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Interview: Petru-Catalin Scafaru, Head of Schaeffler Production System and Production Technology

Petru-Catalin Scafaru, Head of Schaeffler Production System and Production Technology
„Unsere Produktion wird ab 2030 klimaneutral sein“

Beim Herzogenauracher Automobil- und Maschinenbauzulieferer Schaeffler steht das Thema Nachhaltigkeit ganz oben auf der Agenda. Bis 2030 soll die eigene Produktion klimaneutral sein, bis 2040 soll die Lieferkette für Vorprodukte und Rohstoffe folgen. Im Interview spricht Petru-Catalin Scafaru, Leiter Schaeffler Production System and Production Technology, über die Strategie dahinter.

» Alexander Gölz, Chefredakteur Industrieanzeiger

Ihre eigene Produktion soll bis 2030 klimaneutral sein. Wie setzen Sie das um?

Wir haben uns im Rahmen unserer Nachhaltigkeitsstrategie ambitionierte Ziele gesetzt: Unsere Produktion, also Scope 1 und 2, wird bis 2030 CO2-neutral sein, bis 2040 werden wir auch in unserer Lieferkette klimaneutral wirtschaften. Die relevanten Scope-3-Emissionen, die in der Lieferkette insbesondere durch Vorprodukte und Rohstoffe entstehen, wird Schaeffler bis 2030 um 25 Prozent reduzieren. Damit wir diese Ziele erreichen, braucht es konkrete Reduktionsmaßnahmen. Scope 1 umfasst alle Maßnahmen zur Eliminierung von Emissionen, die aus dem Verbrauch von fossilen Brennstoffen im Betrieb freigesetzt werden, wie zum Beispiel die Verbrennung von Prozessgasen. Scope 2 umfasst die indirekten Treibhausgasemissionen, die durch unsere Energielieferanten verursacht werden, etwa durch zugekauften Strom oder Fernwärme. Es geht dabei also primär um grüne Energie, beispielsweise Ökostrom, den wir zukaufen. In den Regionen Europa und China beziehen wir bereits zu 100 Prozent Strom aus regenerativen Quellen. In der Region Americas werden wir bis Ende 2023 ausschließlich mit grüner Energie arbeiten. Unser Ziel: Bis zum Jahr 2024 soll auch die Region Asien/Pazifik folgen. Damit beziehen dann alle Standorte weltweit 100 Prozent regenerativ erzeugten Strom. An vielen Standorten installieren wir aktuell Photovoltaikanlagen. An unserem Unternehmenssitz in Herzogenaurach beispielsweise. Hier haben wir bereits auf zwei Dächern solche Anlagen installiert. Bis 2030 werden wir einen wesentlichen Anteil unserer benötigten Elektrizität selbst erzeugen. Örtlich nahegelegene Photovoltaikparks oder Windkraftanlagen, die direkt an unsere Standorte angeschlossen werden, ergänzen diese Aktivitäten.

Wie sieht es mit der Energie für Ihre Prozesse aus?

Wir sehen im Bereich Scope 1, also unseren direkten Emissionen, drei Hebel, um unsere Ziele zu erreichen: Infrastruktur, Prozesswärme und Prozessgase. Mit Blick auf die Infrastruktur treiben wir Lösungen für die Beheizung unserer Gebäude voran. Dabei setzen wir mit Wärmepumpen in neuen wie alten Gebäuden auf Wärmerückgewinnung. Des Weiteren werden wir zum Beispiel Abwärme aus der Produktion künftig vermehrt zu Heizzwecken nutzen. Im Bereich Wärmebehandlung ersetzen wir außerdem energieintensive Verfahren zur Wärmebehandlung, beispielsweise durch induktives Härten.

Was ist mit den Prozessgasen?

Wir verfolgen einige Ideen, um den Verbrauch zu reduzieren. Eine komplette Umstellung ist jedoch nur durch den Wechsel auf Induktionsöfen möglich. Das ist bis 2030 nur teilweise realisierbar. Diese unvermeidbaren Emissionen werden wir dann über Kompensationsmaßnahmen ausgleichen. Noch besser wäre in meinen Augen die Umstellung auf die Verwendung synthetischer Gase, wie zum Beispiel synthetisches Propan. Wir sind bereits mit Firmen in Kontakt, die solche Gase produzieren.

Welche Rolle spielt Wasserstoff in Ihrer Strategie?

Wasserstoff spielt für Schaeffler eine strategisch wichtige Rolle. Wir untersuchen den Einsatz von Wasserstoff in der Produktion an drei Standorten: In Herzogenaurach, Schweinfurt und Bühl. Dort analysieren wir die Nutzung von Öfen, die mit Wasserstoff betrieben werden. Damit sich die Wasserstofftechnologie in der Industrie durchsetzt, ist die ausreichende Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff essenziell.

Welche Herausforderungen, aber auch Chancen sehen Sie, flächendeckend nachhaltig zu produzieren?

Es gibt viele Ansatzpunkte, die ohne Kostensteigerung möglich sind, zum Beispiel Maßnahmen im Bereich der Infrastruktur – das sehe ich als Chance. Aber auch viele, bei denen Investitionen nötig sind. Für mich persönlich ist es wichtig, dass Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen. Unser Ziel muss sein, beide Aspekte gleichzeitig zu verfolgen. Ein gutes Beispiel hierfür ist unser Energieeffizienzprogramm, bei dem wir für unsere Maßnahmen sehr attraktive Renditen erzielen. Gleiches gilt für unser eigenes Energieerzeugungsprogramm, dessen Energiegestehungskosten deutlich unter den Marktpreisen liegen. Eine weitere Herausforderung ist die Beschaffung von grüner Energie. Wir brauchen eine Netzinfrastruktur, die ausreichend grünen Strom für unsere Werke bereithält.

Welche Risiken sehen Sie für Unternehmen, die das Thema Nachhaltigkeit in der Produktion vorantreiben wollen?

Bei Schaeffler glauben wir, dass Nachhaltigkeit eine „Licence to Operate“ sein wird. Aus meiner Sicht ist es ein Risiko, das Thema Nachhaltigkeit nicht voranzutreiben. In Zukunft wird von der Gesellschaft und den Kunden nicht mehr akzeptiert, als Unternehmen nicht nachhaltig zu agieren. Weitergedacht werden auch Mitarbeitende in Zukunft bevorzugt für Unternehmen arbeiten wollen, die sich stark für das Thema Nachhaltigkeit engagieren.


Über Schaeffler

Mit rund 84.000 Mitarbeitenden ist die Schaeffler Gruppe eines der weltweit größten Familienunternehmen. Mit mehr als 1.250 Patentanmeldungen belegte Schaeffler im Jahr 2022 laut DPMA (Deutsches Patent- und Markenamt) Platz vier im Ranking der innovationsstärksten Unternehmen Deutschlands.

Mit Technologien, Produkten und Services in den Feldern Elektromobilität, CO2-effiziente Antriebe, Fahrwerkslösungen, Industrie 4.0, Digitalisierung und erneuerbare Energien ist das Unternehmen ein Partner, um Bewegung effizienter, intelligenter und nachhaltiger zu machen. Die Motion Technology Company produziert Präzisionskomponenten und Systeme für Antriebsstrang und Fahrwerk sowie Wälz- und Gleitlagerlösungen für eine Vielzahl von Industrieanwendungen. Im Jahr 2022 erwirtschaftete die Unternehmensgruppe einen Umsatz von 15,8 Milliarden Euro.

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