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Plastikmüll in den Ozeanen stammen aus Flüssen und Fangnetzen

Fischernetze größter Anteil
Woher kommt der Plastikmüll im Meer?

Woher kommt der Plastikmüll im Meer?
Auch in der kommerziellen Fischerei hat Plastik seinen festen Platz: Kunststoff ist in puncto Gewicht, Handling und Haltbarkeit anderen Materialien gegenüber überlegen. Bild: Alpla
Eine Menge Müll treibt in unseren Ozeanen, 75 % davon sind aus Kunststoffen. Weniger bekannt ist, dass der sichtliche Plastikmüll zwei Hauptursachen hat. So tragen Flüsse, genauer gesagt zehn an der Zahl, die Abfälle vom Land in die Meere. Der Großteil des Plastiks stammt aber aus verloren gegangener Fangausrüstung der kommerziellen Fischerei. Hier gestalten sich Gegenmaßnahmen deutlich schwieriger.

» Dominic Fiel, Head of Corporate Marketing & Communications bei Alpla in Hard, Österreich

Auch Fischer schätzen die positiven Eigenschaften von Plastik, vor allem das leichte Handling sowie die höhere Haltbarkeit und Zuverlässigkeit gegenüber natürlichen Materialien. Auf Fang in den Ozeanen gehen täglich rund 4,6 Millionen Fischerboote. Was auch zu Materialverlusten führt: Der WWF schätzt, dass 40 % bis 50 % des Plastikmülls allein aus verloren gegangenen Fischereigeräten stammen(1) – Seile, Leinen, Bojen, Körbe, Eimer, Angelschnüre, Netze. Pro Jahr kommen über 1 Million Tonnen hinzu (Quellenangaben jeweils in den Fußnoten).

Aufmerksam wurde man auf das Phänomen bei Untersuchungen des größten Müllstrudels der Welt im Nordpazifik zwischen Hawaii und Kalifornien – dem Great Pacific Garbage Patch, kurz: GPGP. Überraschendes Ergebnis: Hauptbestandteil des Plastikmülls waren mit rund 70 % tatsächlich Ausrüstungsgegenstände der Fischerei, davon 46 % Geisternetze(2).

Aktuelle Studien bestätigen nicht nur den Befund, sondern erhöhen die Zahlen noch: Laut einer Analyse der Umweltinitiative „The Ocean Cleanup“, bekannt als Müllfänger im Meer, stammen sogar zwischen 75 % und 86 % des Plastikabfalls im GPGP aus der Hochseefischerei(3).

Stürme reißen Netze los

Wie kann das passieren? Bei Fangarbeiten, Stürmen oder Unfällen geht Equipment über Bord. Auch Stell- oder Schleppnetze reißen ab und treiben fortan als „Geisternetze“ herrenlos durch die Ozeane oder verfangen sich am Boden, an Gesteinen, Riffen oder Wracks.

Geisternetze zu bergen, ist aufwändig, da sie zunächst aufgespürt werden müssen. Hierfür wird neuerdings Sonar eingesetzt, auch will man Netze mit GPS-Trackern ausrüsten. Die Hebung ist Handarbeit, oft sitzen die Netze fest und müssen mühsam befreit werden. Auch ihr robuster Materialmix bedarf eines intensiven Recyclings. Länder, Forschungseinrichtungen, Umweltorganisationen und Fischereibetriebe sind sich mittlerweile der Bedeutung des Themas bewusst und leiten bereits Gegenmaßnahmen ein.

Flüsse als Transportwege – auch für Müll

Der zweite Grund, weshalb Plastikabfälle in die Meere gelangen, ist ebenfalls genau auszumachen: Untersuchungen belegen, dass sich die weltweite Müllzufuhr vom Land in die Ozeane hauptsächlich auf die zehn größten Wasserstraßen aus Asien und Afrika eingrenzen lässt. Die spülen allein rund zwölf Millionen Tonnen Plastik pro Jahr in die maritimen Gewässer. Allen voran der Jangtsekiang, gefolgt von Indus, Huangho, Nil, Ganges bis zu Niger und Mekong. Eine Folge des rasanten Wirtschaftswachstums in diesen Regionen, mit dessen Dynamik die Entwicklung der Müllbeseitigung bis heute nicht Schritt halten kann.

