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Stahllager auf Rädern

Materialbeschaffung: Kosten senken durch Fremdvergabe
Stahllager auf Rädern

Um die Produktion von Fahrgestellen effizient zu gestalten, bezieht Schmitz Cargobull montagefertige Komponenten von Schmolz + Bickenbach. Auf diese Weise senkt der Nutzfahrzeughersteller seine Kosten.

Raymond Twiesselmann Journalist in Montabaur

Die Schmolz + Bickenbach Distributions GmbH ist zum einen im klassischen Stahlhandel tätig, zum anderen realisiert das Unternehmen komplexe Dienstleistungsprojekte wie die Just-in-time-Lieferung angearbeiteter und montagefertiger Artikel. Metall verarbeitenden Unternehmen ermöglicht dieser Service, weniger produktive Bereiche wie die Rohmateriallagerung und Artikelanarbeitung auszulagern und sich auf die eigenen Kernkompetenzen zu konzentrieren. Dieses Angebot nutzt beispielsweise die in Horstmar ansässige Schmitz Cargobull AG, die der Stahlhändler bis zu fünf Mal am Tag mit montagefertigen Fahrzeuggestellkomponenten beliefert.
Schmitz Cargobull ist Hersteller von Aufliegern und Anhängern im Nutzfahrzeugbereich. Knapp 67 000 Fahrzeuge produzierte das Unternehmen allein im Geschäftsjahr 2007/2008. Um die Fahrzeuge passgenau auf die individuellen Anforderungen der Kunden zuzuschneiden, erfolgt ihre Produktion just in time, also erst nach Auftragseingang. Moderne Fertigungslinien sowie optimale Prozesse entlang der gesamten Supply Chain sind somit Grundvoraussetzung für kurze Lieferzeiten.
Um die Produktion von Sattelpritschen-Fahrgestellen im Stammwerk Altenberge so effizient wie möglich zu gestalten, bezieht der Nutzfahrzeughersteller montagefertige Fahrzeuggestellkomponenten von Schmolz + Bickenbach. Der Stahlhändler realisiert die komplette Vormaterialdisposition, Bevorratung sowie die Artikelbearbeitung und liefert die Fahrgestellteile per LKW bedarfsgerecht direkt an die Montagebänder zur weiteren Bearbeitung. „Schmolz + Bickenbach bietet uns praktisch ein Warenlager auf Rädern“, fasst Thomas Maschmann, Einkaufsleiter bei Schmitz Cargobull, die Projektvorteile zusammen. „Uns erspart die Just-in-time-Lieferung die Bewirtschaftung eines eigenen Rohmateriallagers inklusive entsprechenden Maschinenparks zur Stahlbearbeitung. Dies schont unsere Produktionsressourcen und bedeutet reduzierte Kapitalbindungskosten. Außerdem konzentrieren wir uns wieder voll auf unsere Kernkompetenzen.“
Für die Herstellung der Fahrgestell-Elemente – dabei handelt es sich um Querträger und Mittelbaugruppenkomponenten – verwendet Schmolz + Bickenbach gemäß Kundenvorgabe Qualitätsstahl in Sondergüten. Der Abmessungsbereich der Teile liegt bei 2500 bis 9500 mm in der Länge, 110 bis 220 mm in der Breite und 8 bis 20 mm in der Dicke. Artikelbestellungen gibt der Aufliegerhersteller bis zu fünf Mal am Tag auf. In Hochzeiten geht alle 4,8 Stunden per Fax ein neuer Auftrag im Anarbeitungszentrum Bielefeld-Brackwede ein. Der Stahlhändler generiert aus den Bestellungen Fertigungsaufträge und realisiert die gewünschte Materialbearbeitung: Längsträger werden auf Hochleistungsautomaten innerhalb enger Toleranzen gesägt und anschließend sandgestrahlt. Die Mittelbaugruppenkomponenten sägt das Stahlservicecenter ebenfalls präzise zu, bevor diese auf Plasmabrennanlagen weiterbearbeitet werden. Nach der Sandstrahlung zur Oberflächenvergütung erhalten sie auf Biegemaschinen ihre endgültige Form.
