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WGP-Jahreskongress: Nachhaltigkeit nur technologiebasiert zu erreichen

Forschung und Industrie gehen gemeinsam voran
WGP-Jahreskongress: Nachhaltigkeit nur technologiebasiert zu erreichen

WGP-Jahreskongress: Nachhaltigkeit nur technologiebasiert zu erreichen
Podiumsdiskussion auf dem WGP-Jahreskongress (v.l.): Prof. Dr. Erich Zahn, Prof. Dr. Alexander Sauer, Andreas Voll, Dr. Kurt Schmalz. Bild: Fotoatelier Ebinger

Auf dem Jahreskongresses der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Produktionstechnik e.V. (WGP) in Freudenstadt präsentierten vom 20. bis 23. November Forschende und Unternehmensvertreter Ideen und produktionstechnische Ansätze, um aktuelle Herausforderungen wie Klimawandel und Ressourcenknappheit zu meistern. Sie deckten eine breite Spanne an Themen ab – von Energie- und Materialeffizienz über resiliente Wertschöpfungssysteme und neue Aspekte der Kreislaufwirtschaft bis zur Digitalisierung.

„Nachhaltigkeit werden wir nur technologiebasiert erreichen können“, betonte WGP-Professor Thomas Bauernhansl vom Institut für Industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb (IFF) der Universität Stuttgart. „Der diesjährige WGP-Kongress hat den hierfür notwendigen Innovationsraum sehr präzise umrissen und wissenschaftlich erarbeitet sowie eine Vielzahl anwendungsnaher Lösungen präsentiert.“

Produkte und Verfahren kontinuierlich weiterentwickeln

In der Eröffnungs-Keynote erläuterte Dr. Kurt Schmalz, geschäftsführender Gesellschafter der J. Schmalz GmbH aus Glatten, wie die mittelständische Unternehmensgruppe bestehende Produkte und Verfahren kontinuierlich weiterentwickelt und neue Technologien schnell adaptiert. Das wiederum ermögliche es dem Unternehmen, eine globale Vorreiterrolle im Bereich wettbewerbsfähiger und umweltneutraler Produktion einzunehmen.

Treiber der erfolgreichen Produktinnovationen sei die Tatsache, dass gelebte Nachhaltigkeitsansätze bereits seit Jahrzehnten eine zentrale Säule der Unternehmenskultur darstellen. Kurt Schmalz präsentierte außerdem aktuelle Forschungsprojekte, an dem sein Unternehmen beteiligt ist, wie das Projekt ReduCO2 als Teilprojekt von H2BlackForest, in dem die Nutzung von Wasserstofftechnologien in der Region Nordschwarzwald erforscht und weiterentwickelt werden.

Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft sind unternehmerische Pflicht

Dass Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft nicht nur für das gesunde Fortbestehen auf diesem Planeten notwendig, sondern auch eine unternehmerische Pflicht sind, um sich zukunftsfähig aufzustellen, unterstrich Maximilian Bronner, Geschäftsführer Produktion und Technik der Fischerwerke GmbH: „Unter dem Druck steigender Kosten sowie dem Mangel an qualifizierten Mitarbeitern ermöglicht eine effizientere Produktion mit schlanken Prinzipien, den Standorts Deutschland aufrecht zu erhalten.“

Bei Fischer werden aus diesem Grund im Prozesssystem Lean-Prinzipien beschrieben und bei Prozessverbesserungen nachhaltig integriert. Die Varianz der Endprodukte wurde zudem um mehr als 70 % reduziert, was sich positiv auf Bereiche wie Flächenproduktivität, Energieeffizienz und Produktionskosten auswirkt.

Gleichzeitig trieb das Unternehmen die Digitalisierung der Produktion voran, wodurch Steuerungsprozesse und Fertigung transparenter wurden. „Die Transparenz schafft die Grundlage für eine fortschreitende Entwicklung im Sinne des Lean-Gedankens über die bekannten Grenzen hinaus“, erklärt Bronner.

Data-Mining optimiert Effizienz und Nachhaltigkeit

Der WGP-Jahreskongress gibt traditionell Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern die Möglichkeit, ihre Forschungsergebnisse der Öffentlichkeit zu präsentieren. In diesem Jahr wurden insgesamt 74 Paper ausgewählt, die als besonders vielversprechend angesehen werden.

