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Wartung ohne Risiken

Reifenhersteller Michelin setzt auf Sicherheitskennzeichnung und Verriegelung
Wartung ohne Risiken

Seit 40 Jahren fertigt Michelin in Hallstadt bei Bamberg Pkw-Sommer- und Winterreifen für die Automobilhersteller. In den letzten drei Jahren wurden rund 20 Mio. Euro in Fertigungsanlagen, Qualitätssicherung und in die Arbeitssicherheit investiert. Dazu zählt auch die Implementierung eines so genannten Lockout/Tagout-Systems für die Verriegelung und Kennzeichnung bei Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten.

Am Anfang der Reifenfertigung in Hallstadt standen die wegweisenden Stahlgürtelreifen als Alternative zu den älteren Diagonalreifen. „Inzwischen sind die Anforderungen an die Lauf- und Stabilitätseigenschaften der Stahlgürtelreifen stark gestiegen“, versichert Elektromeister Edmund Zöcklein, der im Werk Hallstadt für die Planung und Koordination des Lockout-Tagout-Systems (kurz LoTo) verantwortlich ist. Das Projekt läuft bei Michelin seit rund zwei Jahren. Die höheren Anforderungen betreffen die Materialien ebenso wie den Aufbau von Lauffläche und Karkasse. Entsprechend komplex sind die Fertigungsanlagen, zu denen auch die aktuellen Sicherheitsanforderungen im Wartungs- und Reparaturfall gehören.

Am Beginn der Fertigung wird die Karkasse als Träger der Lauffläche geformt. Dazu werden auf einer Trommel die Ausgangsprodukte aus Gummi mehrschichtig aufgelegt und mit Textileinlagen und einem Drahtkern zur Übertragung der Rollkräfte auf die Felge versehen. Dieser Vorgang läuft ohne Luftabschluss und bei Raumtemperatur auf vollautomatischen Fertigungslinien. Die eigentliche Lauffläche des Reifens entsteht aus weiteren Auflagen und Stahleinlagen auf einer Trommel, deren Durchmesser sich per Luftdruck erweitern lässt, um die Karkasse samt Stahlkern von innen her gegen die Lauffläche zu drücken und fest mit ihr zu verbinden. Dadurch wird der Rohreifen geformt. Der wandert anschließend in eine dampfbeheizte Kochform mit etwa 130 °C. Darin werden das gewünschte Profil und die vorgeschriebenen Angaben und Beschriftungen in die Flanken eingekocht. Der fertige Reifen wird nach dem Abkühlen genau auf die Einhaltung der Spezifikationen hin geprüft. „Da sind die Autobauer sehr penibel“, weiß Zöcklein.
Grundsätzlich werden mit der LoTo-Methode etablierte, fachliche Praktiken umgesetzt. Den Werkern wird ein Sicherheitsverhalten vermittelt, mit dem sie Maschinen im Störfall aus ihrer Kenntnis heraus abschalten und sichern können. „Dabei unterstützen sie sich informell, etwa durch selbst gedruckte Warntafeln und Schilder“, ergänzt Zöcklein. Aufbauend auf diesen Erfahrungen kam es zur Planung und Umsetzung des LoTo-Projekts. Kerngedanke und Ausgangspunkt ist der detailliert festgelegte und überprüfbare Schutz der Mitarbeiter bei allen Instandhaltungsarbeiten. „Das Sicherheitsdenken hat bei uns hohe Priorität“, betont Zöcklein. Um Unfällen und Verletzungen vorzubeugen, werden über die Laufzeit des Projekts alle Maschinen und Anlagen mit einer geeigneten LoTo-Systematik aufgerüstet. Das Projekt wird von Michelin seit zwei Jahren europaweit implementiert. Brady ist dabei der Lieferant der Kennzeichnungs- und Verriegelungssysteme für das Werk in Hallstadt.
Das Werk wurde komplett auf LoTo abgestimmt. So werden neben den eigentlichen Fertigungsanlagen auch die Werkzeugmaschinen erfasst, auch wenn sie nur von einer Person bedient werden oder Teil einer Fertigungsstraße sind. „Wir haben für jede Maschine eine Sicherheitsanalyse durchgeführt und alle potenziell gefährlichen Energien erfasst“, so Zöcklein. Dazu zählen elektrische, pneumatische, hydraulische, thermische und chemische Energien inklusive der Gravitation. Bei den Kochpressen muss beim Abschalten auch die Temperatur zurückgefahren werden. Seit zwei Jahren koordiniert Zöcklein mit einem Team von Mitarbeitern das LoTo-Projekt. Dabei planen die Instandhalter die Implementierung jeweils auf ihren Maschinen. Sie erfassen die vorliegenden Energien, die im Wartungs- oder Reparaturfall abgeschaltet werden müssen. „Wir haben allen Beteiligten die Bedeutung des Projekts vermittelt“, sagt Zöcklein. Dann wurde der Markt nach praktikablen Lösungen gesichtet. Dabei stießen die Reifenspezialisten auf Brady. In den anschließenden Beratungsterminen hat sich gezeigt, dass Brady die Vorgaben des Projekts erfüllt.
In Hallstadt werden Etiketten und Scheiben für Handräder mit Sicherung durch Vorhangschlösser als LoTo-Hilfsmittel eingesetzt. Generell werden hochwertige Vinylmaterialien von Brady eingesetzt, denn sie bieten die entsprechende Qualität für die betrieblichen Anforderungen und Belastungen der Reifenfertigung. Ein industrieller Schilderdrucker wurde zum Ausdrucken der Kennzeichnungsetiketten zentral im Werk aufgestellt. Auf der Verriegelungsseite kommen verstellbare Blockiersysteme für Durchgangsventile, Allzweck-Verriegelungssysteme, massive Schließbügel, beschriftbare Sicherheits-Blockierbügel und Prinzing-Kugelhahn-Absperrungen zum Einsatz. Das Problem ist, dass bei den älteren Schaltgeräten verschiedene Hebelformen verwendet werden“, sagt Michelin-Mann Zöcklein. Für Stecker werden Überwurfkästen in verschiedenen Größen einsetzt.
Die Systematik des implementierten Verriegelungssystems basiert auf LoTo-Leitständen. Das sind verschließbare Kästen, die mit 5 bis 15 Vorhangschlösser bestückt sind. Sie sind flächendeckend in allen produktionsnahen Bereichen bei Michelin installiert. Alle Schlösser sind dabei gleich groß. Jeder Kasten ist mit jeweils nur einem Schlüssel ausgestattet. Bevor ein Instandhalter eine Reparatur- oder Wartungsaufgabe in Angriff nimmt, legt er zunächst anhand seiner eigenen Planung fest, wie viele Abschaltgänge auszuführen sind und wie viel Schlösser er braucht. Danach wählt er einen geeigneten Kasten und entnimmt die für diesen Fall benötigte Zahl an Schlössern, hinterlässt deren Verriegelungsschlüssel im Kasten und sichert diesen mit seinem persönlichen Schloss. Jeder weitere Mitarbeiter, der auf der Baustelle arbeitet, hängt ebenfalls sein persönliches Schloss am Kasten ein. Nach Abschluss der Arbeiten, wenn alle Schlösser von allen Beteiligten abgenommen wurden, wird der Zugang zu den hinterlegten Verriegelungsschlüsseln der Maschine wieder frei. Erst damit wird das Wiedereinschalten möglich. Jeder Zugriff auf einen LoTo-Leitstand wird dokumentiert. Die vorgehängten Schlösser tragen die Namen ihrer Besitzer, um anzuzeigen, welche Mitarbeiter bei welchem Verriegelungsfall beschäftigt sind.
Das System ist ein kontinuierlicher Entwicklungsprozess. Dazu zählt auch die Ausbildung der Instandhalter und Techniker zur Struktur und Intention des Systems. Nach der Grundausbildung finden zur Auffrischung regelmäßige Treffen statt, in denen die Hilfsmittel zur Kennzeichnung und Verriegelung sowie die Vorgehensweisen besprochen werden. Insgesamt, schätzt Zöcklein, hat er in Hallstadt mehr als 200 Mitarbeiter ausgebildet.Schließlich soll jeder, der mit überraschenden Störfällen konfrontiert wird, muss mit LoTo vertraut sein.
Ulrich Mengele Fachjournalist in München

