Es ist schon ein Kreuz mit dem Kreuz. Die einen wollen es aus den Klassenzimmern verbannen, andere wiederum verpflichten ihre Landesbehörden, das Symbol des leidenden Erlösers im Eingangsbereich aufzuhängen. In dieser Kampfzone fordern radikale Tierschützer jetzt, dass der Jesus-Darsteller bei den Passionsspielen in Oberammergau nicht mehr auf einem Esel reiten soll. Die maximale Traglast sei überschritten, begründen sie ihre Forderung. Dabei trägt der Esel reitend Messias in der ersten Szene beim Einzug in Jerusalem noch gar kein Kreuz, welches das Gewicht des Darstellers in der Tat gewiss steigern würde. Der christliche Religionsstifter solle auf einem E-Scooter einrollen. Dabei ist die Re-Inszenierung der Kreuzigung mit modernen Mitteln so abwegig auch wieder nicht. Hätte es die Elektromobilität schon vor 2000 Jahren als Fortbewegungsform gegeben, wäre der bekennende Rebell sicherlich der erste gewesen, der den rollenden Untersatz dem Huftier vorgezogen hätte. Nicht auszuschließen ist jedoch, dass Tiermobile in nicht allzu ferner Zeit wieder en vogue werden. Vor allem, wenn um die Mitte dieses Jahrhunderts die Zivilisation, wie wir sie kennen, aufgrund der globalen Erwärmung enden wird, so die düstere Prognose von Forschern des Breakthrough National Centre for Climate Restoration in Melbourne. Garantiert wird dann der Ruf nach einem Erlöser erschallen. Ob dieser auf einem Esel sitzt oder auf einem E-Roller daherflitzt, wird dann keine Kritiker mehr auf den Plan rufen. dk
Glosse
Nicht von der Rolle
Teilen: