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Automatisierung: Lokalisierungssystem als Basis für digitalen Zwilling

Automatisierung
Lokalisierungssystem als Basis für digitalen Zwilling

Für einen durchgängig digitalen Zwilling ist es wichtig, jederzeit zu wissen, wo sich Werkstückträger in der Fertigung oder Paletten im Lager befinden. Dabei helfen industrielle Identifikations- und Lokalisierungssysteme.

Dr. Stefan Schwarzer
Produktmanager für industrielle Identifikationssysteme Simatic RF600, Siemens, Nürnberg

Für einen vollständigen digitalen Zwilling in der Produktion werden aktuelle Informationen über alle Objekte benötigt. Geräte, die über eine elektrische Energieversorgung und entsprechende Kommunikationsmittel verfügen, sind einfach „smart“ zu machen. Trotzdem gibt es viele Objekte, auf die das nicht zutrifft. Informationen über Transportbehälter, Paletten, Halbzeuge, Erzeugnisse und Werkzeuge sind dennoch wertvoll und müssen mit technischen Mitteln erfasst werden.

In einer digitalen Infrastruktur bildet die Feldebene die Basis, in der sich diese Objekte befinden, die mittels Technologie smart gemacht werden müssen. Erst dann lassen sich die Informationen über eine Connectivity-Schicht in eine Datenplattform – wie dem Cloud-System von Siemens, Mindsphere – weiterleiten und mithilfe von Apps verwerten.

Industrielle Identifikation versus industrielle Lokalisierung

Um die Geräte smart zu machen, bieten sich zwei Technologien an: industrielle Identifikationssysteme wie RFID- und optische Lesegeräte sowie industrielle Lokalisierungssysteme mit aktiven Transpondern. Beide sind in der Lage, die Frage nach dem „Was?“ und dem „Wann?“ zu beantworten – zum Beispiel: Welche Produkte haben zu welchem Zeitpunkt die Bearbeitungsstation verlassen? Welches Werkzeug wurde zuletzt in die Maschine eingesetzt? Auf welcher Palette befindet sich das Material, das in der Frühschicht angeliefert wurde? Doch nur industrielle Ortungssysteme können auch die Frage nach dem „Wo?“ beantworten: Auf welcher Lagerfläche steht der Container im Moment? Welche Strecke fährt der Gabelstapler in diesem Augenblick?

Ein Unterschied zwischen beiden besteht in der Auslegung der Infrastruktur. Während ein Identifikationssystem nur an dem Ort wirkt, an dem es installiert wird – das optische Lesegerät erkennt einen Barcode oder QR-Code nur auf begrenzte Distanz, das RFID-Lesegerät liest einen Transponder nur in einem begrenzten Abstand vor der Antenne aus – werden die Anchors und Gateways eines Lokalisierungssystems wie Simatic RTLS auf einer Fläche ausgebracht – Halle, Freifläche, Lager – und können darüber alle Transponder auf dieser Fläche orten. Die Investitionskosten skalieren über unterschiedliche Parameter: bei Identifikationssystemen ist die Zahl der Lesestellen (etwa Zahl der Tore an Zu- und Ausgängen oder Zahl der Lagerflächen) der Haupttreiber, bei Lokalisierungssystemen ist es vor allem die Größe der abzudeckenden Fläche.

