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Keine Angst vor großen Tieren

Personalmarketing für kleine und mittlere Unternehmen: Mut ist gefragt!
Keine Angst vor großen Tieren

Sollen vakante Stellen besetzt werden, sehen sich kleine und mittlere Unternehmen oft im Nachteil gegenüber den großen Playern. Aber: Haben sie damit Recht? Das Beispiel einer Firma aus dem Schwarzwald zeigt: Mit gezielter Präsenz, Klarheit in der Aussage und Mut zur Individualität lassen sich die vermeintlichen Schwächen als Stärken nutzen.

Rückblick: Wir schreiben den Tag X. Klaas Meineart, Personaler eines mittelständischen B2B-Unternehmens, bietet gerade sein letztes Anzeigenkontingent auf, um wenigstens einige der 20 vakanten Ingenieursstellen in der Entwicklungsabteilung zu besetzen. Zur gleichen Zeit startet die „Kein Job wie jeder andere“-Offensive der Deutschen Bahn – an Bahnhöfen, in Zeitschriften, online, im TV. Man könnte meinen: Hier kämpft David gegen Goliath auf dem angespannten Markt um qualifizierte Fachkräfte. Auf der einen Seite mangelnde Manpower, mangelndes Geld und mangelnde Bekanntheit. Auf der anderen Seite ein Unternehmen, das jeder kennt, mit einer gut aufgestellten Recruiter-Armee, mit scheinbar immer-vollen Budgettöpfen und einer überwältigenden Omnipräsenz. Müssen wir Meineart also bemitleiden?

Nein, das müssen wir nicht – wir sollten ihn vielmehr aufmuntern. Denn auf den zweiten Blick ist seine Ausgangssituation gar nicht so schlecht. Schließlich sucht Meineart nur anderthalb Dutzend Ingenieure, die Bahn dagegen satte zweihundert. Die Bekanntheit der Deutschen Bahn ist dabei ein zweischneidiges Schwert: Jeder kennt sie – aber nicht jeder (bei weitem nicht!) liebt sie. Und was in guten Zeiten gilt, gilt in schlechten Zeiten allemal: Die Produktmarke strahlt auf die Arbeitgebermarke ab. Schauen wir unter diesen Voraussetzungen noch einmal auf Meinearts Unternehmen: Wo liegt das Problem wirklich? Mit Sicherheit darin, dass die Bahn nicht der einzige Nebenbuhler um die dringend benötigten Fachkräfte ist. Dass es nicht nur große, sondern auch in der Größe vergleichbare Konkurrenten gibt, die alle schalten und werben und umwerben. Der eine Kleine kämpft also nicht gegen den einen Großen, sondern gegen viele Große und noch mehr Kleine. Was also tun?
Vereinfacht gesagt, hat Meineart zwei Dinge zu tun: Er muss dafür sorgen, dass sich sein Unternehmen als Arbeitgeber von anderen unterscheidet. Und er muss dafür sorgen, dass es auffällt. Die Sache mit der Unterscheidung ist in erster Linie eine analytische Aufgabe: Genau wie jedes Unternehmen ein individuelles Geschäftsmodell hat, das dafür sorgt, dass es am Markt Bestand hat, so muss es auch ein Arbeitgebermodell geben, das dafür sorgt, dass es am Arbeitsmarkt Bestand haben kann. Breite Aufgabenspektren, der direkte Draht zum Geschäftsführer, Wahrnehmung und Wertschätzung des einzelnen Mitarbeiters, schnelle Entscheidungen: Das alles könnten schlagende Argumente für KMUs sein. Sie müssen sich dessen nur bewusst sein, ihre Kernargumente definieren und eine schlüssige Argumentation für ihre Zielgruppe entwickeln. Und was ist mit dem Auffallen? Auch hier haben kleine und mittlere Unternehmen einen Vorteil: Sie können (Stichwort „flache Hierarchien“, „Handlungsspielraum“ und „kurze Entscheidungswege“) weitaus leichter aussagekräftige und auffällige Kreativkonzepte entwickeln, die nicht in endlosen Abstimmungsschleifen ihrer Ecken und Kanten beraubt werden. Es braucht nur etwas Mut – und die Bereitschaft, einmal abseits der gespurten Piste zu fahren.
Ein Unternehmen, das sowohl in der Disziplin „Auffallen“ als auch in Sachen „Unterscheiden“ seine Hausaufgaben gemacht hat, ist Hansgrohe. Der Badarmaturen- und Brausenhersteller aus Schiltach im Mittleren Schwarzwald wirbt unter dem Motto „Erleben Sie eine erfrischende Karriere“ um Fachkräfte – und setzt dafür seine eigenen Mitarbeiter als Testimonials ein. Der Clou: Die Mitarbeiter stecken zwar in normaler Arbeitskleidung, die Köpfe aber sind nass, als kämen sie gerade aus der Dusche. Bildkonzept und Claim kommen nicht von ungefähr – ihnen vorausgegangen sind eine Umfrage unter Mitarbeitern sowie Workshops, in denen die Argumente für Hansgrohe als Arbeitgeber evaluiert wurden. Die Ergebnisse wurden schließlich auf einen Satz verdichtet, der zusammen mit einem Briefing als Zielvorgabe für die Kreativagentur ausgegeben wurde, erklärt Personalchef Thomas Egenter: „Wir wollten mit unserer Kampagne darstellen, dass wir für eine Familie mit Leidenschaft für Wasser Verstärkung suchen.“ Diese Aussage war aber nicht nur Ausgangspunkt für die kreative Umsetzung; sie beschreibt auch – „the world in a nutshell“ – den Kern dessen, was Hansgrohe als Arbeitgeber ausmacht: Begeisterungsfähigkeit, Ideenreichtum, ein Wir-Gefühl und Lebensqualität sind die Themen, mit denen sich Hansgrohe als attraktiver Arbeitgeber positioniert. Und die Wasser-Testimonials? Sie verkörpern diese Werte – und haben es mittlerweile auf die Karriereseiten, Videos, Stellenanzeigen und sogar auf eine S-Bahn geschafft.
Richten wir also noch einmal unseren Blick auf Herrn Meinearts Problem und sprechen ihm Mut zu: Ihm wird es leichter fallen als vielen großen Unternehmen, einen Prozess aufzusetzen, der zu einem aufmerksamkeitsstarken Ergebnis führt. Er wird dank seiner geringeren Bekanntheit mit Personalwerbung das Unternehmens- und Arbeitgeberimage deutlich stärker beeinflussen können als ein großer Player wie die Bahn. Und, mit etwas Glück und Entschlossenheit, ist Personaler Meineart mit seinem neuen Auftritt auch schneller am Markt und mutiger im Auftritt als viele seiner Nebenbuhler vergleichbarer Größe.
Patric Cloos Geschäftsführender Gesellschafter Personalwerk GmbH, Wiesbaden www.personalwerk.de
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