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Neues Umsatzsteuergesetz birgt Chancen und Herausforderungen für KMU

Steuerrecht
Umsatzsteuergesetz 2023: Was ändert sich für Unternehmen?

Umsatzsteuergesetz 2023: Was ändert sich für Unternehmen?
Das überarbeitete Umsatzsteuergesetz verändert die Geschäftslandschaft vieler KMU. Bild: top images/stock.adobe.com
Für die Umsatzsteuer gelten seit Jahresanfang einige rechtliche Modifikationen. Größere und kleinere Abänderungen bieten Chancen, erfordern aber auch eine vertiefte Kenntnis der Materie. Was genau beim Umsatzsteuergesetz neu ist und worauf Betriebe achten sollten, macht der folgende Bericht deutlich.

» Nicole Pfeiffer, freie Journalistin und Expertin für Buchhaltung

Der deutsche Steuerdschungel ist nicht nur komplex, er verändert sich auch fortlaufend. Das mit dem Jahreswechsel 2022/23 variierte und veränderte Umsatzsteuergesetz beweist dies aufs Neue. Zeitlich begrenzte Regelungen sind hinzugekommen, Verfahrensweisen wurden aktualisiert und angepasst. Gerade Akteure aus der Industrie und dem Handel sind davon betroffen und sollten sich deshalb intensiv mit den Änderungen auseinandersetzen.

Auswirkungen der Steuergesetzgebung auf die Industrie

Nicht selten beeinträchtigt gerade ein verändertes Umsatzsteuergesetz die Geschäftsaktivitäten von Unternehmen. Durch gesenkte oder erhöhte Umsatzsteuersätze müssen sie ihre Preise ändern und so kalkulieren, dass das Unternehmen wettbewerbsfähig bleibt. Auch erhöht sich der Verwaltungsaufwand bei Sonder- und Ausnahmeregelungen, oft sogar dauerhaft. Häufig kommen außerdem Beratungsleistungen von Experten hinzu, die den gesetzeskonformen Ablauf sicherstellen – denn nicht jedes Unternehmen kann ohne weiteres mit den steuerlichen Anforderungen Schritt halten. Müssen Bußgelder und Strafen gezahlt werden, droht neben den finanziellen Folgen auch ein potentieller Image-Verlust. Eine möglichst genaue Kenntnis des steuerlichen Status quo ist also notwendig, um fortwährend die richtigen Entscheidungen treffen zu können.

Senkung des Umsatzsteuersatzes für Gaslieferungen bis März 2024

Die Energiepreise sind im Jahr 2022 massiv gestiegen, bedingt durch den Krieg in der Ukraine. Dabei hat die Bundesregierung mit verschiedenen Maßnahmen versucht, Unternehmen und Verbraucher zu entlasten. So sieht das dritte staatliche Entlastungspaket vor, den Umsatzsteuersatz für Erdgas von ursprünglich 19 auf 7 % abzusenken – diese Regelung ist zeitlich begrenzt und gilt vorerst vom 01.10.2022 bis zum 31.03.2024. Sie betrifft nicht nur private Endverbraucher, sondern auch Erdgaslieferungen an Unternehmen. Wer diese bezieht, muss im genannten Zeitraum einen veränderten Steuersatz beim Vorsteuerabzug anwenden.

Hintergrund der vorübergehenden Steuersenkung war die geplante Gasumlage: Sie sollte die hohen Beschaffungskosten der Gasimporteure dämpfen. Eine komplett steuerfreie Behandlung war nicht möglich, da das europäische Recht an dieser Stelle keine Ausnahmen macht. Die Bundesregierung beschloss deshalb, die Umsatzsteuer auf Erdgaslieferungen zeitlich begrenzt zu senken. Im späteren Verlauf setzte sie jedoch auf einen Abwehrschirm, um Bevölkerung und Wirtschaft zu entlasten – vorausgesetzt, die Senkung werde eins zu eins an den Endverbraucher weitergegeben.