Transponder mit unterschiedlichen Merkmalen

Auch die Transponder weisen unterschiedliche Merkmale auf. Kodierungen für die Identifikation mittels optischem Lesegerät wie Simatic MV500 – Barcodes, QR-Codes, Text – können gedruckt, gestanzt, gelasert, geätzt und geklebt werden und sind nicht veränderbar. RFID-Transponder in den Frequenzbereichen HF (13,56 MHz, Simatic RF200 und RF300) und UHF (868 bis 925 MHz, Simatic RF600) bestehen aus einem kleinen Microchip an einer Antenne, die batterielos betrieben werden, vom Lesegerät ausgelesen und oft sogar beschrieben werden können. Identifikationsmarken für Kameras und RFID-Transponder sind also in der Regel günstig herzustellen, sodass erst Sonderbauformen, beispielsweise für Hochtemperatur- oder ATEX-Anwendungen oder für besonders raue Industrieumgebungen, in einen zweistelligen Preisbereich vorstoßen. Die einfachsten und günstigsten Transponder – sogenannte Smart Labels, also klebende Funketiketten – können häufig sogar am Produkt verbleiben und im Rahmen von Open-Loop-Applikationen das eigene Werk verlassen.

Transponder für Lokalisierungssysteme dagegen sind kleine, aktive, elektronische Geräte mit Sende- und Empfangseinrichtungen, die mehr Funktionen bieten – wie hohe Reichweite, Sensorik und großen Speicher. Daher werden sie vorrangig eingesetzt, um nicht jedes Produkt in einer Fließfertigung, sondern um Werkstückträger, Lagerbehälter, Werkzeuge oder Fahrzeuge zu orten. Doch auch Produkte und Halbzeuge können zumindest temporär mit aktiven Transpondern oder passiven Spezialtranspondern ausgestattet werden, wenn der Kundennutzen gegeben ist. Das kann etwa für die Überwachung einer Temperatur im Trocknungsprozess einer Lackieranlage gelten. In der Regel wird der Transponder nach dem Durchlauf durch die Fertigung wieder vom Produkt abgenommen, gegebenenfalls gereinigt und erneut eingesetzt.

Lokalisierungssystem ortet Objekte in Echtzeit

Ein Lokalisierungssystem kann etwa genutzt werden, um unterschiedliche Objekte innerhalb der eigenen Fertigung mit nur einer Ortungs-Infrastruktur in Echtzeit zu orten: Fahrzeuge, Werkstückträger, Transportbehälter, Werkzeuge, Halbzeuge und Erzeugnisse. Zahlreiche Anwendungen können mit diesem digitalen Zwilling in der Produktion realisiert werden: Asset Tracking, Verringerung von Suchzeiten, vorausschauende Maschinenrüstung, Wege- und Flächenoptimierung, Bedarfsplanung oder Produktionssteuerung.

An den Zu- und Abflüssen der Fertigung, spätestens jedoch an den eigenen Unternehmensgrenzen, endet die Ortbarkeit durch das Lokalisierungssystem. Eine Ausweitung kann sich als unwirtschaftlich herausstellen oder an der Kooperation der Zulieferer oder Abnehmer scheitern. Hier bietet es sich an, alle weiterhin zu verfolgenden Objekte mit Identifizierungsmarken (Codes bei optischen Lesesystemen oder Transponder bei RFID-Systemen) auszustatten. Ein Vorteil dabei ist, dass diese Marken einen hohen Grad an Standardisierung erreicht haben.

Cloud bündelt Daten und stellt sie unternehmensübergreifend zur Verfügung

Werden die erfassten Daten zu den Fragen „Was?“, „Wann?“ und „Wo?“ in eine Cloud-Plattform übertragen, stehen sie technologie-, standort- oder sogar Unternehmensübergreifend zur Verfügung und können weiteren Mehrwert über die gesamte Wertschöpfungskette generieren. Die dafür notwendigen Schnittstellen und Protokolle sind bereits vorhanden oder befinden sich derzeit in der Standardisierung. So können Lokalisierungssysteme wie Simatic RTLS direkt über das für IoT-Anwendungen geeignete Transportprotokoll MQTT in die Wolke kommunizieren, während sich Identifikationssysteme wie Simatic RF600 aus einem Angebot von Industrial-IoT-Gateways bedienen können. Die Netzwerkgeräte der Scalance-Familie von Siemens ermöglichen dafür die prozesssichere Vernetzung aller Geräte und Plattformen.

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