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Fertigung: AFM-Präsident César Garbalena im Interview

Fertigung
César Garbalena, Präsident des spanischen Werkzeugmaschinen-Verbands AFM, im Interview

César Garbalena, Präsident des spanischen Werkzeugmaschinen-Verbands AFM, im Interview
„2017 war für unsere Mitglieder das beste Jahr der letzten Dekade“, sagt César Garbalena. Er ist seit Mai Präsident des spanischen Werkzeugmaschinen-Verbands AFM. Bild: AFM
Spanische Werkzeugmaschinen-Hersteller machen auch im eigenen Land wieder gute Geschäfte. Trotzdem gehe das Gros der Produkte nach wie vor in den Export, sagt César Garbalena, der Präsident des Branchenverbands AFM. ❧

Mona Willrett

Herr Garbalena, wie geht es der spanischen Werkzeugmaschinen-Branche derzeit?

Die beiden letzten Jahre waren gut. Unsere Mitglieder haben 2017 das beste Ergebnis der letzten Dekade erzielt. Und auch das laufende Jahr sieht bislang gut aus. Wir gehen derzeit davon aus, dass wir 2018 etwa auf dem Niveau von 2017 abschließen können. Bei allem müssen wir jedoch bedenken: Viele unserer Hersteller sind auf größere und Sondermaschinen spezialisiert. In diesem Bereich vergeht zwischen Anfrage, Auftragseingang und Auslieferung mehr Zeit als bei Standardmaschinen. Entsprechend dauert es auch etwas länger, bis sich die Umsätze in der Statistik bemerkbar machen.

Wie hat sich der Inlandsmarkt seit der letzten Biemh vor zwei Jahren entwickelt?

In Spanien hat die Krise deutlich länger gedauert als beispielsweise in Deutschland. Ab 2014/15 ging´s wieder bergauf. Seither investieren unsere nationalen Kunden wieder in Werkzeugmaschinen, Komponenten und Werkzeuge. Im vergangenen Jahr stieg der Verbrauch um gut 24 Prozent. Das darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir noch ein Stück Weg zu gehen haben, bis wir wieder auf dem Niveau unseres Rekordjahres 2007 liegen werden. Aktuell fehlen uns hier noch zwischen 20 und 30 Prozent.

Wie haben sich die Exporte entwickelt?

2017 war auch aus Exportsicht ein gutes Jahr für uns. Absolut gesehen haben unsere Unternehmen einen gut vier Prozent höheren Warenwert exportiert als 2016. Weil der Inlandsmarkt jedoch deutlich stärker zugelegt hat, ist die Exportrate natürlich gesunken. Während unsere Mitgliedsunternehmen 2012 noch 90 Prozent ihrer Werkzeugmaschinen ins Ausland verkauften, waren es im vergangenen Jahr nur noch 80 Prozent.

Welches sind die wichtigsten Absatzmärkte der spanischen Werkzeugmaschinenbauer?

Wenn wir nur den Bereich Werkzeugmaschinen betrachten, dann ist Deutschland mit einem deutlichen Vorsprung vor China, Mexiko, den USA und Italien unser wichtigster Abnehmermarkt. Im Bereich des Zubehörs sind Italien, Frankreich und Mexiko unsere wichtigsten Märkte, bei Teilen und Komponenten waren China, Deutschland und Italien unsere größten Abnehmer und bei den Werkzeugen sind es Frankreich, Deutschland und Mexiko.

Welche Entwicklung erwarten Sie im weiteren Verlauf des Jahres?

Wir arbeiten daran, unsere Geschäfte kontinuierlich und solide auszubauen. Kurzfristige Effekte sind nicht unser Ziel. Da wir kaum im Standard- und Serienmaschinenbereich aktiv sind, ist es unser tägliches Geschäft, individuell auf die Bedürfnisse unserer Kunden einzugehen. Die Stimmung hier auf der Biemh ist nochmal besser als vor zwei Jahren. Insofern erwarten wir auch in der zweiten Jahreshälfte gute Geschäfte.

Welche Rolle spielen automatisierte Prozesse heute bei den Großmaschinen?

Was bei kleineren Maschinen oder Bearbeitungszentren schon länger üblich ist, kommt zunehmend auch bei großen Anlagen: Wir denken nicht mehr in Maschinen sondern in Prozessen. Unsere Anlagenkonzepte richten sich nach dem Bedarf des Kunden. Gemeinsam erarbeiten wir – auf Basis der zu fertigenden Bauteile – den idealen Prozess und konzipieren dann die passenden Lösungen.

Welche Rolle spielt die Elektromobilität für die spanischen Werkzeugmaschinenbauer?

Wie gesagt, wir sind nah bei unseren Kunden. Wir sehen gewisse Entwicklungen. Mit Blick auf unser Angebot im Bereich größerer Maschinen denken wir derzeit jedoch, dass beispielsweise Strukturbauteile oder Formen für größere Komponenten – auch für die Elektromobilität – besser zu unserem Portfolio passen als die Bauteile für den elektrischen Antriebsstrang.