Absperrsysteme gegen mechanische Gefahren

Schutz von Produkten und Personen

Brady gilt als führender Anbieter von Komplettlösungen zum Schutz von Betriebsstätten, Produkten und Personen. Zu den Kennzeichnungslösungen der Egelsbacher gehören Etiketten, Schilder, Sicherheitsvorrichtungen und Drucksysteme inklusive Software für deren Erstellung und Verwaltung. Der Hersteller bietet ein umfangreiches Sortiment an universellen Absperrsystemen gegen mechanische Gefahren, darunter modulare Systeme zum Sperren von Hebeln, T-Griffen und anderen schwer zu sichernden Geräten. Individuell einstellbare Haken passen auf geschlossene Rohrklemmen und große Griffe. Gefertigt werden sie aus Industriestahl und Nylon, um lange Haltbarkeit und Beständigkeit gegen Chemikalien und Rost zu gewährleisten. Individuell zugeordnete Bügelschlösser dienen zur Absicherung der an der Wartung beteiligten Gewerke.
Universal-Verriegelungen bestehen aus Modulen, die sich mit Zubehörteilen für verschiedene Ventile modifizieren lassen. Mit Hilfe eines Blockierstabs lassen sich auch Kugelhähne in halb oder ganz geöffneter Stellung absperren. Zum Verriegeln von Drosselventilen wird der Haken am Griff des Drosselventils angebracht, damit die Ventilstellung nicht mehr verändert werden kann. Mit zwei Blockierstäben können Ventile in halb geöffneter Stellung abgesperrt werden. Auf diese Weise lassen sich laufende Anlagen überwachen.
Brady empfiehlt eine schrittweise Implementierung von LoTo. Zunächst wird festgelegt, welche Energiequellen abzuschalten und welche Risiken damit verbunden sind. Hinzu kommen die Lokalisierung der Trennschalter und die technischen Bestimmungen zum Verriegeln. Der nächste Schritt ist die Information der Bedienpersonen und der leitenden Mitarbeiter über die vorgesehenen Wartungs- und Reparaturarbeiten. Erst dann werden die Anlagen und Maschinen von der Energieversorgung getrennt. Schließlich wird die Verriegelung mit der jeweils festgelegten Verriegelungsvorrichtung vorgenommen. Die Sperrung stellt sicher, dass der Schalter oder das Ventil während der Arbeiten nicht mehr betätigt werden kann. Entsprechende Lockout-Etiketten warnen vor versehentlichem Einschalten. Dann folgt ein Test, ob die Energieversorgung vollständig abgeschaltet ist.
Erst jetzt werden die vorgesehenen Reparatur- oder Wartungsarbeiten ausgeführt. Sind diese beendet, wird sichergestellt, dass sich keine Werkzeuge oder Verriegelungsvorrichtungen mehr an der Maschine befinden. Dann werden alle Blockiersysteme wieder entfernt. Vor der Wiederherstellung der Energieversorgung werden alle betroffenen Mitarbeiter explizit über das Wiedereinschalten informiert.
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