Startseite » Management » Einkauf »

Starke Leichtgewichte

Fortschritte bei neuen Werkstoffen zeigt die Industrial Supply im Rahmen der Hannover Messe 2014
Starke Leichtgewichte

Die ressourceneffiziente industrielle Produktion erfordert neue Materialien und Konstruktionstechniken. Aber auch klassische Rohstoffe bergen enorme Reserven. Die Fortschritte bei der Entwicklung leichter Werkstoffe zeigt die Fachmesse Industrial Supply im Rahmen der Hannover Messe 2014.

Leichtbauspezialisten tragen – wie viele andere Zulieferer – erheblich zur Innovationskraft der Industrie bei. Von der Qualität der von ihnen gelieferten Werkstücke hängt die Qualität der Endprodukte entscheidend ab. Diese enge Verzahnung macht die Unternehmen der Zulieferindustrie zu Vorreitern der integrierten Produktion, die in diesem Jahr das beherrschende Thema der Hannover Messe vom 7. bis 11. April sein wird.

„Integrated Industry – Next Steps“ lautet das Motto der weltweit wichtigsten Industriemesse, die ganz im Zeichen der vierten industriellen Revolution steht. „Industrie 4.0“ beschreibt intelligente, sich selbst steuernde Produktionsprozesse, bei denen Werkstücke, Maschinen und IT-Systeme miteinander vernetzt werden.
Die Herausforderungen für die Industrie sind beträchtlich. Ebenso verlockend aber sind die Aussichten: die verstärkte Individualisierung der Massenproduktion, die fortschreitende Integration von Kunden und Geschäftspartnern in Wertschöpfungsprozesse und schließlich die Verkopplung von Produktion und hochwertigen Dienstleistungen in so genannten hybriden Produkten. Und das alles nahezu in Echtzeit.
Dazu kommt die Aussicht auf eine deutlich gesteigerte Ressourceneffizienz. Der nachhaltige Umgang mit Rohstoffen, aber auch die optimierte Nutzung fossiler und nicht fossiler Energiequellen dient dabei nicht nur dazu, die Produktionskosten zu senken. Vielmehr darf Ressourceneffizienz auf lange Sicht als notwendige Voraussetzung für ein gleichermaßen globales wie umweltverträgliches Wirtschaftswachstum gelten. „Die Hannover Messe will dazu nicht nur mit den Ausstellerpräsentationen einen wichtigen Beitrag leisten, sondern auch mit Fachforen und Tagungen“, betont Marc Siemering, Geschäftsbereichsleiter Hannover Messe beim Veranstalter Deutsche Messe AG.
Um die industrielle Produktion ressourceneffizienter zu gestalten, führt kein Weg an neuen Materialien und Konstruktionstechniken vorbei. Aber auch klassische Rohstoffe, wie etwa transluzente Hölzer, bergen enorme Reserven. Gleichwohl braucht es neue Werkstoffe und Werkstoffkombinationen, die häufig in den Laboren der hochspezialisierten Zulieferindustrie ihren Ausgang nehmen. Die Wünsche der Forscher sind dabei so einfach wie anspruchsvoll: weniger Gewicht, weniger Energie- und Rohstoffverbrauch, kombiniert mit verbesserten Eigenschaften.
Bei der Entwicklung neuer leichter Werkstoffe konnten in den vergangenen Jahren erstaunliche Fortschritte verzeichnet werden. Die treibenden Faktoren waren und sind dabei der Flugzeugbau und die Automobilindustrie – beides Branchen, in denen sich jedes Kilogramm Gewichteinsparung unmittelbar in einem verringerten Energiebedarf der Produkte niederschlägt.
Längst aber hat sich auch der Maschinen- und Anlagenbau des Themas bemächtigt. Kein Wunder, dass Leichtbau nicht nur im Mittelpunkt der Leitmessen Mobilitec für Antriebstechnologien und Industrial Supply für die Zulieferbranche steht, sondern sich ähnlich wie ein roter Faden durch die anderen Leitmessen der Hannover Messe 2014 zieht. Marc Siemering verweist auf die Research & Technology und Industrial Automation. „Innovative Materialien benötigen entsprechend innovative Verfahren zur Produktion und Weiterverarbeitung und damit wiederum neuartige Maschinen und Anlagen“, so der Geschäftsbereichsleiter. „Das bedeutet wiederum: Wer sich über die neuesten Entwicklungen auf dem Laufenden halten will, kommt an der Hannover Messe nicht vorbei.“
