Kein Buchstabe des Alphabets hat mehr Namen als das Schriftzeichen ß, umgangssprachlich auch Eszett, Scharfes S, Doppel-S oder Dreierles-S genannt. Gleichwohl fristet der Buchstabe ein Nischendasein. Auf der Smartphone-Tastatur wird das Eintippen gar zur Fummelarbeit. Erst wenn das S-Zeichen für eine Sekunde gedrückt ist, öffnet sich ein Fenster, das auch das ß anzeigt. Wehe aber, wenn die Großschreibweise erforderlich wird, wie für den Eigennamen in Ausweisen. Einst hat sich unsere Redaktion die Köpfe heißgeredet beim Begriff GIESSEREITECHNIK, als die Versalschreibweise für die Navigation im Industrieanzeiger verwendet wurde. Das schweizerische Doppel-S wäre schon wegen der missverständlichen Aussprache fehl am Platz. So lässt sich „giessen“ trotz „ie“ nicht so gedehnt aussprechen wie mit einem ß. Dabei fordert das Scharfe ß überhaupt nicht zur scharfen Aussprache auf: Würde Stuss wie Stoß geschrieben, nähme dies der Aufforderung „Erzähl doch keinen Stuß“ die Schärfe. Nur das Doppel-S unterstreicht die emotionale Erregung, siehe Hass und Haß oder Spass und Spaß. Glücklicherweise hat es der Wortklauberei nun ein Ende. Der Rechtschreibrat hat beschlossen, dass es das Eszett offiziell als Großbuchstabe gibt. Auf die QWERTZ-Tastatur wird es das große ß aber erst schaffen, wenn Promi-Eltern ihrem Nachwuchs entsprechende Vornamen geben. Wer ßahara, ßilas oder ßienna-Amelie heißt, braucht sich später keinen Künstlernamen mehr zulegen. dk