Wie ist der Stand in Sachen Digitalisierung und Vernetzung in Spanien?

Aus meiner Sicht sind wir hier keinen Millimeter hinter Deutschland oder anderen führenden Nationen. Unsere Unternehmen wissen um die Bedeutung des Themas – sowohl im eigenen Betrieb als auch bei den Produkten. Wir bieten unseren Kunden Lösungen, mit deren Hilfe sie ihre Prozessführung oder ihre Wartung optimieren können. Manche nehmen dieses Angebot an, andere noch nicht. Aber wir sehen: Vieles was früher kritisch gesehen wurde, ist heute bereits normal. Die größte Herausforderung sehe ich nicht in der Digitalisierung an sich, sondern darin, die Möglichkeiten zu nutzen, um neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Welche Erwartungen haben Sie an den neuen Messebereich BeDigital der Biemh?

Die digitale Vernetzung ist auf dem gesamten Messegelände der Biemh zu finden. BeDigital deckt das Thema mehr von der IT-Seite her ab. Und dieser Aspekt ist viel relevanter als wir das zunächst erwartet hatten. Wir sind sehr glücklich mit dem Angebot und wie das hier aufgezogen wurde.

Welche Bedeutung hat die additive Fertigung bei Ihren Mitgliedern?

In den letzten Jahren investierten einige Firmen erheblich, kauften im Ausland kleinere und größere Anlagen, um zu experimentieren und zu entwickeln. Inzwischen haben auch Anbieter aus unserer Region Maschinen und Produkte eingeführt. Wir erwarten eine starke Entwicklung im Bereich metallischer Teile. Das zeichnet sich auch hier auf der Biemh im Sonderbereich Addit3D ab.

Wo sehen Sie die größten Stärken der spanischen Werkzeugmaschinen-Hersteller?

Das Gros der spanischen Maschinenbauer sitzt im Baskenland. Meist handelt es sich um relativ kleine, flexible Betriebe, die aber wegen der räumlichen Nähe einfach kooperieren und dann wie ein größeres Unternehmen agieren können. Auf einer überschaubaren Fläche finden sich hier viele Betriebe, die zwar einerseits im Wettbewerb stehen, andererseits aber auch sich ergänzende Produkte haben und eng zusammenarbeiten.

Welche Herausforderungen kommen auf die Branche in absehbarer Zeit zu?

Neben den Herausforderungen, die es schon immer gab – etwa technologisch stets auf dem neuesten Stand zu bleiben –, müssen wir zunehmend auch international nah beim Kunden sein und einen guten Service bieten. Das ist für kleine Unternehmen nicht immer einfach. Weitere Herausforderungen sind die weiteren Entwicklungen durch die Digitalisierung und der Fachkräftemangel. Hier muss es uns auch gelingen, mehr Frauen für technische Berufe zu begeistern.


Spanische Branche im Aufwind

Für die spanischen Werkzeugmaschinen-Hersteller war 2017 das beste Jahr der letzten Dekade. Das teilte der AFM anlässlich der Biemh mit, der wichtigsten Messe für Fertigungstechnik auf der iberischen Halbinsel. Laut dem spanischen Verband für Werkzeugmaschinen, Teile, Werkzeuge und Zubehör stieg das Produktionsvolumen seiner Mitgliedsunternehmen im vergangenen Jahr um knapp 13 % auf 1,69 Mrd. Euro. Treiber des Wachstums war die Umformtechnik, die um knapp 48 % zulegte. Der Bereich Zerspanungsmaschinen wuchs moderat um 4,7 %, die Zerspanungswerkzeuge um 6,5 %. Das Exportvolumen der spanischen Betriebe stieg um 4,1 % auf 1,233 Mrd. Euro.

Weil der Inlandsmarkt wieder deutlich zulegte, sank die Exportrate der Gesamtbranche auf rund 73 %. Fünf Jahre zuvor hatte sie noch bei über 80 % gelegen. Die wichtigsten Abnehmerländer für spanische Werkzeugmaschinen waren Deutschland (14,4 %), China (9,9 %), Mexiko (9,8 %), die USA (8,4 %) und Italien (6,4 %).

2017 verbrauchten nationale Kunden Maschinen- und Komponenten für gut 726 Mio. Euro (+24,5 %). Damit setzte sich der Trend der Jahre 2014 und 2015 fort. Diese Entwicklung sieht der Branchenverband AFM als sehr positiv, auch wenn bis zum Rekordergebnis von 2007 noch zwischen 20 und 30 % aufzuholen seien.

2018 habe zwar verhalten begonnen, sagte AFM-Direktor Xabier Ortueta. Wenn es aber gelinge, die Chancen zu nutzen, die sich unter anderem durch die digitale Vernetzung bieten, rechne er für die spanischen Betriebe – sowohl national wie international – wieder mit einem sehr guten Jahr.

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