Reverse-Charge-Verfahren beim Handel mit Emissionszertifikaten

Der Ausstoß von industriellen Treibhausgasen ist nach wie vor erheblich. Mit dem Emissionshandelssystem sollen Unternehmen angeregt werden, ihn zu verringern. Beteiligt sich ein Land an dem internationalen System, so darf ein dort ansässiges Unternehmen nur dann CO2 und andere Gase ausstoßen, wenn es vorher mit einem Zertifikat die Berechtigung dazu erworben hat. Ähnlich verhält es sich mit dem nationalen nEHS-System. Ein einzelnes Zertifikat entspricht dabei genau einer Tonne CO2-Äquivalenten. Bei der potentiellen Übertragung eines solchen Zertifikats auf ein anderes Unternehmen gilt der Unternehmenssitz als Ort der sonstigen Leistung. Sofern der Ort der Leistung in Deutschland liegt, aber der Leistende aus dem EU-Ausland kommt, ist der Leistungsempfänger Steuerschuldner. In diesem Fall führt also das Unternehmen, welches das Zertifikat ersteht, die Umsatzsteuer in Deutschland an das zuständige Finanzamt ab.

Bei der Transaktion mit Zertifikaten des nationalen Emissionshandelssystems galt bisher jedoch der Leistende als Steuerschuldner. Den Vorsteuerabzug erhielt der Käufer auf die in der Rechnung ausgewiesenen Umsatzsteuer. Da der Leistende, also der Verkäufer, die Umsatzsteuer aber häufig nicht in Deutschland abführte, kam es zu recht hohen Steuerausfällen. Deshalb wird das Reverse-Charge-Verfahren ab dem 01.01.2023 auch auf Emissionszertifikate angewandt – es kommt somit zu einer Umkehr der Steuerschuldnerschaft. Unternehmen müssen diese Änderung unbedingt beachten, denn sie wirkt sich ganz konkret auf die Höhe der Abgaben an das Finanzamt und den Vorsteuerabzug aus.

Bereits seit 2021: Neue Umsatzsteuerregelung im E-Commerce

Geändert wurde auch die steuerliche Regelung des Onlinehandels. Um sie zeitgemäßer zu machen, führte man schon 2021 die One-Stop-Shop-Option ein. Wenn ein deutsches Unternehmen an einen Kunden aus dem EU-Ausland verkauft oder eine digitale Dienstleistung erbringt, greift das neue Verfahren – vorausgesetzt, das Unternehmen hat sich für den One-Stop-Shop angemeldet. Die Umsatzsteuer darf danach für alle EU-Länder, in die verkauft wird, angemeldet und abgerechnet werden. Lieferschwellen beim grenzüberschreitenden EU-Handel schaffte der Gesetzgeber mit einer weiteren Neuregelung ab: Unternehmen müssen sich jetzt in dem Land für die Umsatzsteuer registrieren, das als Leistungsort gilt. Zusätzlich werden Importe in den EU-Raum mit einer Umsatzsteuer belegt. In diesen Fällen gilt ebenfalls das neue One-Stop-Shop-Verfahren.

Weitere Änderungen

Mit dem Eintritt in das Jahr 2023 traten jedoch noch mehr Neuregelungen in Kraft. Folgende Punkte sind für die unterschiedlichsten Branchen relevant:

  • 0-%-Steuersatz auf Photovoltaikanlagen. Auf Leistungen, die im Zusammenhang mit kleineren PV-Anlagen stehen, gilt der neue Steuersatz von null Prozent. Der nutzende Betrieb braucht keine Umsatzsteuer zu entrichten; für die Eingangsleistungen kann aber der Vorsteuerabzug berechnet werden. Gelten tut die Neuregelung für angelieferte Module, den Erwerb oder die Einfuhr der Anlage selbst sowie für ihre Installation.
  • Die Durchschnittssatzbesteuerung ist abgeschafft. Bestimmte Berufsgruppen und Dienstleister konnten bisher pauschalisierte Vorsteuerbeträge nutzen, wenn der Umsatz unter 61.356 Euro lag. Von dieser Regelung machten jedoch nur wenige Gebrauch, weshalb sie 2023 entfällt.
  • Steuerfreiheit bei innergemeinschaftlichen Leistungen. Auch der ab 2020 gültige „Quick-Fix“ im Gesetzestext wurde gestrichen. Bei Zusammenfassenden Meldungen mussten Fehler bisher innerhalb eines Monats korrigiert werden.
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