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Nah dran an Erfindern und Herstellern

Messestandort Baden-Württemberg: Konzentrierte Fachveranstaltungen locken die Besucher
Nah dran an Erfindern und Herstellern

Mit neun Ausstellungsplätzen ist der Messestandort Baden-Württemberg gut bestückt. Zusammen rücken sie dennoch nicht. Eher noch verstärkt das dichte Netz den Wettbewerb. Kooperationen funktionieren allenfalls grenzübergreifend.

Einer der größten Messeerfolge made in Baden-Württemberg findet abseits der Landesgrenzen statt. Die expansiv wachsende Intersolar, 1991 in Pforzheim ins Leben gerufen und zur Jahrtausendwende nach Freiburg gewechselt, siedelte 2008 wegen akuter Platznot des Messegeländes in der Breisgau-Metropole nach München über. Dieses Jahr hat die „ 20. Intersolar Europe“ dort 14 Hallen belegt und sich auf einer Fläche von 165 000 m² ausgedehnt.

Damit nimmt die Fachmesse für Solarwirtschaft eineinhalb Mal mehr Fläche ein, als dem führenden Messeplatz im Südwesten, der Landesmesse Stuttgart, zur Verfügung steht. 105 200 m² weist das Stuttgarter Vorzeigeprojekt aus, das im Oktober 2007 eröffnet wurde und bei dem das Land 50-%-Gesellschafter ist.
Abgemeldet ist das Ländle mit seinem neuen grünen Ministerpräsidenten beim Solarthema dennoch nicht. Die Intersolar-Veranstalter sind in Pforzheim (Solar Promotion GmbH) und Freiburg (Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH & Co. KG) beheimatet. Überdies ist die Stuttgarter Ausstellungwelt einer der größten Nutzer von Photovoltaik – und dabei dem Münchener Wettbewerber weit voraus. Auf dem Dach der Neuen Messe Stuttgart ist mit 3,8 MW die sechstgrößte auf Gebäuden installierte Solaranlage der Welt in Betrieb. 27 000 m² Solarkollektoren auf den Hallendächern und des Kongresszentrums sowie 7000 m² auf dem Bosch-Parkhaus produzieren insgesamt 4,32 Mio. kWh Strom. Die auf den Münchener Messehallen auf 23 000 m² installierten Dünnschicht-Solarmodule liefern eine Gesamtleistung von 2,6 MW.
Keinesfalls ist die Erfolgsgeschichte der Münchener Intersolar als Steilvorlage für die Stuttgarter Messemacher zu werten, ihre Infrastruktur weiter auszudehnen. Die von Architekturkritikern gepriesene wegweisende Konzeption der Neuen Landesmesse Stuttgart beherbergt ohnehin zahlreiche Veranstaltungen mit hoher Strahlkraft: die Urlaubsmesse CMT etwa mit 230 000 Besuchern ebenso wie die Metallermesse AMB (86 000) oder Gastveranstaltungen des privaten Messemachers P. E. Schall wie Motek (31 000) und Blechexpo (28 000).
Die Industriemessen symbolisieren die Spitzenstellung der Hightech- und Exportregion. Kaum ein anderer Messeplatz ist so nah an den Erfindern und Herstellern. Mit der neuen, direkt am Flughafen Stuttgart gelegenen Ausstellungswelt hat Baden-Württemberg als Technologieführer in Deutschland eine standesgemäße Plattform. Durch den 805 Mio. Euro teuren Bau ist der Messeplatz unter den Wettbewerbern im Bund von Platz 14 auf neun vorgerückt.
Die Jahresbilanz lässt sich sehen. Den erst für das Jahr 2015 angepeilten Jahresumsatz von 100 Mio. Euro habe die Messe Stuttgart seit 2008 bereits zweimal überschritten, bekräftigt Geschäftsführer Ulrich Kromer. Unter seiner Leitung hat die Messegesellschaft im vergangenen Jahr einen Gewinn vor Steuern von rund 4 Mio. Euro erwirtschaftet. Hingegen würden einige andere Messegesellschaften in Deutschland dauerhaft mit roten Zahlen kämpfen, zieht Kromers Co-Geschäftsführer Roland Bleinroth den Vergleich.
65 Ausstellungen waren es im Vorjahr. Mit mehr als 19 000 Standbeschickern weist die Landesmesse die zweithöchste Resonanz in ihrer Geschichte aus. Die Zahl der Besucher hat sich bei mehr als einer Million eingependelt. Anders als der alte Messeplatz Killesberg werde die Landesmesse zwischen Flughafen und Autobahn A8 heute als internationaler Messestandort wahrgenommen, verdeutlicht Ulrich Kromer den Unterschied. Mehr als 7400 Aussteller kamen im Vorjahr aus dem Ausland, doppelt so viele wie vor fünf Jahren. Der Auslandsanteil unter den Ausstellern liegt laut Angaben des Veranstalters jetzt bei 21,3 %. Zum Vergleich: 55 % sind es in Düsseldorf, 33 % in Nürnberg und 21,7 % in München.
Ort international bedeutender Fachveranstaltungen ist auch der zweitgrößte baden-württembergische Messeplatz. So gastieren in Friedrichshafen etwa die Fachmessen Outdoor, Eurobike, Interboot, Fakuma und die Aero. Zur letzten Ausgabe der Luftfahrtschau im April reisten mehr als 730 Journalisten aus aller Welt an den Bodensee. Wie in Stuttgart sorgte in Friedrichshafen das 2002 eröffnete neue Messegelände für Schub. Im Jahr 2001/2002 setzte der Veranstalter auf dem alten Ausstellungsareal noch 11 Mio. Euro um, im Jahr 2009 waren es 25,8 Mio. Euro. Das Ziel ist klar vorgegeben: „Es gilt, die vorhandene moderne Infrastruktur möglichst effektiv und optimal zu nutzen“, stellt Friedrichshafens Oberbürgermeister Andres Brand klar, der auch an der Spitze des Messeaufsichtsrats steht. Zwölf Hallen mit insgesamt 85 000 m² Ausstellungsfläche und ein 12 000 m² großes Freigelände, 6500 Aussteller und über 600 000 Besucher sind die Kennzahlen der Messe. 2009 fanden in Friedrichshafen insgesamt 60 unterschiedliche Veranstaltungen statt – neben internationalen Fachmessen auch regionale Ausstellungen und Gastveranstaltungen.
Von den insgesamt neun Messeplätzen im Südwesten kann auch Karlsruhe auf ein im Jahr 2003 fertig gestelltes neues Gebäudeensemble verweisen. Im Messegelände in Rheinstetten-Forchheim, am Südrand der Fächerstadt gelegen, präsentieren sich in den vier stützenfreien Hallen mit einer Gesamtfläche von 54 000 m² jährlich rund 8000 Aussteller, die das Interesse von etwa 450 000 Besuchern wecken. Die Region Karlsruhe ist eine der führenden Hightech-Regionen in Deutschland. Ein Schwerpunkt der Messe liegt deshalb auf wissenschaftsnahen Themen, wie sie etwa die Learntec, Messe für professionelle Bildung, Lernen und IT, propagiert. Eines der jüngeren Gewächse ist die Mechatronic Karlsruhe. Konzipiert als Konferenz mit Fachausstellung, befasst sich die Veranstaltung mit Ressourceneffizienz in der Produktion sowie innovativen Konzepten in der Elektromobilität.
Als Schauplätze mit eher überregionalem Charakter folgen Ulm (22 000 m² Hallenfläche) und Freiburg (21 500 m²) auf den Plätzen. Diese und die weiteren Standorte Mannheim (12 000 m²), Offenburg (22 500 m²), Sinsheim (10 000 m²) und Villingen-Schwenningen (5300 m²) sind durch das seit 1997 bestehende Regionalmesseförderprogramm des Landes anerkannte Regionalmessen. Entsprechend flossen Zuschüsse in Millionenhöhe, vorneweg in die neue Stuttgarter Ausstellungswelt, aber auch nach Friedrichshafen, Karlsruhe und Freiburg. Mit öffentlichen Finanzspritzen in den letzten Jahren wurden aber auch die kleineren Plätze bedacht, bis hin zu Offenburg (2,9 Mio. Euro für eine Mehrzweckhalle) oder Villingen-Schwenningen, das aus dem Landestopf noch 700 000 Euro erhielt.
Den Einstieg des Landes als Gesellschafter der Landesmesse Stuttgart argumentierte die vormalige Regierung auch damit, dass diese Messe auch ein landespolitisches Instrument der Wirtschaftsförderung sei. Ein für 2008 angekündigtes Gutachten sollte aufgrund der veränderten Situation mit der neuen Landesmesse und den neun Regionalmessen herausarbeiten, wie die einzelnen Messestandorte im Land miteinander arbeiten könnten, statt in einem gegenseitigen Wettbewerb zu stehen. Ein vom vormaligen Wirtschaftsminister Ernst Pfister beauftragtes Gutachten der Agentur Baumgartner/Matrix drängte damals gar auf eine Fusion der drei größten Messeplätze des Landes. Stuttgart, Friedrichshafen und Karlsruhe sollten als erste große strategische Kooperation in Deutschland an den Markt gehen, hieß es. Dass eine solche Lösung über die landsmannschaftlichen Differenzen hinaus genügend Sprengstoff birgt, liegt auf der Hand. So verwundert es nicht, dass das von Pfister beauftragte Institut feststellen musste, dass das „Interesse an einem systematischen und durch das Land unterstützen Vorgehen meist sehr gering ausgeprägt ist“. Allenfalls auf die Dachmarke bw-fairs.de haben sich die Messemacher im deutschen Südwesten vor fünf Jahren geeinigt, die das Messeland Baden-Württemberg repräsentieren soll. Der Startschuss erfolgte mit dem Internetportal www.bw-fairs.de, das von den beteiligten Messegesellschaften gemeinsam getragen wird. Die Seite informiert in Deutsch und Englisch und bietet auch einen Messekalender, in dem alle Veranstaltungen zusammengefasst sind und mit einer Suchfunktion gezielt themenbezogen ausgewertet werden können.
Kooperationen zwischen den Messegesellschaften scheinen eher über Landesgrenzen hinweg zu funktionieen. So war es vor fünf Jahren eine kleine Sensation, als die Deutsche Messe AG in Hannover eine Kooperation mit der Messe Stuttgart bekannt gab. Mit dem Wettbewerber am Neckar veranstalten die Niedersachsen im zweijärigen Wechsel die Oberflächentechnikmesse O&S in den geraden Jahren. In den Zwischenjahren ist das Oberflächenthema unter dem Namen Surface Technology als eine der Leitmessen im Rahmen der Hannover Messe ausgeflaggt. Zumindest den direkten Wettbewerb behindern solche Kooperationen nicht, vielmehr können die Messefürsten mancherlei Synergien nutzen.
Weitere Informationen: www.bw-fairs.de
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