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Zündende Ideen

Bosch: 125 Jahre nach der Unternehmensgründung gibt der Autozulieferer richtig Gas
Zündende Ideen

Bosch steht für Spitzentechnik – und das seit 125 Jahren. Neben der Verpflichtung gegenüber der Belegschaft bestimmen Innovationen und das Qualitätsprinzip das Denken im Unternehmen. Im Jubiläumsjahr peilt der Technologie- und Zulieferkonzern die Umsatzmarke von 50 Mrd. Euro an.

Zierte der Briefkopf im Jahr 1911 die Adressen eigener Auslandsniederlassungen in den USA, in Südafrika, Australien, Neuseeland, China, Brasilien und Japan, hatte ein Unternehmen in jener prosperierenden Gründerzeit bereits Weltstellung. Lange bevor Globalisierung modern wurde, konnte sich Robert Bosch diese leisten. Zu jener Zeit vor 100 Jahren hatte er seine am 15. November 1886 in Stuttgart eröffnete „Werkstätte für Feinmechanik und Elektrotechnik“ seit 25 Jahren in Betrieb. Als Erfinder wie auch als Globalisierer war der Technikpionier, der 1861 nahe Ulm geboren wurde, seiner Zeit voraus.

Noch vor der vorigen Jahrhundertwende verbesserte der gelernte Feinmechaniker einen nicht patentierten Magnetzünder der Maschinenfabrik Deutz. Der damit erzeugte elektrische Funke zündete das Gasgemisch in einem stationären Verbrennungsmotor. Den kommerziellen Durchbruch auf dem Weg zum weltweit führenden Automobilzulieferer brachte das Nachfolgesystem: 1902 adaptierte Bosch den Magnetzünder an einen hochtourigen Kraftfahrzeugmotor – und löste damit eines der größten technischen Probleme der noch jungen Automobiltechnik.
Heute, 125 Jahre nach der Firmengründung, unterhält die Bosch-Gruppe Tochter- und Regionalgesellschaften in über 60 Ländern und ist der weltweit größte Automobilzulieferer. Gekommen ist es dazu, weil Bosch im Wettbewerb um die Zukunftstechnologie Mobilität stets vorne mitspielt. Mit den technischen Pionierleistungen des Unternehmens wurde das Motorfahrzeug alltagstauglicher und sicherer. Damals wie heute sind bahnbrechende technische Innovationen regelmäßig mit dem Namen Bosch verknüpft: Mit dem Bosch-Licht (1913), der Dieseleinspritzpumpe für Lkw (1927) und Pkw mit Dieselmotor (1936), der Benzineinspritzung für den Zweitaktmotor (1951) und für den Viertakter (1953) sowie dem elektronischen Benzineinspritzsystem Jetronic (1967) baute das Unternehmen das automobile Produktspektrum zügig aus.
Mit der Abgasregelung mit Lamdasonde für Katalysatoren (1976), dem Antiblockiersystem ABS (1978) und dem Elektronischen Stabilitäts-Programm ESP (1995) vollzogen Robert Boschs Nachfolger den Schwenk auf die Halbleitertechnik. Deren Entwicklung mündete im Jahr 2010 in den Bau einer hochmodernen Halbleiterfabrik in Reutlingen. Mit insgesamt 600 Mio. Euro ist sie die größte Einzelinvestition in der Geschichte des Unternehmens, das weltweit 283 000 Mitarbeiter beschäftigt – auch das ist, wie der Umsatz, eine Höchstmarke. Bis Ende 2011 soll die Zahl auf 300 000 klettern.
Derlei Engagement zeigt: „Innovationsgeist prägt unser Unternehmen auch heute, die ständige Suche nach neuen Geschäftsfeldern, Märkten und Technologien“, erklärt Aufsichtsratschef Hermann Scholl die Erfolgsformel. Im Jahr des Doppeljubiläums – zum 150. Mal jährt sich 2011 der Geburtstag des Firmengründers, der vor 125 Jahren mit seiner ersten Werkstatt durchstartete – setzt der Konzern gezielt auf die Entwicklung grüner Technologien: auf dem Gebiet der Elektrifizierung von Fahrzeugen ebenso wie im Bereich der Wärmepumpen für die Gebäudetechnik oder erneuerbaren Energien wie Solar- und Windenergie. Nur noch knapp 60 % der 47,3 Mrd. Euro Umsatz steuerte im Vorjahr die Fahrzeugtechnik bei. „Mit der Strategie der fokussierten Diversifikation“ strebt Bosch laut Franz Fehrenbach, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung, Akquisitionen an, die zu den Kernkompetenzen passen.
So eröffnete der Kauf des Photovoltaikunternehmens Aleo Solar vor drei Jahren den Einstieg in den Solarmarkt. Allein 400 Mio. Euro investiert Bosch jährlich in die Elektrifizierung des Antriebs. Am Standort Hildesheim wird die erste Serienproduktion von Motoren für Elektroautos ausgebaut.
Beginnen soll in diesem Jahr die Großserienfertigung der Lithium-Ionen-Batterien von SB LiMotive, dem Gemeinschaftsunternehmen mit Samsung, an dem Bosch zur Hälfte beteiligt ist. Die künftigen Kapazitäten an den drei Standorten des Joint Ventures in Südkorea, Stuttgart und den USA sollen ausreichen, um pro Jahr 180 000 Elektroautos mit einer Batterie auszustatten. So wird BMW als erster Kunde die Batteriezellen für sein rein elektrisch angetriebenes Megacity-Vehicle von SB LiMotive beziehen. Und selbst der Volkswagenkonzern, der gemeinsam mit Sanyo Lithium-Ionen-Akkus entwickelt, denkt an eine Kooperation mit Bosch. Damit könnten die Stuttgarter zweiter Volkswagen-Lieferant für Batteriezellen werden.