Zwischenzeitlich wird hier aktiv investiert – für den Ausbau einer geordneten Entsorgung und effektiven Weiterverwertung des Abfalls. Wie zum Beispiel dessen Verbrennung zur Energiegewinnung in entsprechend ausgestatteten Kraftwerken. So ist dem Müll beizukommen, was auch die Verschmutzung der Meere verbessert.

Abfangsysteme in den Flüssen sind geplant

Ein weiterer Ansatz verspricht ebenfalls Abhilfe: Da sich der weltweite Mülltransfer zu Wasser vor allem auf die genannten zehn Flüsse konzentriert, eröffnet sich die Möglichkeit, mit lokalen Maßnahmen dagegen vorzugehen. Wie es auch hier „The Ocean Cleanup“ tut: Die Organisation hat ein neues Abfangsystem für den Einsatz in Flüssen entwickelt. Der „Ocean Cleanup Interceptor“, ein solarbetriebenes, 24 m langes Boot mit Siebvorrichtung und Container, soll bis zu 50 Tonnen Müll pro Tag aus den fließenden Gewässern filtern – bevor sie in die Ozeane gelangen. Ein Engagement, das Schule machen könnte.

(1) Veröffentlichung WWF Themen & Projekte Geisternetze, 17.08.2018

(2) Scientific Reports: Evidence that the Great Pacific Garbage Patch is rapidly accumulating plastic 2018, L. Lebreton

(3) Study „The Ocean Cleanup“ (Müllsammler System 001/B 2019), „Der Spiegel“ 05.09.2022

www.alpla.com


Fakten zu Fischerei-Netzen

Was ist:
Eine Studie von Ozeanexperten um Dr. Britta Denise Hardesty, Forschungsleiterin bei der australischen Wissenschaftseinrichtung CSIRO Oceans and Atmosphere, bringt deutliche Fakten zutage. Hierfür wurden 451 Fischereibetriebe in sieben Ländern befragt(4):

Pro Jahr gehen über 2 % aller Fischfanggeräte verloren. In den Meeren befinden sich mittlerweile 25 Millionen Reusen (Fangkäfige) und 14 Milliarden Köderhaken.

Dazu:

  • 2.963 Quadratkilometer Kiemennetze – flächenmäßig größer als das Saarland (2.570 Quadratkilometer),
  • 75.049 Quadratkilometer Ringwandnetze – mehr als das flächengrößte Bundesland Bayern (70.550 Quadratkilometer),
  • 218 Quadratkilometer Schleppnetze – das entspricht etwa 30.000 Fußballfeldern,
  • 739.538 Kilometer Lang- und Hauptleinen – damit könnte man die Welt 17-mal umwickeln – und 11,5 Millionen Zweigleinen.

Was getan wird:
Maßnahmen zur Verhinderung von Plastikmüll durch Fischereigeräte:

Das „Internationale Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe“, genannt Marpol, untersagt, Schadstoffe ins Meer einzubringen.

Die EU-Fischerei-Kontrollverordnung verbietet das Entsorgen von Fischereigeräten im Meer. Verloren gegangene Netze müssen den Behörden gemeldet werden.

Mit dem Projekt „Marelitt Baltic“ untersuchen Fischereigemeinden, Forschungsinstitute und Umweltverbände aus Schweden, Estland, Polen und Deutschland, wie Kunststoffnetze geborgen und wiederverwertet werden können. Organisationen und Projekte wie „AegeanRebreath“, „GhostNets Australia“, „Ghost Diving“ oder „Healthy Seas“ setzen sich für die Bergung, Entsorgung und die Wiederverwertung von Geisternetzen ein.

(4) Veröffentlichung Science Advances, Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation (CSIRO), Publikation „GEO“ 14.10.2022

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