Vieles schauen sich Forscher und Entwickler von der Natur ab, um neuartige Materialien und die Methoden zu ihrer Verarbeitung zu entwickeln. Ein inspirierendes Beispiel dafür sind Kakteen: Wo sich die Gewächse verzweigen, ist der Stammumfang nicht – wie sonst bei Bäumen – besonders groß, sondern vergleichsweise gering. Wenn es den Forschern gelingen sollte, aus dem inneren Aufbau dieser Pflanzen konstruktive Prinzipien abzuleiten und für die Industrie nutzbar zu machen, dann ließen sich daraus neue, beanspruchungsgerechte Materialien entwickeln und dem Leichtbau weitere Einsatzbereiche eröffnen. Bionik ist dabei nur einer von vielen Ansätzen im Leichtbau, der von den Unternehmen dynamisch vorangetrieben wird. „Der Innovationsdruck auf die Industrie steigt“, merkt Siemering an. „Ein Ergebnis ist eine verstärkte Zusammenarbeit der Firmen untereinander.“ So haben sich die deutsche Industrie und Forschung zum Kompetenznetzwerk Carbon Composites e. V. (CCeV) zusammengeschlossen. Das Ziel ist, dem Hochleistungsleichtbau neue Anwendungsbereiche zu schaffen.
Die Perspektiven dafür sind gut. Das zeigt sich gerade bei den carbonfaserverstärkten Kunststoffen (CFK), die von den Ingenieuren trotz ihres hohen Marktpreises preisgünstigeren Alternativen vorgezogen werden. Grund sind ihre exzellenten Eigenschaften. Das zeigt sich bei BMW. Der bayerische Automobilhersteller setzt als erster seiner Branche in erheblichem Umfang CFK ein. So entsteht die komplette Fahrgastzelle der Modelle i3 und i8 auf Basis der sogenannten Harzinjektionstechnologie.
Mit Hochdruck arbeiten die Ingenieure an der Weiterentwicklung von CFK-Verbundwerkstoffen. Dabei haben sie sowohl die Prozessverfahren als auch die Materialien im Blick. Mit neuartigen Harzen will das Netzwerk Carbon Composites das Aushärten der Bauteile deutlich beschleunigen. Dadurch sollen im Vergleich zum Ausgangsjahr 2010 die Materialkosten um die Hälfte, die Prozesskosten sogar um 90 % sinken.
Eine andere Perspektive liegt im so genannten „Multi-Material-Design“ (MMD). Dabei werden beispielsweise Stähle oder Metalle mit Karbonfasern kombiniert. Auf diese Weise entstehen Materialien mit neuen Eigenschaften. Siemering: „Einer der Pioniere auf diesem Gebiet ist das Leichtbau-Cluster der Hochschule Landshut, das auch auf der Hannover Messe 2014 ausstellt.“ Aus der Kombination unterschiedlicher Materialien ergibt sich die Kombination verschiedener Fügetechniken und ihrer spezifischen Vorteile wie beim Punktschweißkleben. Weitere Möglichkeiten bietet die so genannte Funktionsintegration. Mit ihr ist es beispielsweise möglich, Lager und Federn in einem Bauteil zu integrieren.
Ein großer Fortschritt zeichnet sich mit dem Einsatz von Thermoplasten ab, die deutlich schneller als Duroplaste konsolidieren. Das hat Folgen: Die entsprechenden Prozesse lassen sich wesentlich besser automatisieren, die Produktionszeiten auf ein Zwangzigstel oder noch stärker verkürzen: Statt nach 10 min ist das Bauteil nach weniger als einer halben Minute für die Weiterverarbeitung bereit. Allerdings hat der Fortschritt seine Tücken: Denn anders als die dünnflüssigen Duroplaste, die die Textilfasern des Gewebes regelrecht umspülen, sind Thermoplaste zäh. Um sie gleichmäßig mit dem Textil zu verbinden, müssen die Ingenieure tricksen. So werden in Hybridgarnen die Kohlenstofffasern mit Thermoplastfasern durchsetzt und dadurch die Fließwege minimiert. Erste Anwendungen gibt es bereits: Für die Automobilindustrie werden Teile des Interieurs wie Sitzstrukturen gefertigt.
Mit der Anwendung thermoplastbasierter Faserverbundwerkstoffe ergibt sich auch die Möglichkeit, Bauteile mittels Ultraschall zu verschweißen. Damit besteht eine Alternative zu den Fügetechniken Verschrauben und Verkleben. Gerade beim zuletzt genannten Verfahren stehen noch Herausforderungen im Raum, weil sich die Qualität nicht leicht kontrollieren lässt. Die Entwicklung zerstörungsfreier Prüfmethoden hingegen steht noch am Anfang. „Die Fortschritte in diesem Bereich werden auf der Hannover Messe Thema sein“, ist sich Marc Siemering sicher.
Oliver Züchner Journalist in Hannover
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de