Während Nachbar Daimler mit dem Essener Mischkonzern Evonik als Partner den Batterieweg geht, hat sich der Automobilbauer beim Antriebsstrang mit Bosch verbündet. Ein Novum, denn bislang sehen die Autohersteller den Motor als ihre Kernkompetenz an. Künftig baut der Stuttgarter Traditionskonzern, der vor 125 Jahren das Auto erfunden hat, gemeinsam mit dem räumlich nahen Zulieferer die Motoren für die zukunftsträchtigen Stromfahrzeuge. Mit 20 Projekten zur Elektromobilität bei zwölf Automobilherstellern werde Bosch bis 2013 in Serie gehen, drückt Fehrenbach die Koalitionen in Zahlen aus.
Bislang investiert Bosch jährlich 400 Mio. Euro in die Entwicklung des Elektroautos und beschäftigt dafür 800 Ingenieure. Insgesamt meldet der Weltkonzern pro Jahr etwa 3800 Patente an und steckt dabei jeweils mehr als 3,5 Mrd. Euro in Forschung und Entwicklung. Mehr als 4 Mrd. Euro sind in diesem Jahr geplant. Profitieren soll davon auch die Domäne von Bosch, die konventionelle Antriebstechnik. Mit ihrer Common-Rail-Einspritztechnik beispielsweise senken Bosch-Entwickler Kraftstoffverbrauch und Emissionen des Dieselmotors erheblich: wie es heißt, bis 2015 um 30 % gegenüber einem Standarddiesel des Jahres 2009. Dann soll ein Diesel-Pkw der Kompaktklasse gerade noch 3,6 l Kraftstoff pro 100 km verbrauchen. 40 % weniger sollen es sein, rechnen die die Entwickler hoch, wenn ein Elektroantrieb das Dieselaggregat im Hybridfahrzeug ergänzt.
Das Bosch-Engagement beim Selbstzünder ist zugleich der Anlass für das dritte Jubiläum des Konzerns in diesem Jahr: Der erste Diesel-Pkw startete 1936 mit der Bosch-Einspritzung, also vor genau 75 Jahren.
Im Jahr des Dreifachjubiläums visiert das in Stiftungsbesitz befindliche Unternehmen erstmals die Umsatzmarke von 50 Mrd. Euro an. Weiterhin ist eine Rendite vor Steuern von 7 bis 8 % angepeilt (2010: 7,4 %). Das Umsatzplus von 15 % im ersten Quartal 2011 gegenüber dem Vorjahreswert bestätigt die Erwartungen Franz Fehrenbachs. Von der guten Lage profitieren auch die Mitarbeiter, die im Jubiläumsjahr eine Erfolgsprämie für das Jahresergebnis 2010 und einen Treuebonus erhalten. Insgesamt zahlt Bosch 180 Mio. Euro Erfolgsprämie aus.
Heute wie damals gilt, worauf Robert Boschs Lebensphilosophie gründete: „Ich zahle nicht gute Löhne, weil ich viel Geld habe, sondern ich habe viel Geld, weil ich gute Löhne bezahle“, schrieb er 1931 in einem Aufsatz. Mit dem Achtstundentag, den er bereits 1906 einführte, einem für Mitarbeiter eingerichteten Pensionsfonds und dem Robert-Bosch-Krankenhaus, das er 1940 in Stuttgart stiftete, schuf der umsichtige Patriarch eine für seine Zeit vorbildliche Sozialstruktur.
Die Firmenkultur nach dem Gründer, er starb 1942 80-jährig in Stuttgart, hat vor allem Hans Walz geprägt, der Robert Bosch seit 1912 eng verbunden war, weit mehr aber sein Testamentsvollstrecker Hans L. Merkle (von 1963 bis 1984), gleichwohl dessen Nachfolger Marcus Bierich (1984 bis 1993), Hermann Scholl (1993 bis 2003) und Franz Fehrenbach (seit 2003). Wechsel an der Spitze sind ein sehr seltenes Ereignis in der 125-jährigen Geschichte des Hauses. Fehrenbach ist erst der sechste Vorsitzende der Geschäftsführung.
Als der studierte Wirtschaftsingenieur antritt, erzielt der Bosch-Konzern einen Umsatz von 35 Mrd. Euro, 225 000 Mitarbeiter stehen auf der Gehaltsliste. Der Badener nutzt die Impulse, die aus dem Ausland kommen, verbessert die Arbeitsabläufe, kappt Kosten. In der langjährigen steten Aufwärtsentwicklung wird jedoch 2009, das Jahr der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise, für Bosch zur „schmerzhaften Zäsur“, wie Fehrenbach einräumt. Ein Umsatzminus von 16 % ist die Folge. Erstmals seit dem Krieg rutscht das Unternehmen in die roten Zahlen.
Doch schneller als erwartet lässt der Weltkonzern im Folgejahr die tiefe Krise hinter sich. Der Rückenwind kommt aus Richtung der Schwellenländer. Vor allem das boomende Geschäft in China hat den Schwaben zu einem Umsatzrekord verholfen. Im Jahr des 125. Bestehens des Technologiekonzerns soll die Umsatzgrenze von 50 Mrd. Euro überschritten werden. Mit dem Rückenwind der Konjunktur dürfte der Plan gelingen. Das Jubiläumsjahr rechnet sich für Bosch.
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