Wenn Thyssen-Krupp seine Stahlsparte in ein Joint Venture mit Tata Steel auslagert, bedeutet das noch nicht den Ausverkauf des Stahlgeschäftes. Mit der Beteiligung am Gemeinschaftsunternehmen koppelt sich der Essener Traditionskonzern zumindest mittelfristig nicht gänzlich vom Geschäft mit der Flachstahlerzeugung ab. Es gibt Argumente, die für diesen Schritt sprechen. Angesichts der weltweit gigantischen Überkapazitäten hätte sich die Stahlsparte langfristig nicht halten können. Umso mehr bedeutet der Schritt, sich endlich von einem Sorgenkind zu trennen. Wer mit den Worten „engineering.tomorrow.together“ seine Strategie als diversifizierter Industriekonzern auf einen kurzen Nenner bringt, dem passt die Stahlerzeugung einfach nicht mehr ins Raster. Wohin die Reise gehen soll, weiß CEO Heinrich Hiesinger schon lange. In seiner Langfriststrategie ist für den Stahl kein Platz. Er will die Ruhrlegende in ein schlagkräftiges Technologieunternehmen verwandeln. Zudem wird der Schwabe an der Rendite gemessen, und die lässt nicht nur in diesem Geschäftsbereich zu wünschen übrig. Lediglich die Sparte mit Aufzügen und Fahrtreppen performt. Jedenfalls werden sich sowohl Thyssen-Krupp als auch Tata bei dieser vereinbarten Transaktion als Gewinner fühlen. Ein Teil der von der Restrukturierung betroffenen Mitarbeiter wird dies anders sehen. Dennoch werden die Chancen, Arbeitsplätze langfristig zu erhalten, besser sein, als wenn die Partner weiter versucht hätten, sich im Alleingang durchzuschlagen. Schon deshalb ist das Joint Venture eine Vernunftehe. Ob diese Fusion dem Traditionskonzern aber insgesamt weiterhilft, wird sich erst noch zeigen. Dafür muss es Hiesinger gelingen, die Rendite des Ruhrkonzerns wieder auf ein rentables Niveau zu heben.
Editorial
Abschied vom Sorgenkind
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