Bewertbarkeit der Arbeitseffizienz.“
Standardisierte Infotexte vereinfachen die Zu- und Absage an Lieferanten
Die Software erleichtert die Entwicklung von Stammlieferanten und deren Feedback. Ist ein Lieferant ausgewählt, erhalten die anderen Anbieter eine Absage. Standardisierte Infotexte vereinfachen diesen Arbeitsgang. Bei „Langläufern“ werden alle Anbieter zwischendurch über den Stand der Dinge informiert. So sind die Zulieferer auf dem Laufenden – und der Einkauf wird von individuellen Rückfragen entlastet.
Für den persönlichen Kontakt und Einzelfeedbacks nutzt GU die turnusmäßig stattfinden Lieferantengespräche. Dank der Archivfunktion können auch Jahre nach einem Angebotsvergleich Details abgerufen werden. „Nichts wird gelöscht“, so Beer, „und man kann im Nachhinein nachvollziehen, warum man sich für den einen oder anderen Lieferanten entschieden hat.“ Auch wenn Produktlinien zwischen den Werken verlagert werden, hilft das Archiv. Man kann nachsehen, was von wem bezogen wurde und wo Neuausschreibungen sinnvoll sind. „Make or buy ist nicht das Thema“, so Beer. Er will Lieferanten nicht gegeneinander ausspielen. Ihm geht es um Kapazitäten: „Danach richtet sich, ob wir extern suchen.“ •
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