„Schmitz Cargobull benötigt die Materialien innerhalb von fünf Stunden nach Auftragseingang. Zieht man die reine Fahrtdauer inklusive zeitlichen Puffers ab, bleiben uns für die komplette Artikelbearbeitung inklusive Verpackung und Verladung nur zwei Stunden“, berichtet Karl-Heinz Becker, Niederlassungsleiter der Schmolz + Bickenbach Distribution Bielefeld. „Ohne langjährige Erfahrung im Just-in-time-Geschäft, Hochleistungsautomaten und gut geschulte Mitarbeiter ist dieses Projekt gar nicht zu bewältigen.“
Der Metall-Servicepartner bevorratet für Schmitz Cargobull vergleichsweise große Mengen an Vormaterial. „Durch den Produktionspuffer sichern wir unserem Kunden Verfügbarkeit und Fertigungsflexibilität. Dies ist Grundvoraussetzung für den Projekterfolg, da ein Forecast für die Bestellungen nur in den seltensten Fällen möglich ist“, erläutert Uwe Splinter, Leiter des Anarbeitungszentrums. Die Artikelbearbeitung erfolgt ausschließlich auf speziell für Just-in-time-Belieferungen konzipierten Fertigungslinien.
Bei Projektstart bestand eine besondere Herausforderung darin, den Wärmeverzug der Mittelbaugruppenkomponenten beim Plasmaschneidprozess auf ein Minimum zu reduzieren. Das Anarbeitungszentrum entwickelte in enger Zusammenarbeit mit dem Nutzfahrzeughersteller innerhalb kurzer Zeit eine adäquate Lösung. Außerdem integrierte der Stahlhändler ein Contour-Marking-System, das alle Teile mit einer eindeutigen Identifikationsnummer versieht. Auf diese Weise ist die lückenlose Rückverfolgbarkeit jeder einzelnen Fahrgestellkomponente sichergestellt. Die von Schmitz Cargobull geforderte hundertprozentige Gutteillieferung gewährleistet das Stahlservicecenter über konsequente Qualitätskontrollen sowohl im Warenein- als auch -ausgang.
„Mit einer Lieferfähigkeit von 99,9 Prozent und einer Liefertreue von 98 Prozent haben wir in Schmolz + Bickenbach einen sehr zuverlässigen Partner gefunden“, bewertet Thomas Maschmann von Schmitz Cargobull die Projektzusammenarbeit. Zusammengefasst erzielt der Nutzfahrzeughersteller durch die Fremdvergabe der Materialbeschaffung, Lagerung und montagefertigen Bearbeitung folgende Ergebnisse:
  • Schmitz Cargobull bezieht in bis zu fünf täglichen Lieferungen montagefertige Stahlkomponenten zur Produktion von Fahrgestellen. Nach Auftragsvergabe vergehen maximal fünf Stunden bis zur Just-in-time-Lieferung an die Montagelinie.
  • Dies sichert dem Unternehmen größtmögliche Flexibilität für die eigene Just-in-time-Produktion.
  • Durch das Outsourcing profitiert Schmitz Cargobull von einem „Warenlager auf Rädern“: Dieses Konzept ersetzt sowohl ein eigenes Stahllager als auch den andernfalls benötigten Maschinenpark.
  • Somit schont der Nutzfahrzeughersteller Platzressourcen, reduziert seine Kapitalbindungskosten und konzentriert sich – auch im Hinblick auf zukünftige Investitionen – auf seine Kernkompetenzen.
  • Die Fremdvergabe von Materiallagerung und Bearbeitung beinhaltet ebenfalls die Verlagerung von Risiken auf den Zulieferer: Kosten für Verschnitt, Ausschuss und Schrott sowie die Wartung der Maschinen fallen künftig bei Schmolz + Bickenbach an.

  • Kosteneffizienz
    Die Just-in-time-Belieferung von montagefertigen Artikeln erspart Metall verarbeitenden Unternehmen die Bewirtschaftung eines eigenen Rohmateriallagers inklusive des entsprechenden Maschinenparks zur Stahlbearbeitung. Dies schont die Produktionsressourcen und bedeutet reduzierte Kapitalbindungskosten.
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