Die Erwartungen der Branche hätten sich 2023 nicht erfüllt, sagte Stefan Zecha, Vorsitzender des VDMA-Fachverbands Präzisionswerkzeuge auf der traditionellen Jahres-Pressekonferenz. Im Januar letzten Jahres hoffte die Branche noch auf ein Umsatzplus von 8 %. Nun müsse sie sich im Schnitt mit einer nominalen Steigerung von 3 % zufriedengeben. Zecha betonte, er spreche von nominal, weil Inflation, Kostensteigerungen, Steuerlast und eine massiv steigende Bürokratie den Gewinn auffressen. „Zu den bereits bestehenden wirtschaftlichen Herausforderungen durch die Transformation und den Strukturwandel in wichtigen Abnehmerbranchen kommen immer neue Krisen und nachteilige Rahmenbedingungen, die für viele Unternehmen mittlerweile existenzbedrohende Ausmaße angenommen haben.“
Inland setzt positive Akzente
Der Inlandsmarkt für Werkzeuge setzte mit plus 4 % trotz des schwachen gesamtwirtschaftlichen Umfelds positive Akzente. Insbesondere die wieder funktionierenden Lieferketten und die dadurch stark gestiegene Inlandsproduktion der deutschen Autoindustrie sowie die hohe Produktionsauslastung und Auslieferungen im Maschinenbau machten sich hier bemerkbar.
Der Export legte 2023 insgesamt um 2 % zu. Allerdings – wie schon im vergangenen Jahr – mit deutlich unterschiedlicher Entwicklung in den einzelnen Branchen und Zielländern. Während sich das Geschäft auf dem amerikanischen Kontinent gut entwickelte und die USA mit einem Plus von 7 % ihre Position als größter Einzelmarkt ausbauten, verlor das Geschäft mit China (-16 %) weiter an Boden.
Bürokratie und Kosten reduzieren
Aktuell weltweit rückläufige Wirtschaftsindikatoren in den Einkaufsmanagerindizes und Investitionserwartungen führen dazu, dass die Branche mit einer Belebung des Marktes erst ab der zweiten Jahreshälfte 2024 rechnet. Zecha: „Was die Unternehmen dringend brauchen, sind bessere Rahmenbedingungen: Schneller Bürokratieabbau, offene Märkte, neue Freihandelsabkommen, der Abbau von Handelshemmnissen, bezahlbare Energie, ein investitionsfreundliches Steuersystem mit niedrigeren Unternehmenssteuern und besseren Abschreibungsbedingungen!“
Zecha betonte: „Wenn wir den Klimawandel gestalten und den Fortbestand der Industrie in Deutschland sichern wollen, müssen die Energiekosten mittelfristig sinken.“ Zudem sei ein wesentlich schnellerer Ausbau CO2-armer Energien der notwendigen Übertragungsnetze, der Zubau von Wasserstoff-ready Gaskraftwerken sowie eine massive Reduzierung von Abgaben und Umlagen wie Stromsteuer und Netzentgelte elementar.
Die finanzielle Belastung der Unternehmen infolge der explodierenden Bürokratie habe die Höhe der Ausgaben für Forschung und Entwicklung erreicht. Grundsätzlich unterstütze die Branche die Ziele, die hinter Bürokratiemonstern wie dem EU Lieferkettengesetz stünden. „Wir tragen dem Streben nach einer gerechteren Welt und mehr Nachhaltigkeit schon lange Rechnung und leisten unseren Beitrag dazu“, sagte Zecha in Frankfurt/M. Schlecht gemachte und die Realität ignorierende Gesetze sowie Verordnungen seien jedoch kontraproduktiv. Durch sie stehe die Wettbewerbsfähigkeit wichtiger Industriebranchen und Europas ebenso auf dem Spiel wie die grüne und die digitale Transformation. „Deshalb appelliere ich an die Politik: Deutschland braucht eine starke und gesunde Wirtschaft! Sorgen Sie für einen schnellen Bürokratieabbau, für offene Märkte und den Abbau von Handelshemmnissen, für bezahlbare Energie sowie für ein investitionsfreundliches Steuersystem!“
Auch für qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland sei das deutsche Steuersystem kein Anreiz hierher zu kommen. Was den Fachkräftemangel zusätzlich verschärfe, seien die in Schulen und Berufsschulen teilweise unzureichend vermittelten Grundlagen. Auch hier müssten die Unternehmen ihre Aktivitäten weiter ausbauen und deshalb sei es umso wichtiger, den Nachwuchs selbst auszubilden.
Ausblick auf 2024
Der Blick nach vorn sei herausfordernd, sagte der Fachverbandsvorsitzende. Das wirtschaftliche und weltpolitische Umfeld werde maßgeblich sein für den künftigen Erfolg. „Wir brauchen exzellente Standortbedingungen, eine gute Industriepolitik sowie mehr Stabilität, Kontinuität und Verlässlichkeit.“ Trotz aller Herausforderungen werde die Branche weiterhin die Ärmel hochkrempeln und mit innovativen technologischen Lösungen auf die dynamischen Veränderungen des Marktes reagieren und die eigene Zukunftsfähigkeit sichern.
Von der wichtigsten europäischen Messe in diesem Jahr, der AMB, die vom 10. bis 14. September 2024 in Stuttgart stattfindet, erwarten die ausstellenden Branchen Zerspanwerkzeuge und Spanntechnik nachhaltige Konjunkturimpulse, denn innovative Produktionstechnologie werde immer gebraucht – zumal Präzisionswerkzeuge beim Umbau zur klimaneutralen Produktion eine Schlüsselrolle spielen.
Der VDMA Präzisionswerkzeuge steht auf der AMB mit einem Infostand mitten unter den Werkzeug-Herstellern. Dort veranstaltet er wieder das dreitägige Technologieforum mit zahlreichen Vorträgen zu den neuesten Trends, auf dem die VDMA Mitglieder die Ergebnisse ihrer Entwicklungen und konkrete technische Anwendungsbeispiele zeigen. Das Themenspektrum umfasst die Zerspanung und Spanntechnik, die Mess- und Prüftechnik, Digitalisierung, Start-ups und Forschungsprojekte. (mw)