So berichtete Marco Lukas vom Institut für Transport- und Automatisierungstechnik (ITA) der Leibniz Universität Hannover, wie mithilfe von Data-Mining die Temperatursteuerung des Kautschuk-Extrusionsprozesses hinsichtlich Effizienz und Nachhaltigkeit optimiert werden kann. Die Methode findet unter anderem Anwendung in Kautschukextrusions-Prozessen und Kautschukmisch-Prozessen, kann aber auch auf weiterführende Prozesse übertragen werden.

Prozesskettenübergreifende Analyse identifiziert Störfaktoren in der Produktion

Hanwen Zhang und Gonsalves Grünert vom Werkzeugmaschinenlabor (WZL) der RWTH Aachen zeigten auf, wie eine prozesskettenübergreifende Analyse die Qualität und Nachhaltigkeit in der Produktion von Zahnrädern positiv beeinflusst. Dazu wurde analysiert, welchen Einfluss die Fertigungsdaten auf die Qualität des Zahnrads und welche Auswirkungen die Fertigungsschritte auf die Umwelt haben.

Es zeigte sich, dass eine detaillierte Analyse der neu identifizierten Einflussgrößen dazu beitragen kann, Ausschuss in der Fertigung zusätzlich zu minimieren. Gleichzeitig konnten durch die ökologische Bewertung unterschiedlicher Fertigungsfolgen rund 200 g CO2e bei der Fertigung der Ritzelwelle eingespart werden.

Die Methode bietet eine innovative Möglichkeit, neben bekannten Einflussfaktoren auch bisher unbekannte Störgrößen in der Fertigung zu identifizieren. Das ermöglicht eine ganzheitliche Betrachtung der Prozesskette, was wiederum neue Forschungsansätze zur Optimierung eröffnet.

Prozessschwankungen untersuchen und verhindern

Nicht zuletzt analysierte Thomas Wild vom Lehrstuhl für Fertigungstechnologie (LFT) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg den Einfluss einer fertigungsbedingten Erwärmung der Werkzeuge bei der Herstellung von Funktionsbauteilen aus Aluminiumblechwerkstoffen mittels Fließpressen. In diesen Untersuchungen konnte zunächst festgestellt werden, dass bereits eine geringfügige Temperaturerhöhung auf 80 °C das Umformergebnis durch eine höhere Formfüllung beeinflusst.

Für die Serienfertigung von eng tolerierten Funktionsbauteilen stellt dieser Zusammenhang folglich eine Herausforderung dar. Denn trotz instationärer Fertigungsbedingungen zu Beginn eines Fertigungsloses sollen natürlich kontinuierlich maßhaltige Bauteile hergestellt werden. Als mögliche Kompensationsmaßnahmen für die genannte Prozessschwankung können eine zeitliche Anpassung des Stößelweges oder ein Vorwärmen der Werkzeugaktivteile herangezogen werden.

Kongress zeigt Potenzial für durchgehende Kreislaufwirtschaft

Insgesamt hat der WGP-Jahreskongress einmal mehr gezeigt, wieviel Potenzial in den Nachwuchswissenschaftlern steckt und wie sie mit ihren innovativen Ideen eine heute noch utopisch klingende durchgehende Kreislaufwirtschaft erstaunlich schnell vorantreiben. Die erarbeiteten Ansätze versprechen einen bedeutenden Beitrag zur Förderung der Nachhaltigkeit in fertigungs- und produktionstechnischen Systemen.

Die WGP vereinigt 72 Professorinnen und Professoren aus 43 Universitäts- und Fraunhofer-Instituten und steht für gut 2000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Produktionstechnik. Die Mitglieder genießen sowohl in der deutschen Wissenschaftslandschaft als auch international eine hohe Reputation und sind weltweit vernetzt.

Die WGP hat sich zum Ziel gesetzt, die Bedeutung der Produktion und der Produktionswissenschaft für die Gesellschaft und für den Standort Deutschland aufzuzeigen. Sie bezieht Stellung zu gesellschaftlich relevanten Themen von Industrie 4.0 über Energieeffizienz und umweltschonender sowie resilienter Produktion bis zum 3D-Druck. (jpk)

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