Startseite » Themen » Industriebau »

Kompakte Lösung aus einem Guss

Niederspannungs-Schaltanlagen erhöhen die Versorgungssicherheit
Kompakte Lösung aus einem Guss

Bei der Modernisierung einer Müllverbrennungsanlage wurden 60 % der Niederspannungs-Schaltanlagen erneuert. Durch die Wahl bauartgeprüfter Anlagen in Verbindung mit Schienenverteiler-Systemen entstand eine kompakte Gesamtlösung.

Strom und Wärme aus regenerativen Energien zu erzeugen liegt seit vielen Jahren im Trend und auch die Energienutzung durch Müllverbrennung spielt dabei eine nicht unbedeutende Rolle. Eine Tonne Abfall ergibt etwa 600 kWh Strom. Außerdem lässt sich Müll auf diese Weise besonders ökologisch beseitigen. Die 1996 gegründete Interargem GmbH mit Sitz in Bielefeld betreibt zum Beispiel drei Verbrennungslinien und versorgt mit einer 50-MVA-Turbine zirka 40 000 Haushalte mit elektrischem Strom. Aber auch die Wärme bleibt nicht ungenutzt. Allein vom Werk Bielefeld aus werden rund 300 Mio. kWh Fernwärme in das Leitungsnetz eingespeist. Mit dem Erweiterungsprojekt stieg auch die Anforderung an den Energie- und Platzbedarf der Niederspannungsschaltanlage. Eine Anpassung der Altanlage war nicht möglich, eine Erneuerung daher unumgänglich. Uwe Holzhauer, zuständig für E-, MSR- und Leittechnik, erinnert sich: „Wir haben uns dabei für ein Konzept entschieden, das neben der technischen Verbesserung auch noch ein deutlich höheres Maß an Versorgungssicherheit und Arbeitsschutz bietet.“

Dieses basiert auf einer Kombination von typgeprüften Niederspannungs-Schaltanlagen Sivacon S8 und Schienenverteiler-Systemen Sivacon 8PS von Siemens und damit auf der neuen Norm IEC 61439–1/2, die nun den Begriff „bauartgeprüft“ verwendet. Nur dadurch, dass die gesamte Anlage mit Schienen über den Schränken verbunden werden konnte, war die notwendige Schrankdichte im Elektroraum überhaupt machbar. Letztendlich hat Siemens in Bielefeld als Komplettausrüster den Auftrag erhalten und umgesetzt. Neben den vielen technischen Aspekten war nämlich auch ein Punkt ganz entscheidend – nämlich die Zeit. Denn für den gesamten Umbau war eine Stillstandzeit der Müllverbrennungsanlage von nur drei Wochen veranschlagt. Allein die Nutzungsausfälle während dieser Zeit sowie die logistischen Kosten für die Müllumleitung und deponierung sind immens gewesen. Jeder Tag mehr hätte also unnötige Zusatzkosten verursacht. Durch das variable Konzept und die einfache Montage konnte der Umbau im Dreischichtbetrieb innerhalb von nur sechzehn Tagen erfolgen. Im Zuge der Modernisierung wurde die Niederspannungsschaltanlage um eine aus drei kuppelbaren Teilbereichen bestehende Hauptverteilung (HVT) erweitert. Über diese HVT wird die Leistung der fünf speisenden Transformatoren den Unterverteilungen der Verbraucher zugeführt. Jede Unterverteilung hat zwei Einspeisungen von unterschiedlichen HVT-Teilbereichen. So ist es möglich, durch Umschaltung die Last zu verteilen. Die Transformatoren lassen sich so gleichmäßiger belasten und an den gestiegenen Eigenbedarf problemlos anpassen.
Umgeschaltet wird dabei über Leistungsschalter Sentron 3WL. Charakteristisch für diese Geräte ist ihr modularer Aufbau. Im vorliegenden Fall wurden die Geräte zum Beispiel mit einem so genannten COM15-Modul ausgerüstet, das den direkten Anschluss an Profibus ermöglicht. Aufgrund der hier gewählten Einschubtechnik erhöht sich bereits bei der Inbetriebnahme und auch im Servicefall die Betriebssicherheit. Denn bei geschlossener Schranktüre können die Leistungsschalter von außen von der Betriebs- in eine Test- sowie eine Trennstellung verfahren werden. Das geschieht sehr einfach über eine versenkbare Kurbel.
Durch die Busfähigkeit war eine einfache Integration in das Prozessleitsystem möglich. Alle Umschaltungen erfolgen in der Regel ferngesteuert vom Leitstand. Die HVT ist mit einer Schnellumschalteinrichtung (SUE) ausgestattet. Sie ist auf Basis der Steuerung Simatic S7 315 2DP entwickelt worden. Die SUE wirkt auf die Leistungsschalter der beiden Kupplungen. Geht ein Trafo durch Störung oder Handschaltung vom Netz, schaltet die SUE automatisch eine der beiden Kupplungen ein. Die Versorgungslücke wird nun von zwei HVT’s kompensiert.
Als großer Teilbereich der neuen Elektrotechnik sind neue Motor Control Center (MCC) eingebaut worden. Sivacon bietet eine sehr flexible Aufteilung der einzelnen Felder. Unter anderem gibt es eine so genannte Universaleinbautechnik zur Kombination der verschiedenen Einbautechniken in einem Feld mit einer bedarfsgerechten Unterteilung der Funktionsräume. Damit können viele Einschübe zur Versorgung und Absicherung von Elektromotoren platzsparend und besonders kompakt integriert werden. Beispielsweise gibt es innerhalb der MCC-Anlagen Abzweige für Fernwärmepumpen, Speisepumpen und Krananlagen. Die Funktionsmodule der Einschubtechnik kontaktieren im hinteren Bereich der Schaltschränke und können somit nach vorne herausgezogen werden.
Wie erwähnt, war der gesamte Umbau plus Erweiterung in dem bereits genutzten Technikraum in der dargestellten Form nur möglich, weil die Schaltanlagen über Schienenverteiler-Systeme verbunden wurden. Über entsprechende Adapterstücke kann die hier gewählte LD-Schiene direkt mit der Sivacon S8 als bauartgeprüfte Gesamtlösung verbunden werden. Durch ihren weiten Strombereich von 1100 bis 5000 A konnten mit diesem System alle erforderlichen Schienenüberführungen realisiert werden. Ein großer Vorteil der Schienenlösung ist die damit erzielbare, besonders niedrige Brandlast. Außerdem konnte zusätzlich gespart werden, weil es die Schiene neben Kupfer auch in Aluminium-Ausführung gibt, wie sie verwendet wurde. Interessant dabei ist auch die Installationstechnik der Schienen-Teilstücke. Nach dem Zusammenstecken der Enden wird die sichere Verbindung über eine zentrale Schraube erreicht.
Ohne Schienenverteiler-Systeme Sivacon 8PS und die damit verbundene Möglichkeit, die vielen Felder der Energieverteilung über den Schränken zu verbinden, wäre eine höhere Sicherheit bzw. Verfügbarkeit der Anlage nicht möglich gewesen. Der Grund dafür ist, dass die vorhandenen Unterboden-Kabelwege keinen Platz für Erweiterungen zuließen. Das war einer der Gründe, weshalb das Konzept von Siemens in Bielefeld zum Tragen kam. Zur weiteren Erhöhung der Anlagen- und damit Versorgungssicherheit sowie des Personenschutzes entschieden sich die Verantwortlichen für den Einsatz bauartgeprüfter Niederspannungs-Schaltanlagen vom Typ Sivacon S8.
Charakteristisch für diese Anlagen ist ihre hohe Flexibilität in Bezug auf die Einbautechnik. So konnten nicht nur die Leistungsschalter Sentron 3WL in Einschubtechnik für das intelligente Verschalten der Energieversorgung eingesetzt werden, sondern für kleinere Aggregate auch Abzweig-Einschübe im so genannten Motor Control Center. Und letztendlich erfüllt die gesamte Niederspannungs-Schaltanlage die Störlichtbogensicherheit gemäß IEC 61641. wm
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 7
Ausgabe
7.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de